Sorge um ineffiziente Aufsicht

Bund und Länder sind im Dissens über BaFin-Rechte bei European Green Bonds

Mit den Vorgaben für den European Green Bond will Europa einen neuen Goldstandard für grüne Anleihen setzen. Im nationalen Recht muss der Gesetzgeber es den Aufsichtsbehörden ermöglichen, den Standard zu überwachen. Wie dies hierzulande aussehen soll – darüber sind Bund und Länder unterschiedlicher Ansicht.

Bund und Länder sind im Dissens über BaFin-Rechte bei European Green Bonds

Ringen um BaFin-Rechte bei grünen Anleihen

Länder wollen den Radius der Aufsicht für Informationsersuchen enger ziehen als der Bund – Sorge um ineffiziente Doppelaufsicht der Behörden

wf Berlin

Mit den Vorgaben für den European Green Bond will Europa einen Goldstandard für grüne Anleihen setzen. Der nationale Gesetzgeber muss es den Aufsichtsbehörden ermöglichen, diesen Standard zu überwachen. Wie dies hierzulande aussehen soll – darüber sind Bund und Länder verschiedener Ansicht.

Bund und Länder sind im Dissens, wie weit die Finanzaufsicht BaFin bei der Überwachung von Emittenten grüner Anleihen gehen darf. Die Länder wollen den Radius der Aufsicht enger ziehen, als der Bund es plant: Das Auskunftsrecht der nationalen Aufsichtsbehörde soll auf Abschlussprüfer und Führungskräfte beschränkt sein. Der Bundesrat bittet den Bund in einer Stellungnahme, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob sein Anliegen umgesetzt werden kann. Nach dem Entwurf der Bundesregierung soll die BaFin hierzulande indessen von jedermann Auskünfte verlangen können, um Emittenten europäischer grüner Anleihen zu überwachen. Der Kreis der zur Auskunft Verpflichteten ist damit viel größer als bei der Variante der Länder.

Mit dem Gesetzentwurf ergänzt die Bundesregierung die EU-Verordnung zu grünen Anleihen (EUGBS – European Green Bond Standard) und verankert den freiwilligen Standard im deutschen Recht. Emittenten, die diese Vorgaben freiwillig erfüllen, dürfen ihre Anleihen mit dem Etikett einer „Europäischen Grünen Anleihe“ oder als „European Green Bonds“ schmücken. Die am Kapitalmarkt erlösten Mittel müssen in taxonomiekonforme Projekte fließen.

Hierzulande wird die unmittelbar geltende EU-Verordnung mit zusätzlichen Regelungen in verschiedenen Gesetzen ergänzt: Wesentliche Änderungen betreffen das Wertpapierprospektgesetz. Zudem werden Wertpapierhandelsgesetz, Kreditwesengesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz und Kapitalanlagegesetzbuch vor allem um die neuen Überwachungsbefugnisse der BaFin, Meldepflichten gegenüber der Aufsicht und um Bußgeldtatbestände ergänzt. Die BaFin darf zudem Handel und Zulassungen beschränken oder aussetzen.

Länder kritisieren Gold-Plating

Die Länder bewerten die Pläne der Bundesregierung als Gold-Plating. Bei den nationalen Vorgaben werde der Adressatenkreis für Auskunftsersuchen über die EU-Vorgaben hinaus erweitert, argumentiert der Bundesrat. Die EU-Verordnung sehe lediglich vor, den nationalen Behörden die Befugnis zu geben, von Abschlussprüfern und Führungskräften Informationen und Unterlagen zu verlangen.

Gefahr von Greenwashing

Dieses Gold-Plating führte nach Ansicht des Bundesrats zu einer bedenklichen Doppelbeaufsichtigung: Externe Prüfer würden bereits durch die ESMA, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, überwacht, heißt es. Wenn nun BaFin und ESMA zuständig seien, könne dies zu „Herausforderungen in der Aufsichtspraxis“ führen, die dem Ziel der Verordnung zuwiderliefen, Greenwashing durch eine effiziente und effektive Aufsicht zu verhindern.

Die Bundesregierung weist diese Einschätzung indessen in ihrer Gegenäußerung zum Gesetzentwurf zurück. Es handele sich um die Einführung eines milderen Mittels im Vergleich zu den europarechtlichen Vorgaben – um ein Auskunftsersuchen anstelle einer sofortigen Durchsuchung. Dies wahre die Verhältnismäßigkeit und belaste die Betroffenen geringer, wird argumentiert.

Die europäische Verordnung grenzt die Aufsichtskompetenzen nach Einschätzung der Bundesregierung klar ab: Die ESMA beaufsichtige die externen Prüfer – die nationale Aufsichtsbehörde überwachten die Emittenten, die freiwillig das Label „EU Green Bond“ nutzen möchten. Die Bundesregierung hält es zudem nicht für möglich, dass die BaFin Auskünfte über Emittenten direkt bei der ESMA einholt. Dies würde daran scheitern, dass die ESMA von den externen Prüfern nur Informationen für ihre eigene Aufsichtstätigkeit verlangen kann, aber keine Informationen über die Emittenten, schreibt die Regierung.

Debatte um Bestandsschutz

Der Bundesrat hat noch ein weiteres Anliegen. Er hält es für wünschenswert, den Bestandsschutz des Etiketts European Green Bond auf zehn Jahre auszudehnen. Bereits emittierte Green Bonds behalten das Etikett nach aktuellem Stand nur für sieben Jahre. „Das System der Taxonomie ist bereits jetzt komplex und sollte handhabbar bleiben“, rät die Länderkammer. Die Bundesregierung nimmt diesen Wunsch lediglich zur Kenntnis und kommentiert ihn nicht weiter.

Die EU-Verordnung zum European Green Bond Standard war im Oktober vor einem Jahr vom EU-Rat nach einem langwierigen Trilog angenommen worden. Der Standard kann vom 21. Dezember an angewandt werden. Zwar gilt die EU-Verordnung direkt in allen Ländern der Gemeinschaft, doch müssen die Mitgliedstaaten die nationalen Aufsichtsbehörden bis dahin mit den nötigen Befugnissen ausstatten. Der Entwurf geht nun zur Beratung in den Bundestag.

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