Carry Trades - eine Anlagestrategie feiert ihr Comeback

Der Devisenmarkt erlaubt Anlegern interessante Diversifikationsmöglichkeiten - Investments in Währungspaare bieten attraktive Chance-Risiko-Profile

Carry Trades - eine Anlagestrategie feiert ihr Comeback

Das aktuelle Kapitalmarktumfeld mit historisch niedrigen Zinsen im Euroraum und sehr stark eingeengten Credit-Spreads für Corporate Bonds sowie für Staatsanleihen und Covered Bonds aus den Euro-Peripheriestaaten stellt für viele Anleger eine anhaltende Herausforderung dar. Zudem gibt die erneute geldpolitische Lockerung der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ihrer Sitzung Anfang September wenig Anlass zur Hoffnung, dass sich dieses Umfeld in naher Zukunft grundlegend ändert.In der Folge diversifizieren immer mehr Vermögensverwalter ihre Portfolien über unterschiedliche Assetklassen, und dies auch global. Hierauf deuten Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. So stieg der Handelsumsatz am Devisenmarkt demnach von 2010 bis Ende 2013 um 35 % auf 5,3 Bill. US-Dollar täglich. Das ist für sich genommen schon bemerkenswert, aber noch interessanter ist eine weitere Zahl. 53 % des Umsatzes wurden von sogenannten Nichthändler-Finanzinstitutionen getätigt, also kleinen, nicht berichtspflichtigen Banken, Vermögensverwaltern und auch Hedgefonds, während gleichzeitig der Anteil der Unternehmen am Handel gesunken ist. Diese Entwicklung hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Währungen aufstrebender Länder immer häufiger konvertierbar sind und zugleich die Absicherungskosten für Unternehmen und Anleger dank gesunkener Geld-Brief-Spannen deutlich zurückgegangen sind und sich denen für die Hauptwährungen angenähert haben.Neben der Absicherung zeichnet auch die bewusste Risikonahme am Devisenmarkt, die auf Zinsdifferenzen setzt, für den Anstieg des Handelsvolumens verantwortlich. Dies führt uns zu den Carry Trades. Carry-Trade-Strategien in Euro, US-Dollar, Yen und britischem Pfund bieten wegen der zwischen diesen Währungen weitgehend eingeebneten Zinsdifferenzen kein nennenswertes Ertragspotenzial mehr. Anders sieht es demgegenüber noch beziehungsweise wieder in den Schwellenländern aus, die teilweise erhebliche Zinsdifferenzen zu den Industrieländern aufweisen.Aus volkswirtschaftlicher Sicht werden die an den Märkten bestehenden nominalen Zinsdifferenzen gegenüber dem Euro und dem US-Dollar durch höhere reale Wachstumsraten, höhere Inflationsraten, bestehende Außenhandelsdefizite und Risikoprämien begründet. Es ist davon auszugehen, dass die Schwellenländer ungeachtet des derzeit schwächeren Wachstums – auch als Folge einer vielfach restriktiveren Geldpolitik – mittel- bis langfristig die im Vergleich zu den Industrieländern höheren Wachstumsraten aufweisen werden und damit deren Anteil am Welt-Bruttoinlandsprodukt weiter steigt. Realität meist andersVor diesem Hintergrund und in Anbetracht der im Vergleich zu den späten neunziger Jahren in etwa vierfach so hohen Direktinvestitionen in den Schwellenländern sind diese heute fundamental wesentlich stabiler als damals. Auf Basis dieser Einschätzung kann man dann die Theorie der ungedeckten Zinsparität verifizieren. Der Theorie zufolge wertet die höher verzinsliche Währung im Zeitablauf sukzessive ab, so dass kein systematischer Gewinn aus der Zinsdifferenz gezogen werden kann. Entsprechend stellt der Terminkurs den besten Schätzer des künftigen Kassakurses dar.Überprüfungen ergaben allerdings, dass dies in der Realität meist nicht der Fall ist: In der Vergangenheit hatten Währungen sich regelmäßig anders entwickelt, als es aus dem Terminkurs abgeleitet werden konnte. Während der Euro-Schuldenkrise hatte der Euro beispielsweise weit stärker zum australischen Dollar, einer typischen Anlagewährung, abgewertet, als dies der Terminkurs hätte erwarten lassen. Ähnliches war bei Euro und Schweizer Franken zu beobachten.Die Wissenschaft spricht vom sogenannten Forward-Rate-Bias. Der Terminkurs eines Währungspaares ist demnach ein verzerrter Schätzer für die tatsächliche Kursentwicklung. Eine systematische Arbitrage ist nicht möglich. Unseres Erachtens stellt der Forward-Rate-Bias vor allem eine Risikoprämie für höhere Inflationsraten in der Zukunft, politische Instabilitäten oder hohe Außenhandelsdefizite dar. Auf der Grundlage dieses Forward-Rate-Bias, der je-doch nicht als Gelegenheit zur Arbitrage missverstanden werden darf, setzt die Konstruktion des LBBW FX Carry Index auf.Er bildet aus dem Universum der 15 Währungen die Wertentwicklung als Summe aus Zinsdifferenz zuzüglich