Stephan Müller, Broadridge

Broadridge will Erlöse im deutschen Geschäft verdoppeln

Der Outsourcing-Dienstleister Broadridge tritt im deutschen Markt auf den Plan. In den kommenden fünf Jahren will die Gesellschaft ihre Erlöse in der Bundesrepublik verdoppeln, wie Deutschland-Chef Stephan Müller, der Börsen-Zeitung sagt.

Broadridge will Erlöse im deutschen Geschäft verdoppeln

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Im deutschen Bankensektor tritt ein neuer Outsourcing-Dienstleister auf den Plan. Das an der Nyse notierteFi­­­nanz-Software-Unternehmen Broad­ridge Financial Solutions, Teil des S&P500, forciert die Expansion. Als Geschäftsführer für Deutschland hat die Gesellschaft Stephan Müller, Ex-IT-Chef der Commerzbank, akquiriert. Der will das bundesweite Ge­schäft in den kommenden fünf Jahren in etwa verdoppeln, wie er der Börsen-Zeitung sagt – ohne allerdings das momentane Erlösniveau zu beziffern. Allerdings darf man getrost davon ausgehen, dass dem US-Unternehmen, das im Geschäftsjahr 2021 per Juni rund 5 Mrd. Dollar erlöste und operativ knapp 700 Mill. erwirtschaftet hat, mit dem Zuschlag des Referenzkunden HCOB, branchenübliche Konditionen unterstellt, hierzulande ein zweistelliges Millionenvolumen schon einmal sicher ist.

Für die ehemalige HSH Nordbank hat Broadridge im September die Abwicklung des internationalen Zahlungsverkehrs von der Postbank-Tochter Betriebs-Center für Banken AG (BCB) übernommen. Dabei hat sich das US-Unternehmen, wie Müller erläutert, auf die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur, auf den Zugang zum Kommunikationsnetz Swift sowie um die Back-Office-Administration fokussiert, während sein Kooperationspartner PPI die erforderliche Software bereitstellt. Mit dem individuellen grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr ist die erste Stufe bereits in Betrieb gegangen, wie Müller berichtet. Der Sepa-Zahlungsverkehr soll bis Jahresende folgen, anschließend das auf den künftigen Zahlungsverkehrsstandard ISO 20022 umgestellte Ge­schäft – der neue Swift-Formatstandards wird ab November eingeführt.  

Am besten geht bei dem in der Branche vielbeachteten Outsourcing-Mandat der HCOB für Broadridge nichts schief. Schließlich soll die Auslagerung durch die Hamburger Privatbank, die gut 30 Mrd. Euro Bilanzsumme auf sich vereint, bald der Einwerbung weiterer Mandate den Weg ebnen. Fünf Outsourcing-Projekte würden reichen, um das Fünf-Jahres-Ziel einer Verdopplung des Umsatzes zu erreichen, meint Müller. Klar ist für ihn allerdings auch, dass die Akquise erst nach Umstellung auf das neue Zahlungsverkehrsformat ISO 20022 so richtig anlaufen dürfte. „Vorher mit nur wenigen Monaten Vorlaufzeit einen solchen Outsourcing-Auftrag herauszugeben – dieses Risiko würde ich als Verantwortlicher vielleicht auch nicht nehmen wollen“, räumt er ein. Ließen sich Auslagerungen etwa im Wertpapiergeschäft noch eher in kleinere Etappen aufteilen, hätten Outsourcing-Projekte im Zahlungsverkehr eine grundsätzlich größere Dimension.

Als künftige Kunden fasst Müller dabei insbesondere kleinere Privatbanken ins Auge, welche die regulatorischen Kosten etwa im Zuge der EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 und andere Regelwerke sowie Neuerungen von Instant Payment bis zu Request-to-Pay angesichts in die Jahre gekommener IT-Strukturen als Belastung empfinden. Bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben Outsourcing-Dienstleister traditionell einen schweren Stand, da die beiden Finanzverbünde mit der Finanz Informatik sowie Atruvia über eigene IT-Dienstleister verfügen. Müller räumt ein, dass der Zahlungsverkehr für Banken strategisch an Bedeutung gewonnen hat, schon wegen der Aktualität der dabei generierten Kundendaten. Deshalb be­tont er zugleich, dass im Zuge eines Outsourcing an Broadridge nicht nur die Daten beim Auftraggeber blieben, sondern ebenso der Kundenkontakt. Broadridge übernehme allein die kundenfernen Aktivitäten. In Deutschland will Broadridge, die bundesweit rund 60 Beschäftigte zählt, allerdings nicht nur mit Auslagerungen von Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäft punkten, sondern ebenso im Feld der Investorenkommunikation, wenn es etwa gilt, Einladungen zu Hauptversammlungen von Unternehmen oder auch Prozesse im Zuge von Sammelklagen technisch, das heißt elektronisch, abzuwickeln. Das Feld der Wettbewerber betrachtet Müller dabei als recht dünn. Allzu viele Adressen, die Kunden mit einer Börsennotiz und einer starken Bilanz das nötige Vertrauen in ihre Stabilität einflößten, dank derer sie auch etwaige Störungen oder Ausfälle meistern könnten, gebe es gar nicht mehr, meint er.

Müller nennt Worldline, die 2018 die Abwicklung des Zahlungsverkehrs der Commerzbank für zehn Jahre übernahm, zudem die britische Finastra als Unternehmen, welche neben Broadridge Auslagerungen von Account-to-Account-Zahlungsverkehr, von Sepa-Geschäft und Instant Payment übernehmen könnten. Andere Gesellschaften wie Ingenico, Nets oder SIA hätten sich eher als Kartennetzbetreiber positioniert.

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