Bundesbank durchkreuzt Italiens Bilanztrick

Neubewertung von Notenbankanteilen bleibt für EZB-Bilanztest ohne Folgen - Banca d'Italia: Abstimmung im Parlament am Freitag hat keinerlei Rückwirkung

Bundesbank durchkreuzt Italiens Bilanztrick

Rückzieher in Italien: Die umstrittene Neubewertung von Anteilen an der Banca d’Italia soll den Banken des Landes nicht schon beim EZB-Bilanztest helfen, sondern erst künftig die Kapitaldecke polstern.bn/tkb Frankfurt/Mailand – Die Neubewertung von Anteilen an der Notenbank Italiens, welche die Regierung in Rom vor dem Jahreswechsel vorbereitet hatte, wird für die sogenannte Asset Quality Review der Europäischen Zentralbank (EZB) keine Rolle spielen. Dies wurde der Börsen-Zeitung am Freitag bei der EZB und der Banca d’Italia bestätigt.In Italien stimmte die Abgeordnetenkammer am Freitag dem Gesetzesdekret über die Statutenänderungen und die Aufwertung des Kapitals der Banca d’Italia von 156 000 auf 7,5 Mrd. Euro zu. “Es wurden keinerlei Abänderungen des Gesetzestextes vorgenommen, dies heißt, dass das Gesetz im laufenden Jahr in Kraft tritt”, erklärte ein Sprecher der römischen Zentralbank. Die Banca d’Italia verwies zugleich darauf, dass sich die Änderungen im laufenden Jahr nicht auf die Asset Quality Review bzw. auf den anschließenden Stresstest der EZB und der European Banking Authority (EBA) auswirken werden. Dafür seien die Bilanzen per Ende 2013 ausschlaggebend. Die Kapitalaufwertung und eine entsprechende Aufwertung der von Italiens Banken gehaltenen Anteile an Banca d’Italia träten erst 2014 in Kraft und hätten keinerlei Rückwirkung.Dies ist eine überraschende Wendung der Ereignisse. Bisher war erwartet worden, dass die Neubewertung der Notenbankanteile schon per Ende 2013 gelten und Italiens Banken daher beim EZB-Bilanztest helfen werde. Wie die Börsen-Zeitung erfuhr, sorgte geballter Druck der Deutschen Bundesbank für die Wende. Demnach opponierte die deutsche Zentralbank mit einer Eingabe “in letzter Minute” gegen eine schon für den Bilanztest relevant werdende Neubewertung.Das Hauptargument: Banken könnten nicht ohne Weiteres für Aktiva die Bilanzkategorie wechseln. Erst diese Umgruppierung von der Kategorie “Hold to Maturity” für bis zur Fälligkeit gehaltene Aktiva in “Availabe for Sale” für zum Verkauf stehende Vermögenswerte ermöglicht es den Banken, die Wertsteigerung ihrer Notenbankanteile in der Bilanz abzubilden. Der Effekt der Neubewertung kann sich sehen lassen: Schätzungen zufolge dürfte die Neuregelung allein Unicredit und Banca Intesa Sanpaolo vor Steuern Buchgewinne von 1,4 Mrd. bzw. 2,5 Mrd. Euro bringen. Unicredit und Banca Intesa halten 22 % bzw. 42 % der Anteile an der Banca d’Italia, die zu 95 % im Besitz von Banken ist (siehe Grafik).Die Begründung der Bundesbank ist geschickt gewählt, da sie allein auf Bilanzierungskonventionen abstellt. Aufsicht und gesetzliche Regelungen wiederum liegen noch allein in nationaler Hand, bis im November dieses Jahres die EZB die europaweite Bankenaufsicht übernehmen wird. Auch hat die zu Jahresbeginn in Kraft getretene EU-Eigenkapitalrichtlinie den Mitgliedstaaten eigens nationale Spielräume zugestanden, auch für deutsche Besonderheiten.Die Neubewertung der Notenbankanteile war insbesondere in der Bundesrepublik auf harsche Kritik gestoßen. Franz-Christoph Zeitler, ehemaliger Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, hatte im Gespräch mit der Börsen-Zeitung gegen kreative Buchführung und eine Kreation von Eigenkapital “aus dem Nichts” gewettert. Die EZB hatte in ihrer Stellungnahme zum italienischen Regelwerk Ende Dezember moderatere Töne angeschlagen, letztlich aber ähnliche Bedenken erkennen lassen wie die Bundesbank: Es sei wichtig, dass die Rekapitalisierung dem aufsichtlichen und bilanziellen Rahmen in der EU jederzeit vollauf genüge, und vor allem, dass die “Regeln zur Umwidmung von Finanzinstrumenten nach IAS-IFRS nicht verletzt werden”, hieß es. Auch seien die Leitlinien zur Fair-Value-Bewertung konsistent anzuwenden.Die Abstimmung im italienischen Parlament am Freitag verlief keineswegs reibungslos: Die Protestbewegung M5S kritisierte das Dekret vehement. Die Banca d’Italia werde zu einer “public company” degradiert. Dies komme einer Privatisierung gleich. Auch die Tatsache, dass sich in Zukunft auch ausländische Aktionäre am Bankenkapital beteiligen können, erregte Proteste. Das Gesetz muss noch vom Senat bewilligt werden, um in Kraft zu treten. Die Änderungen bei der Notenbank, Ausmaß und Zeitpunkt der Kapitalerhöhung hatten auch Wirtschaftsexperten wie Prof. Tito Boeri von der Bocconi-Universität kritisiert..Bei den beiden Mailänder Großbanken, die am stärksten von der Neubewertung profitieren, gibt man sich gelassen. Unicredit-Chef Federico Ghizzoni hatte die Asset Quality Review wiederholt als positiv und notwendig für den Bankensektor bezeichnet und sich zuversichtlich gezeigt, dass Unicredit die Tests meistern wird. Schließlich liege Unicredit mit einer harten Kernkapitalquote von 11,7 % im europäischen Spitzenfeld. Intesa-Sanpaolo-Chef Carlo Messina meinte am Freitag, Italiens große Banken wie Intesa Sanpaolo seien in Bezug auf die Asset Quality Review in einer wesentlich besseren Position als die mittelgroßen und kleineren Banken des Landes. Er erwarte bei diesen in den kommenden Monaten nicht nur Kapitalerhöhungen, sondern auch eine Reihe von Fusionen.Der Präsident des Bankenverbandes ABI, Antonio Patuelli, bestritt, dass es sich bei der Kapitalaufwertung um ein “Geschenk an die Banken” handele: “In Italien gibt es 800 Banken, von der Maßnahme profitieren maximal 10 %.” Patuelli zufolge hätte die Kapitalaufwertung schon vor Jahren erfolgen sollen. Abgesehen von der belgischen und der griechischen Notenbank sei die Banca d’Italia die einzige Zentralbank im EU-Raum, die ihr Kapital noch nicht aufgewertet habe. Nationalökonom Marco Fortis von der Edison-Stiftung schließt aus, dass die Beteiligung der Banken an der Banca d’Italia deren Aufsichtsfunktion beeinträchtigt hat. Er verweist darauf, dass die Aufsichtsfunktion der Banca d’Italia in den vergangenen Jahren bestens funktioniert habe. “Wie die Finanzkrise gezeigt hat, war die italienische Aufsicht eine der schärfsten in Europa. Im Gegensatz zu anderen Ländern Europas mussten hier keine Milliarden Euro in die Bankenrettung gesteckt werden.”—– Wertberichtigt Seite 6