EUROBÖRSENTAG 2017

Brexit macht Brüssel Beine

Eurobörsentag: Kapitalmarktunion ist wichtiger denn je - Sorgen vor Verschleppung des Vorhabens

Brexit macht Brüssel Beine

Die Kapitalmarktunion ist durch den Brexit noch wichtiger geworden. Denn nur wenn der gemeinsame Finanzmarkt weniger zersplittert ist, kann der Austritt Londons verkraftet werden und die heimische Finanzindustrie im Wettbewerb bestehen. Aber Brüssel verschlimmbessert mehr, feiert bereits Ankündigungen als Erfolg und verliert die Umsetzung aus dem Blick, hieß es auf dem Eurobörsentag.lz Frankfurt – Die mit den Umsiedlungen Londoner Banken nach Kontinentaleuropa verbundene Hoffnung auf eine Aufwertung des heimischen Marktes ist nach Meinung von Finanzmarktexperten auf dem Eurobörsentag womöglich verfrüht. Die absehbaren Verwerfungen und Effizienzeinbußen könnten nämlich nur vermieden werden, wenn Europa jetzt schneller als geplant die Kapitalmarktunion realisiere, hieß es.Der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber zeigte sich in diesem Zusammenhang ungehalten über die “Erfolgsmeldungen” aus Brüssel. Aktionspläne allein würden “nicht ausreichen, um die Herausforderungen des Brexit zu stemmen”. Europas Kapitalmarkt müsse eher früher als später integriert, entfragmentiert und liquider werden.Susanne Zeidler, Finanzvorstand der Deutschen Beteiligung AG sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts, kritisierte, dass viele der in Brüssel vorgestellten Vorhaben im Umfeld der Kapitalmarktunion wieder ein “Mehr an Bürokratie” bringen und “dem Funktionieren der Kapitalmärkte generell eher schaden” würden. Sie verwies diesbezüglich auf die Pflicht von Insiderlisten, Ad-hoc-Mitteilungen und Meldungen von Directors’ Dealings selbst im Segment des Freiverkehrs. Von einer “Regulierung light” sei kaum mehr etwas zu spüren. Das mache Kapitalmärkte für Unternehmen “nicht unbedingt attraktiver”. Wer sich zudem Hoffnungen mache, dass “die britische Finanzindustrie nach dem Brexit reichlich nach Frankfurt übersiedelt, sollte dieses Vorhaben nicht auch noch durch eine Finanztransaktionssteuer konterkarieren”. Denn: “Die Briten werden sich schon einiges einfallen lassen, um ihre Finanzindustrie im Land zu halten.”Die Schaffung einer paneuropäischen Finanzbehörde nach dem Vorbild der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) schlug Winfried Bischoff vor. Der Chairman des britischen Financial Reporting Council sieht darin eine Möglichkeit der Harmonisierung von Finanzstandards und Regulierung auf europäischer Ebene inklusive der Nicht-EU-Mitglieder. Eine solche Institution sei zudem in der Lage, die Härten und Verwerfungen des Brexit auf Ebene der Finanzmärkte zu verringern und die europäische Zusammenarbeit diesbezüglich nachhaltig zu verstetigen.Lutz Diederichs, Chairman des deutschen Managementboard von BNP Paribas, sieht den kontinentaleuropäischen Banken durch den Brexit neue Chancen erwachsen. Die Kapitalmarktunion werde die EU-Banken stärker auf den Kapitalmarkt ausrichten. Zugleich könnten EU-Banken ein Gegengewicht zur Achse der angelsächsischen und asiatisch geprägten Institute bilden und ihren europäischen Akzent herausstellen.