Naïm Abou-Jaoudé

Candriam setzt beim Wachstum auch auf Zukäufe

Mittelfristig will Candriam die verwalteten Vermögen um mehr als ein Viertel auf 200 Mrd. Euro steigern. Großes Potenzial sieht die belgisch-französische Fondsgesellschaft in den USA, Japan, Großbritannien und Deutschland.

Candriam setzt beim Wachstum auch auf Zukäufe

Von Christiane Lang, Frankfurt

Die belgisch-französische Fondsgesellschaft Candriam will künftig nicht nur organisch, sondern auch durch Fusionen und Übernahmen wachsen. Ziel sei es, Anlagekapazitäten zu erwerben, die zum Geschäftsmodell und der Unternehmenskultur passen und dabei helfen, das Angebot weiter zu verbessern, sagt Naïm Abou-Jaoudé, CEO von Candriam und Chairman von New York Life Investment Management (NYLIM).

„Wir planen, unsere Präsenz auf allen Märkten, auf denen wir bereits vertreten sind, weiter auszubauen“, betont er. „Wir glauben, dass unser Wachstumspotenzial in den USA, in Japan, in Großbritannien und in Deutschland sehr groß ist, wobei wir die nordischen Länder keinesfalls vernachlässigen.“ Insgesamt ist Candriam in 20 Ländern.

200 Mrd. Euro im Visier

Mittelfristig soll das verwaltete Vermögen 200 Mrd. Euro erreichen. Ende 2021 betrug es 158 Mrd. Euro. Candriam, die frühere Dexia Asset Management, die 2014 von New York Life übernommen worden war, hat laut Abou-Jaoudé die Assets under Management in den vergangenen acht Jahren verdoppelt. Candriam gehöre zu den am schnellsten wachsenden Vermögensverwaltern in Europa, betont der Manager: „Wir sind wahrscheinlich eine der we­niger bekannten Erfolgsgeschichten in der Vermögensverwaltungs–branche.“

In Deutschland und Österreich, wo der Kundenkreis vor allem aus institutionellen Investoren wie Pensionsfonds und Sozialversicherungsträgern besteht, hat sich das verwaltete Vermögen in den vergangenen drei Jahren auf mehr als 3 Mrd. Euro bis Ende 2021 verdoppelt. Besonders die Bereiche ESG (Environmental, Social, Governance) und Absolute Return hätten hier zu der Steigerung beigetragen. Die Muttergesellschaft New York Life rangiert im Übrigen mit einem verwalteten Vermögen von über 590 Mrd. Dollar unter den weltweit größten Vermögensverwaltern.

Die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Marktkrise bremst aber auch Candriam. Im bisherigen Jahresverlauf seien die Kapitalanlagen leicht gesunken, sagt Abou-Jaoudé. Das sei jedoch teilweise durch das Neugeschäft kompensiert worden, das trotz des derzeitigen Umfelds relativ stark bleibe. „Wir haben in allen unseren Strategien ordentliche Zuflüsse und nur begrenzte Abflüsse verzeichnet. Mit Blick auf die Zu­kunft glauben wir, dass wir gut gerüstet sind, um dieses schwierige Marktumfeld zu meistern.“ Abou-Jaoudé verweist dabei unter anderem auf eine breite und diversifizierte Produktpalette und langfristige Beziehungen zu den Kunden.

„Double-Impact-Ansatz“

Nicht nur das angestammte institutionelle Geschäft, sondern auch das Wholesale-Segment sei in den vergangenen Jahren ausgebaut worden, zum Beispiel in Italien oder Japan. Außerdem wachse das Angebot an bei den Anlegern beliebten thematischen Aktienfonds, die sich auf Impact-Strategien wie Onkologie, Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft konzentrieren. „Bei diesen Fonds setzen wir auf einen ‚Double-Impact‘-Ansatz, bei dem wir 10% der Nettoverwaltungsgebühren zur Un­terstützung weiterer Forschung in Bereichen wie der Krebsbehandlung spenden“, erläutert Abou-Jaoudé. Per Ende 2021 waren bereits rund 105 Mrd. Euro der verwalteten Vermögen, also gut zwei Drittel der gesamten Assets under Management, ESG-bezogen.

In ihrer Investmentstrategie ist Candriam in der Krise vorsichtiger geworden. „Wir beobachten ständig unsere Inflationsszenarien und die Möglichkeit einer Rezession in den USA oder in Europa. In Europa hängt es unserer Meinung nach davon ab, ob, wie stark und wann Russland die Gaslieferungen drosselt. In den USA stellt sich die Frage, ob die Straffung der Fed einen übermäßigen Einfluss auf die Arbeitsmärkte und letztlich auf die Inflation haben wird.“

Insgesamt sei man eher defensiv positioniert, so der Chief Executive Officer. „Wir sind gegenüber Aktien neutral eingestellt, mit einem defensiven Engagement im Gesundheitswesen und bei Basiskonsumgütern, und haben vor kurzem begonnen, den Technologiesektor aufzustocken.“ Seit Anfang des Jahres habe man die Duration von festverzinslichen Wertpapieren erhöht. „Und wir suchen nach dem richtigen Einstiegszeitpunkt, um unser Engagement in US-Treasuries weiter zu erhöhen.“ Bei Anleihen sei Candriam negativ eingestellt, obwohl der Bereich Emerging Markets Debt (EMD) derzeit einen Carry, also eine Zusatzrendite, biete.

Auch wenn Aktien und Anleihen in diesem Jahr gleichzeitig eine negative Entwicklung erfahren haben, habe Candriam beim Blick in die Bücher der vergangenen 50 Jahre festgestellt, dass die Jahre, in denen Staatsanleihen- und Aktienanlagen in den USA gleichzeitig eine negative Wertentwicklung verzeichneten, re­lativ selten vorkommen, betont der Unternehmenschef. Diversifizierung und Rendite würden über einen ausreichenden Zeithorizont erzielt. Die Portfolios würden sich zwar an das neue wirtschaftliche Umfeld anpassen müssen, aber zweifelsohne würden die Märkte auch in Zukunft Anlagemöglichkeiten bieten.

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