Bundesbank sieht Cybergeld kritisch

"Gravierende Auswirkung" auf Bankensystem

Bundesbank sieht Cybergeld kritisch

kb Frankfurt – Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, sieht eine Einführung von digitalem Zentralbankgeld kritisch. “Die Einführung digitalen Zentralbankgeldes sollte auf jeden Fall wohlüberlegt sein”, forderte er auf dem Zahlungsverkehrssymposium der Bundesbank. Weidmann verwies dabei auf ein Pilotprojekt in Schweden, wo die Notenbank Riksbank mit der sogenannten E-Krona eine Alternative zum Bargeld prüft.Der Bundesbankpräsident befürchtet jedoch, dass digitales Zentralbankgeld für einen breiten Nutzerkreis – je nach Ausgestaltung – möglicherweise gravierende Auswirkungen hätte, darunter auf das Bankensystem. So könnte “digitales Zentralbankgeld für jedermann” die Geschäftsmodelle von Banken und die Intermediation auf Finanzmärkten grundlegend verändern. “Selbsternannte Währungen”Zudem könnte die Nachfrage nach digitalem Zentralbankgeld größer oder volatiler sein als jene nach Bargeld mit entsprechenden Effekten auf die Bilanz der Notenbank. Auch die Finanzstabilität sieht er im Krisenfall stärker gefährdet, da durch das Cybergeld eine zusätzliche, sehr liquide und sichere Anlagealternative bestünde. “Deshalb könnten sowohl ,Flucht in Sicherheit` im Allgemeinen als auch ein digitaler Bank Run im Speziellen schneller und in größerem Umfang ablaufen als in der Vergangenheit”, warnt der Bundesbankpräsident, der auch Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) ist. In die gleiche Kerbe schlug EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch auf dem Bundesbank-Symposium. “Selbsternannte Währungen” wie Bitcoin und andere Kryptowährungen “eignen sich schlichtweg nur zur Spekulation”, sagte Mersch.Gleichwohl schreite die Digitalisierung im Zahlungsverkehr voran, wie das Bezahlen in Echtzeit, das seit zwei Jahren über Sepa Instant Payments funktioniere, so Weidmann. Zur Verarbeitung dieser Zahlungen hat das Eurosystem Target Instant Payments Settlement (TIPS) im November 2018 eingerichtet. Noch würden Banken Instant Payments eher verhalten nutzen. “Wünschenswert wäre jedoch, schneller die kritische Masse bei Instant Payments zu erreichen”, sagte Weidmann. Auch müssten Brücken über Europa hinaus zu anderen internationalen Systemen geschlagen werden, denn gerade diese Zahlungen seien noch vergleichsweise langsam und teuer.Dabei müsse es “aber auch darum gehen, einer Fragmentierung des Zahlungsverkehrs in Europa entgegenzuwirken”, betonte Weidmann. Angesichts eines enormen Wettbewerbs zwischen Zahlungsdienstleistern weltweit mahnte EZB-Direktoriumsmitglied Mersch, Europa müsse “seine Reihen geschlossen” halten. “Weitere Zusammenschlüsse gewichtiger Zahlungsabwickler werden Einfluss auf Europa haben”, sagte er mit Blick auf noch mehr zu erwartende Fusionen wie zuletzt in den USA, um Skaleneffekte zu erreichen. “Wir dürfen uns daher nicht im Klein-Klein verlieren, sondern wir müssen selbstbewusst die Rahmenbedingungen des europäischen Binnenmarktes und die Wettbewerbsfähigkeit seiner Akteure stärken, ohne jedoch in protektionistische Wagenburgen zu verfallen”, sagte Mersch.Mit Blick auf die Konkurrenz durch große Tech-Konzerne wie Apple und Google müssten in Europa, wo noch “ein Flickenteppich” bestehe, einheitliche Zahlungsverkehrsmodelle vorangetrieben werden, sagte An-dreas Krautscheid vom Bundesverband deutscher Banken (BdB). Das erfolgreiche deutsche Girocard-Modell will die Branche allerdings nicht opfern. “Wir werden kein neues System aufbauen, wenn damit gleichzeitig die Kannibalisierung eines bestehenden Systems einhergehen würde”, betonte Krautscheid.