Berlin kommt Aufsichtsreform näher
Die Bundesregierung kommt ihrem Vorhaben, Finanzaufsicht und Bilanzkontrolle zu reformieren, nur langsam näher. Ein leicht angepasster Aktionsplan soll die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung über den Gesetzentwurf erleichtern. Die Opposition kritisiert die Pläne als nicht ausreichend.wf/bn Berlin/Frankfurt – Einen Tag vor der Konstituierung des Wirecard-Untersuchungsausschusses im Bundestag haben Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (beide SPD) in Aussicht gestellt, den angekündigten Gesetzentwurf zur Reform von Finanzaufsicht und Bilanzkontrolle zügig vorzulegen. Ein leicht geänderter Aktionsplan auf Basis der Reformpläne vom Juli sei nun mit Bundeswirtschaftsministerium und Kanzleramt abgestimmt, machten beide SPD-Politiker vor der Presse in Berlin deutlich. Den Plan habe das Kabinett erörtert. “Wir haben an ein, zwei Stellen Präzisierungen vorgenommen, was der Sache durchaus hilft”, sagte Scholz. Auf Basis des überarbeiteten Aktionsplans soll nun die Ressortabstimmung in der Bundesregierung starten. Lambrecht zeigte sich gewillt, die verbleibende Legislaturperiode zu nutzen.Über den ursprünglichen Aktionsplan hinaus ist nun eine Passage zu privaten Finanzgeschäften der Mitarbeiter der Finanzaufsicht BaFin ergänzt worden. Die Vorschriften dazu sollen “kritisch überprüft” werden, nachdem bekannt geworden war, dass die Beschäftigten besonders stark mit Wirecard-Aktien gehandelt hatten. Scholz will die bereits neu erlassenen Vorgaben der BaFin, die Handel mit Aktien von beaufsichtigten Unternehmen untersagen, gesetzlich untermauern.Deutlich milder und allgemeiner fällt nun eine Passage zur Aufsicht über Abschlussprüfer im Aktionsplan aus. Für diesen Bereich ist das Bundeswirtschaftsministerium verantwortlich. Demnach wird “eine Stärkung der Aufsichtsbefugnisse der staatlichen Abschlussprüferaufsicht (APAS)” geprüft. Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen APAS und BaFin sowie Deutscher Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) sollen gestärkt werden. In der Ursprungsfassung hieß es, die APAS solle nicht nur bei Berufspflichtverletzungen prüfen, sondern in größerem Maße auch ohne Anlass und risikobezogen. Auch die Passage, dass ihr Sanktionsmöglichkeiten eingeräumt werden sollen, fehlt. Verschärfte Kontrollsysteme Eine weitere inhaltliche Neuerung betrifft die Stärkung der Corporate Governance börsennotierter Unternehmen. Laut Aktionsplan werden “zur Etablierung angemessener und wirksamer interner Kontroll- und Risikomanagementsysteme, zur obligatorischen Einrichtung eines Prüfungsausschusses und zur Stärkung der Informationsrechte des Aufsichtsrates” Maßnahmen ergriffen.Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) begrüßt diese Neuerung. Vorstand und Aufsichtsräte sollten darüber hinaus verpflichtet werden zu erklären, dass diese Systeme angemessen und wirksam sind. “Damit würde man ihnen ihre Sorgfaltspflichten deutlicher vor Augen führen”, erklärt IDW-Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann der Börsen-Zeitung. Nun komme es darauf an, wie der relativ allgemeine Aktionsplan letztlich in einem Gesetzentwurf konkretisiert werde.Zu den Plänen zur Verbesserung der Abschlussprüfung merkt Naumann: “Eine verbesserte Unternehmensberichterstattung, die auch eine verbesserte Information der Stakeholder durch den Abschlussprüfer umfasst, kann nur dann Wirkung entfalten, wenn diejenigen, für die wir das machen, diese Informationen auch umfänglich auswerten. Es ist mir unverständlich, dass Großkredite ohne Lektüre der Prüfungsberichte vergeben worden sein sollen.” Wie die Börsen-Zeitung in ihrer Mittwochausgabe berichtet hatte, fehlte Mitgliedern des 15 Banken starken Konsortiums, das Wirecard mit insgesamt 1,76 Mrd. Euro finanziert hatte, Einblick in die Prüfungsberichte von EY. Naumann: “Da muss man sich fragen, wie dies mit den Sorgfaltspflichten, die Kredit vergebende Banken einzuhalten haben, in Einklang zu bringen ist.”Die Opposition im Bundestag mahnte konkretere Schritte der Bundesregierung an. Der Grünen-Politiker Danyal Bayaz, Obmann des Untersuchungsausschusses zu Wirecard, nannte den Aktionsplan eine Enttäuschung. “Er bietet als Antwort auf den Wirecard-Skandal wenig mehr als die Ankündigung, dies oder jenes zu prüfen.” Scholz versuche, sich als “großer Aufklärer zu inszenieren”. Ähnlich äußerte sich der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Toncar. Die Vorschläge sollen “Handlungswillen vorgaukeln, sind aber nicht viel mehr als ein Stichwortzettel mit zahlreichen unverbindlichen Prüfaufträgen”. In Brüssel kündigte unterdessen der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis ein EU-weites Regelbuch an, um Mängel vor allem in der Finanzaufsicht zu beheben. Die Kommission werde bis Ende des Jahres einen Vorschlag vorlegen, erklärte Dombrovskis.