ENDE DER GEWISSHEITEN

"Brexit wird Wettbewerb verschärfen"

Neue Akteure am Finanzplatz Frankfurt erhöhen den Margendruck

"Brexit wird Wettbewerb verschärfen"

Von Anna Sleegers, FrankfurtDas Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union wird den Wettbewerb auf dem deutschen Bankenmarkt voraussichtlich weiter verschärfen. Bislang werde die Ankündigung einiger US-Banken, Teile des Geschäfts von der City nach Frankfurt zu verlagern, vor allem als Chance für den Finanzplatz gewertet, sagt Stephan Lutz, Partner der Unternehmensberatung PwC. “Dass sich dadurch der Wettbewerbsdruck in Deutschland weiter erhöhen wird, haben viele Institute noch nicht vergegenwärtigt.”Nach Einschätzung des Verbands der Auslandsbanken werden die Institute in den kommenden Jahren in der Summe ein Bilanzvolumen von etwa 450 Mrd. Euro aus Großbritannien nach Deutschland verlagern, wodurch etwa 5 000 zusätzliche Jobs in der Finanzbranche entstehen werden. Weil für viele Finanzexperten ein Umzug von der Themse an den Main nicht sehr attraktiv erscheint und das Angebot des hiesigen Arbeitsmarkts den Bedarf an Finanzspezialisten wohl nicht deckt, ist der Brexit teuer für die Banken. Profitable US-Wettbewerber “Vor allem die US-Banken werden über kurz oder lang darauf pochen, dass zumindest ein Teil der Aufwendungen aus den Brexit-Projekten durch Neugeschäft kompensiert wird”, prophezeit Lutz. Wenn sie vor Ort sein müssen, werden sie nach Einschätzung des Branchenkenners versuchen, Marktanteile zu gewinnen – gerne auch in Geschäftsbereichen, die nicht zwingend nach Kontinentaleuropa verlagert werden müssten. Die Ausgangsbasis ist dafür gut. Während die deutschen Großbanken sich noch immer nicht recht von den Folgen der Finanzkrise erholt haben, stehen ihre US-Wettbewerber wieder glänzend da. Dank der beherzten Rekapitalisierung durch den US-amerikanischen Staat, den früheren Beginn der Zinswende in den USA und die positiven Effekte der Steuerreform haben die US-Banken die heimischen Institute nicht nur mit Blick auf die Bilanzsumme und die Marktkapitalisierung abgehängt, sondern auch hinsichtlich der Profitabilität.”Die deutschen Banken sind schwächer kapitalisiert und haben sich teilweise aus dem internationalen Geschäft zurückgezogen”, konstatiert Lutz. Der Blick auf die Wachstumsraten der Erlöse im Investment Banking im EMEA-Bereich (Europa, Naher Osten, Afrika) verdeutlicht die unterschiedliche Dynamik der Großbanken dies- und jenseits des Atlantik (siehe Grafik). Am schwersten wiege jedoch die schlechtere Kostenstruktur der deutschen Banken, sagt Lutz. Laut Bundesbank gingen die operativen Erträge der deutschen Geldhäuser im Jahr 2017 um 3,8 % auf 123 Mrd. Euro zurück. Das Kostenproblem der deutschen Banken ist nicht neu. Trotzdem gelang es ihnen lediglich, die Verwaltungskosten um 0,2 % auf 88,5 Mrd. zu senken, woran auch regulatorische Neuerungen ihren Anteil haben dürften. Sach- und auch Personalaufwendungen stagnierten derweil, trotz rückläufiger Beschäftigtenzahlen.Mit Verweis auf eine durchschnittliche Aufwands-Ertrags-Relation von 71,9 % bescheinigt die Bundesbank den deutschen Instituten einen massiven Nachteil gegenüber dem internationalen Wettbewerb, wobei die Großbanken mit einer Quote von 88,7 % besonders schlecht abschneiden. Für sie komme die neue Konkurrenz zur Unzeit, sagt Bankenexperte Lutz: “Institute, die 50 Cent pro Euro verdienen, werden einen längeren Atem haben können als solche, die bloß 20 Cent pro Euro verdienen.”