Brexit steht Bail-in im Weg
Der Brexit erschwert Europas Bankenabwicklern die Arbeit. Das Problem: Wie wollen sie, wenn Großbritannien erst einmal die Europäische Union verlassen hat, noch den Bail-in von nach britischem Recht emittierten Schuldverschreibungen und Derivaten auf der Insel notfalls gerichtlich durchsetzen? Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer Brexit stellt Europas Bankenabwickler vor Hürden, wie der Single Resolution Board (SRB) auf Anfrage mitteilt. Kopfschmerzen bereitet der EU-Behörde insbesondere der Umgang mit nach britischem Recht begebenen Schuldverschreibungen und Derivaten von Banken, welche die Behörde laut ihrem Abwicklungsplan gegebenenfalls als Bail-in-Kapital heranziehen will, um Verluste zu tragen. Denn hat Großbritannien erst einmal die Europäische Union verlassen, stellt sich die Frage, wie der SRB solche Ansprüche auf der Insel gerichtlich durchsetzen wollte. Rechtliche RisikenWie der SRB mitteilt, prüft die Behörde derzeit sorgfältig die potenziellen Auswirkungen des Brexit auf die Möglichkeiten europäischer Behörden, “effektive Abwicklungsmaßnahmen für Instrumente zu treffen”, die in der EU agierende Banken nach britischem Recht begeben haben. Vorläufiges Ergebnis: “Die Hauptsorge des SRB ist das Risiko, dass von EU-Behörden getroffene Abwicklungsmaßnahmen wie ein Bail-in oder Abwicklungsbefugnisse hinsichtlich von Aussetzungen, Asset-Transfers oder einer vorgezogenen Fälligkeit von Derivaten von britischen Gerichten nicht anerkannt werden”, wie die Behörde auf Anfrage erklärt. An der Grenze des MachbarenDamit erhöht der Brexit die ohnehin komplexe Aufgabe des SRB zusätzlich. Im März vergangenen Jahres, ein knappes Jahr nach dem britischen Votum für den EU-Austritt, hatte SRB-Chefin Elke König, ehemals Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), der Börsen-Zeitung auf die Frage, wie lange es dauern werde, bis der SRB die Anleiheverträge der Banken einzeln durchgegangen sei, um festzustellen, ob diese Verbindlichkeiten bail-in-fähig sind, geantwortet: “Diese Aufgabe bringt einen tatsächlich an die Grenzen des Machbaren.”Je länger nun eine Verständigung auf die Modalitäten des Brexit auf sich warten lässt, umso dringlicher wird auch die Frage, wie es der SRB mit nach britischem Recht emittierter Bail-in-Masse hält. Dies gilt freilich für Schuldverschreibungen, die im Fall einer Abwicklung herangezogen werden sollen, um Verluste aufzufangen, aber auch für Derivateverträge sowie risikomindernde Sicherheiten.Contract Continuity sei derzeit “eines der Brexit-Hype-Themen”, heißt es im Markt mit Blick auf Derivate und Sicherheiten. Im Falle der Derivate gehe es dabei lediglich um eine Umstellung von Verträgen. Dies könne allenfalls teuer werden.Der SRB dringt eigenen Angaben zufolge darauf, dass Banken ihre für die Mindestanforderung an regulatorische Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) angerechneten Instrumente auch nach dem Abschied des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union bail-in-fähig bleiben. Zumindest sollten Banken in die Verträge ihrer britischen Emissionen einen Passus einfügen, demzufolge europäische Abwicklungsmaßnahmen anerkannt werden, heißt es. Der SRB werde dann die Wirksamkeit der betreffenden Klauseln und die sich daraus ergebenden Auswirkungen für die Abwicklungsfähigkeit bewerten.Auch die European Banking Authority (EBA) hat das Problem bereits auf den Plan gerufen. Sie forderte Ende Juni die zuständigen Behörden dazu auf sicherzustellen, dass Banken angemessene Vorbereitungen für einen harten Brexit ohne Austrittsvereinbarung oder Übergangsperiode treffen.Den Instituten hat der SRB in Workshops bereits verdeutlicht, dass sie die Risiken für ihre Abwicklungsfähigkeit reduzieren sollen – indem sie ihre nach britischem Recht geschlossenen Vereinbarungen entsprechend ergänzen oder besser gleich ihre Emissionen ins Rechtsgebiet der verbleibenden EU-Staaten verlagern, “um volle Rechtssicherheit zu erreichen”, wie es heißt. Die entsprechenden Aktivitäten der Banken verfolgt der SRB mit einem Berichtssystem namens “Liabilities Data Reports”. Kooperation soll andauernSelbst im Falle eines harten Brexit würde die Kooperation mit dem Vereinigten Königreich allerdings aufrechterhalten, relativiert der SRB. Großbritannien würde in diesem Fall ein beobachtendes Drittland in den Aufsehergremien, die für in Großbritannien aktive europäische Banken zuständig seien.Zudem würde die Kooperation unterstützt werden von den Aufsehern, die in den für die global systemrelevanten britischen Banken mit Europageschäft zuständigen Krisenmanagementgruppen säßen, erklärt die Behörde mit Sitz in Brüssel. “Wir haben mit unseren internationalen Partnern hart gearbeitet, um eine effektive Kooperation sicherzustellen, und wir gehen davon aus, dass sich diese mit Großbritannien fortsetzt.”