IM GESPRÄCH: FRANK DORNSEIFER

"Bürokratie ohne echten Mehrwert"

Investment-Verband BAI kritisiert EU-Gesetzgebung zum grenzüberschreitenden Fondsvertrieb

"Bürokratie ohne echten Mehrwert"

In der deutschen Fondsbranche wächst die Kritik an neuen EU-Regeln zum grenzüberschreitenden Vertrieb. Der Bundesverband Alternative Investments (BAI) befürchtet, dass sich vor allem die Hürden für das wichtige Pre-Marketing negativ auswirken. Geschäftsführer Frank Dornseifer erläutert im Gespräch, warum.Von Andreas Heitker, BrüsselDie in der EU geplanten Vereinfachungen im grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds sind bereits auf der Zielgeraden. Die eigentlich beabsichtigte Beseitigung von regulatorische Barrieren hauptsächlich in den beiden Richtlinien für Publikumsfonds (Ucits bzw. Ogaw) und für alternative Investmentfonds (AIF) benötigen nur noch grünes Licht vom Plenum des EU-Parlaments.Eine grundsätzliche Verständigung mit den Mitgliedstaaten in den sogenannten Trilog-Verhandlungen hatte es bereits Anfang Februar gegeben. Nun aber wird die Kritik daran immer lauter. Im Mittelpunkt stehen dabei neue Regeln für ein Pre-Marketing, also das Verbreiten von Informationen über einen Fonds im Vorfeld einer Vertriebserlaubnis. Dialog mit Anlegern “gestört” Frank Dornseifer, Geschäftsführer des Bundesverbands Alternative Investments (BAI), sieht diesen frühen Dialog mit potenziellen Investoren durch die Brüsseler Pläne “gestört” – da es künftig kein Pre-Marketing mehr ohne eine Notifizierung eines Fonds geben soll. Genauer: Hat es Vorabgespräche mit einem Investor gegeben, so ist ein Verkauf des jeweiligen Fonds an diesen Investor erst nach einem Notifizierungsverfahren erlaubt. Der Investor darf dann auch nicht mehr in Eigenregie nach diesen Fondsanteilen nachfragen. Diese “Reverse-Solicitation”-Möglichkeit wird durch die neue EU-Regulierung faktisch abgeschafft, wie der BAI kritisiert.”Der aufsichtsrechtliche Mehrwert einer solchen Notifizierung ist nicht erkennbar”, betont Geschäftsführer Dornseifer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Denn eine Beaufsichtigung des Fonds einschließlich umfassender Berichtspflichten sei ohnehin gegeben. Diese knüpfe bereits an die Verwaltung des Fonds. Investoren verlieren ZeitEin Anmeldeverfahren eines Fonds, das zunächst bei der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde erfolgt und dann auch in allen EU-Ländern, in denen es einen Vertrieb geben soll, wiederholt werden muss, kostet Zeit und Geld. Dornseifer berichtet, dass viele Verbandsmitglieder schon heute über zeitaufwendige und wenig effiziente Verfahren klagten. “Wenn nach Pre-Marketing-Aktivitäten institutionelle Anleger erst dann investieren dürfen, wenn das Notifizierungsverfahren abgeschlossen ist, verlieren die Investoren wertvolle Zeit”, moniert der Jurist in dem Gespräch. Das Gleiche gelte auch für die Fondsmanager, die daran gehindert würden, ihre Gelder anzulegen. “Ohne Commitments der Investoren kann eben nicht investiert werden.”Bedauerlich sei, dass sich in dem EU-Gesetzgebungsprozess am Ende die Aufsichtspraxis aus Frankreich durchgesetzt habe. Pragmatische Ansätze, wie es sie beispielsweise in Deutschland bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebe, seien überhaupt nicht aufgegriffen worden. “Die informelle Anzeige der Pre-Marketing-Aktivitäten ist Bürokratie pur ohne echten Mehrwert”, kritisiert der Verbandsgeschäftsführer.Er befürchtet zudem, dass die geplante Weiterleitung einer Fondsanmeldung an die anderen betroffenen Aufsichtsbehörden in der EU weitere Informationsanforderungen und weitere Gebühren nach sich ziehen werden. Dabei habe er auf Nachfragen in Brüssel, was denn die Aufsichtsbehörden mit den Informationen machen würden, keine konkrete Antwort erhalten.Ärgerlich ist für den BAI, dass eine Notifizierung eines neuen Fonds erfolgen muss, selbst wenn ein Vertrieb nur an einen Investor geplant ist, mit dem es aber Vorabgespräche gegeben habe. Dabei diente ein Pre-Marketing der Auflage von Fonds, die eben auf Kundenwünsche und Anforderungen in besonderem Maße eingingen.Analysen hätten zudem ergeben, dass viele institutionelle Investoren auch weiterhin nationale Privatplatzierungen wünschten – gerade auch, weil es häufig eben doch Fonds gebe, die speziell für deutsche oder französische oder andere Investoren aus bestimmten Ländern aufgelegt würden. “Der EU-Pass ist nicht das Allheilmittel.” Drittstaaten-Regeln fehlenEs gibt aber auch noch einen weiteren Punkt, der für Unmut sorgt: Fonds aus Drittstaaten werden quasi privilegiert – denn diese sind nicht verpflichtet, Pre-Marketing-Aktivitäten zu notifizieren. Hier gelten weiterhin die nationalen Regeln. Da die Arbeiten an einem Drittstaatenpass seit Jahr und Tag auf Eis liegen, hatte der BAI auch wiederholt dafür plädiert, die jetzige Richtlinie erst einmal zurückzustellen.Dornseifer verweist jetzt auf die Verunsicherungen bei Investoren unter anderem aus den USA, die bereits greifbar sind: “Aus Vorsichtsgründen ziehen sich bereits US-Fonds aus Europa zurück, eben weil sie eine analoge Handhabung befürchten, die sie faktisch der AIFMD unterwirft”, sagt er. “Dadurch wird der Wettbewerb in der EU nicht verbessert, wie eigentlich wohl von der EU-Kommission beabsichtigt, sondern das Angebot für institutionelle Investoren wird eingeschränkt.”