Bewusstsein für Nachhaltigkeit nimmt stetig zu

Nicht aus der Geschäftswelt wegzudenken - Nachhaltige Investmentprodukte sind gefragt - Mit mehr Transparenz Greenwashing vermeiden

Bewusstsein für Nachhaltigkeit nimmt stetig zu

Wie jede andere industrielle und wirtschaftliche Aktivität ist auch der Finanzsektor von der globalen Pandemie betroffen. Allerdings ist die gute Nachricht, dass wir nun gezwungen sind, uns ernsthaft mit der Nachhaltigkeit in der Geschäftswelt zu befassen. Soweit nachhaltige Finanzen betroffen sind, lassen zahlreiche Studien erkennen, dass der Geldfluss in nachhaltige Investmentprodukte in den vergangenen zwei Quartalen der Pandemie nochmals gestiegen ist.So berichtete Morningstar, dass europäische nachhaltige Fonds im zweiten Quartal 2020 Zuflüsse in Höhe von 54,6 Mrd. Euro verzeichneten, doppelt so viele wie im turbulenten ersten Quartal des Jahres. Nachhaltige Fondsströme machten fast ein Drittel der gesamten europäischen Fondsengagements aus, während nachhaltige Aktienfonds ihre traditionellen Äquivalente weiterhin übertrafen. Fragen über FragenMan mag sich fragen, warum das so ist? Die nachvollziehbarste Erklärung ist, dass wir in jeder Krise Grundlagen neu bewerten, wie beispielsweise die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit unserer Unternehmen gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen. Verfügt das Unternehmen über einen Katastrophenschutz- oder Geschäftskontinuitätsplan? Wie effektiv und flexibel ist die Lieferkette? Wie gut sind die IT-Infrastruktur und die zugehörigen Systeme, für den Fall, dass Mitarbeiter voraussichtlich von zu Hause aus, sprich im Homeoffice, arbeiten? Wie priorisiert das Unternehmen die Gesundheit seiner Mitarbeiter?Diese Fragen sollten Teil der Standardbewertung des Anlagerisikos sein. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass das, was wir als potenzielles Anlagerisiko betrachten, über Nacht zur Realität werden kann. Es wurde darüber hinaus deutlich, dass die Grenze zwischen Anlagerisiko und ESG-Risiko (ESG steht für Environment Social Governance) fast verschwindet, ESG ein Projekt sein sollte, das tief in die Anlagestrategie, -analyse und den Entscheidungsprozess integriert ist.Werden sich diese Überlegungen darauf auswirken, in welche Unternehmen investiert werden soll? Zur Beantwortung dieser Frage muss man verstehen, was als ESG-Investitionen gilt. “ESG Investing” ist ein Konzept, in dem ein Fonds in Unternehmen aller Sektoren oder Aktivitäten anlegen kann (natürlich ausgenommen von kontroversen Aktivitäten bekannt als “Exclusions”). Auf jeden Fall müssen im Laufe des Investmentprozesses, bevor die Investmententscheidung getroffen wird, Umweltbelange, soziale Faktoren und Richtlinien der Unternehmenspolitik erwogen werden.Nehmen Sie als Beispiel einen Fonds, der in eine Finanzinstitution, beispielsweise eine Bank, investieren möchte. Die typischen ESG-Faktoren, die ein Fonds in diesem Fall bedenken würde, wären unter anderem Transparenz bezüglich der Produkte und Gebühren, Datenschutz der Kunden, Humankapital, Diversität, Arbeitsbedingungen, Geschäftsethik.Wenn zum Beispiel eine Bank ihren Verbrauch an Papier und Elektrizität einschränkt, wird sie dadurch nachhaltig? Nun, es wäre zu begrüßen, dass das Finanzinstitut über den effizienten Gebrauch von Ressourcen nachdenkt, aber das ist nicht genug, um es als nachhaltig auszuzeichnen.Wenn sich ein Fonds in einem Bergbauunternehmen engagieren möchte, sollte geprüft werden, ob das Unternehmen Unfallstatistiken veröffentlicht, ob es Sicherheitstrainings veranstaltet, ob es über Gesundheits- und Sicherheitszertifikate verfügt, ob es Programme und Ziele realisiert, um Gesundheits- und Sicherheitsvorfälle zu reduzieren. In einfachen Worten, für jede Gesellschaft, abhängig von dem Sektor, in dem sie aktiv ist, können sich die relevanten ESG-Faktoren unterscheiden. Wir nennen es “materiality”.Wenn ein Fonds, der in solche Gesellschaften investieren möchte, die relevanten ESG-Faktoren in Betracht zieht und ein Portfolio aufbaut mit Unternehmen, die im Sinne der ESG performen, kann der Fonds als ein ESG- oder nachhaltiger Fonds eingestuft werden. Dagegen geht es beim “Impact Investing” um einen Fonds, der in Unternehmen anlegt, die die Absicht verfolgen, einen positiven sozialen oder Umweltbeitrag herbeizuführen. Als Beispiele sind in diesem Zusammenhang soziale Effekte durch Gesundheit, Bildung, bezahlbare Unterkunft, Mikrofinanz oder Umwelteffekte durch Investitionen in Solar- oder Windenergie, sauberes Wasser und sanitäre Anlagen zu nennen.Könnte auf dieser Basis ein Fonds, der in IT-Unternehmen investiert, ein ESG-Fonds sein? Ja, solange der Fonds “ESG-Screening” anwendet. Könnte es ein Impact-Investing-Fonds sein? – Eher nicht. Dynamik unverkennbarIndem das Bewusstsein und der Bedarf an Nachhaltigkeit zunehmen, wird dies auch zu einem Anstieg des Vermögens in nachhaltigen Fonds führen. Und wenn die Vermögenswerte wachsen, ist mehr Transparenz erforderlich, um Greenwashing zu vermeiden. Die derzeitige Dynamik für nachhaltiges Investieren hat sich auch auf unsere Arbeit bei Luxflag ausgewirkt – einer unabhängigen internationalen Agentur, die Anlageprodukte in Sustainable Finance kennzeichnet.In den zurückliegenden zwölf Monaten hat sich die Anzahl der von uns zertifizierten Fonds fast verdoppelt. Wir haben insgesamt 303 Produkte zertifiziert. Dahinter stehen über 128 Mrd. Euro verwaltete Vermögenswerte, die von 97 Fondsmanagern verwaltet werden und sich in zehn verschiedenen Ländern befinden. Dies unterstreicht die Bedeutung der Luxflag-Labels auf internationaler Ebene. Sachin Vankalas, General Manager bei der Luxembourg Finance Labelling Agency (Luxflag)