"Beste Momente liegen noch vor uns"
Alternative Anlagen genießen bei der Suche nach Renditen unter Investoren verstärkt Zuspruch. Sie versprechen unkorrelierte Risikoprämien, sind aber oft auch komplex und decken ein breites Spektrum ab. Die Chartered Alternative Investment Analyst Association (CAIA) will das Wissen über diese Assetklasse fördern, wie ihr CEO, William Kelly, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagt. Dazu soll auch die Kooperation mit wissenschaftlichen Partnern auf- und ausgebaut werden.Von Dietegen Müller, FrankfurtMit rund 10 bis 12 Bill. Dollar in alternativen Anlagen ist dieser Bereich nicht zu ignorieren. Die Chartered Alternative Investment Analyst Association (CAIA) wurde 2002 gegründet und umfasst derzeit weltweit rund 9 000 Mitglieder. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Analysten im Bereich alternative Investments auszubilden, wie der CEO von CAIA im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagt. “In Deutschland haben wir rund 200 Investment Professionals mit der CAIA-Designation, beispielsweise Portfolio- oder Risikomanager, Vertriebsmitarbeiter und zunehmend auch institutionelle Investoren, also eine gute Mischung”, fügt Ahmet Peker, Co-Chapter Head Deutschland, an.Mit dem Investmentmodernisierungsgesetz sei ab 2005 auch Leben in den Alternative-Sektor in Deutschland gekommen. “Seither ist das Interesse an einer Ausbildung in diesem Bereich gestiegen.” Es handele sich um eine “komplementäre” Ausbildung, so Peker. CAIA führt in Deutschland verschiedene Veranstaltungen durch, zur Weiterbildung, mit Vertretern der Industrie, aber auch Netzwerkveranstaltungen. Geplant sei zudem, die Kooperation mit wissenschaftlichen Partnern auf- und auszubauen.Laut Kelly ist es der siebtgrößte Markt für CAIA weltweit und nach Großbritannien und der Schweiz in Europa die Nummer 3. “Die besten Momente liegen noch vor uns”, ist Kelly optimistisch, der die starken Zuflüsse in passive Anlageprodukte – laut “Financial Times” flossen zuletzt täglich 20 000 Dollar pro Sekunde in diese Produkte – reserviert aufnimmt. “Wir erreichen Bewertungsniveaus, bei denen der durchschnittliche Anleger skeptischer werden sollte”, sagt Kelly. Es handele sich zum Teil um bereits “sehr überlaufene” Anlagen. Zudem gebe es Anzeichen für Rückzugsbewegungen institutioneller Anleger.Um bessere risikoadjustierte Erträge erzielen zu können, sei es notwendig, unkorrelierte Risikoprämien abschöpfen zu können. “Das ist das, womit sich unser Programm beschäftigt”, sagt Kelly. Die Liquiditäts- und Verschuldungsthematik in alternativen Anlagen sieht der frühere Robeco-Manager relativ entspannt: “Das hat durchaus seinen Platz.” Leverage könne auch zur Risikominderung eingesetzt werden, und was die mit alternativen Investments typischerweise verbundene geringe Liquidität anbelange, gebe es eine Tendenz, diese Eigenschaft übertrieben negativ darzustellen, gerade wenn auf Jahrzehnte hinaus Geld angelegt werden müsse. Mit alternativen Anlagen lasse sich die Volatilität traditioneller Anlageklassen wie Aktien verringern und ein möglicher Verlust unter Umständen verringern.Zu alternativen Anlagen zählt laut Kelly “alles, was nicht Aktien, Anleihen oder Cash” ist. Vor allem umfasse der Begriff Hedge Funds, Private Equity und Private Debt, Wagniskapital, Immobilien und Rohstoffe sowie strukturierte Produkte. Dies seien handelbare Strategien oder Strategien, in denen Investoren sich selbst beteiligen. “Dazu gehören im Grunde auch Weine, Baseballtickets und Karten für Autorennen und so weiter, aber da stoßen wir an Grenzen, gerade für institutionelle Kunden.” Innovation in diesem Anlagesektor gebe es um den ganzen Globus, meint Kelly. “Europa ist vorne etwa im Bereich Environment, Social und Governance-Themen”, sagt der CAIA-CEO. Finanzbildung ist nötigDiese als “ESG” zusammengefassten Kriterien seien besonders beim Übergang von Vermögen von den Babyboomern zu den Millennials ein wichtiges Thema. “Mehr und mehr Anleger, auch im Retailgeschäft, wollen sozial verantwortungsvoll investieren.” Die USA hätten in dieser Hinsicht “noch einen weiten Weg zu gehen, um hier aufzuholen”. Wichtig sei mit Blick auch auf den deutschen Markt aber ebenso, dass die Anleger verstünden, was sie kauften. “Die finanzielle Weiterbildung ist ein großes Thema, es braucht etwa ein Mindestverständnis dafür, wie sich Investments analysieren lassen.”Kelly erklärt, er setze sich bei den Regulatoren auch für eine Harmonisierung der Rahmenbedingungen ein. “Das ist sehr schwierig”, räumt der Chairman von Boston Partners Trust ein. Je mehr versucht werde, durch Regulierung Investoren zu schützen, desto mehr würden Anleger auch in Richtung des risikolosen Zinses getrieben, und dort gibt es “schreckliche Renditen”. Gerade institutionelle Adressen sollten zudem nicht durch lokale Regulierung eingegrenzt werden, sondern die Möglichkeit haben, Risikoprämien rund um den Globus abzuschöpfen.In standardisierten Rahmenwerken sei auch die International Organization of Securities Commissions (IOSCO) gefragt, um globale Standards zu setzen. “Der Zug fährt in die richtige Richtung, auch wenn es länger dauert.” Der Austritt Großbritanniens führe dabei zu einer größeren Komplexität. Entscheidend sei aber, fasst Kelly zusammen, dass der Trend für eine bessere Ausbildung auch auf Seiten der Anleger weiter fortschreite, damit diese für heutige und zukünftige Herausforderungen besser gewappnet sind.