Kursveränderung derjenigen Währungen ab, die an dem sogenannten regulären Anpassungstermin – dem zweiten Freitag im Januar und Juli eines Jahres – eine Zinsdifferenz von mindestens 1,5 Prozentpunkten für Sechsmonatsgeld zu den beiden Basiswährungen Euro und US-Dollar aufweisen. Dabei wird eine Long-Position in den Währungen mit einem Zinsvorteil von mindestens 1,5 Prozentpunkten gegenüber Euro und US-Dollar eingegangen und eine Short-Position in den Währungen, deren Zinsnachteil mehr als 1,5 Prozentpunkte zum Euro und US-Dollar beträgt.Faktisch kommen für eine Short-Position nur der Yen und der Franken in Frage. Alle identifizierten Währungen werden gegenüber den beiden Referenzwährungen Euro und US-Dollar gleich gewichtet. Umgesetzt wird diese Strategie mittels Devisentermingeschäften mit einer Ursprungslaufzeit von sechs Monaten. Derzeit gibt es in diesem streng regelbasierten Prozess gegenüber dem Euro in folgenden Währungen “Long”-Positionen: australischer und neuseeländischer Dollar, mexikanischer Peso, südafrikanischer Rand, türkische Lira, polnischer Zloty und rumänischer Leu.Gegenüber dem US-Dollar bestehen “Long”-Positionen in den gleichen Währungen mit Ausnahme des rumänischen Leu. Der mit den genannten Währungen am 11. Juli 2014 festgeschriebene Carry beträgt 4,02 % per annum. Risiken einzelner Währungen werden durch die Gleichgewichtung der Einzelwährungen und damit die Diversifikation des Index aufgefangen. Monatliche StressanalysenDarüber hinaus wird anhand eines eigenen Risikoindikators versucht, Phasen des allgemeinen Marktstresses zu identifizieren. In diesen Stressphasen werden alle Positionen in den einzelnen Währungspaaren glattgestellt. Erst wenn der Indikator wieder normale Marktphasen signalisiert, werden die Devisentermingeschäfte neu eröffnet.In diese Stressanalysen, die monatlich durchgeführt werden, fließen insbesondere Volatilitätskennzahlen der Währungs-, Rohstoff- und Aktienmärkte ein. Dieser in das Indexkonzept integrierte Risikoindikator führt zu einem deutlich verbesserten Draw-down-Verhalten des Index und reduziert damit auch die Volatilität des Fonds LBBW Devisen 1. In diesem Fonds, der am 14. März 2014 als richtlinienkonformer Publikumsfonds nach deutschem Recht aufgelegt wurde, wird die Wertentwicklung des LBBW FX Carry Index über einen Total-Return-Swap abgebildet.Wie sieht die historische Performance des LBBW FX Carry Index aus? Der Index weist seit Anfang 1999 bis zum 30. September 2014 eine Performance von 5,19 % p.a. bei einer Volatilität von 6,01 % auf. Interessant ist, dass bei einer Betrachtung von rollierenden Zeiträumen die p. a.-Performance in einem rollierenden 60-Monats-Zeitraum auf 5,8 % ansteigt. Man muss dabei konzedieren, dass eine auf Carry Trades basierende Strategie nicht in jedem Jahr eine positive Wertentwicklung garantieren kann, aber insgesamt ein attraktives Chance-Risiko-Profil bietet.Dies veranschaulicht auch die Grafik, die den LBBW FX Carry Index zeigt im Vergleich zu zwei reinen Kursindizes, die die Entwicklung der Kassakurse der 15 Währungen aus unserem Währungsuniversum indexiert gegen den Euro und den US-Dollar abbilden. Die beiden Kursindizes berücksichtigen im Unterschied zum LBBW FX Carry Index weder Carry noch die Signale des Risikoindikators und weisen entsprechend nur eine geringe Wertentwicklung auf.Die Turbulenzen an den Finanzmärkten in den vergangenen Wochen im Zusammenhang mit den geopolitischen Krisen und der gestiegenen Risikoaversion haben dazu geführt, dass der Risikoindikator seit Anfang August 2014 über 1 notiert und damit sämtliche Positionen seither glattgestellt sind. Dadurch blieb der Index unverändert bei 135,18 während er ohne dessen Berücksichtigung zum Stichtag 30. September 2014 ca. 2,2 % tiefer notiert hätte. KorrelationseigenschaftenVon Bedeutung für einen Anleger sind darüber hinaus die Korrelationseigenschaften eines Index. Der LBBW FX Carry Index war in dem Zeitfenster von 1999 bis Ende 2013 zum REX-Index und auch zum BofA ML Index für Corporate Bonds (ENOO) mit minus 0,13 beziehungsweise minus 0,05 leicht negativ korreliert. Spätestens seit der Finanzmarktkrise weiß man jedoch, dass Korrelationen nicht konstant sind. Daher wurde auch die über einen rollierenden Zwei-Jahres-Zeitraum beobachtbare Korrelation zu den genannten Rentenindizes analysiert. Es zeigt sich, dass mit Ausnahme einer Phase von 2003 bis 2007, in der die rollierende Zwei-Jahres-Korrelation leicht positiv war, sich diese mit dem REX-Index ansonsten zwischen minus 0,35 und 0 bewegte.—Von Gernot Griebling, Leiter Fixed Income & Alternative Investments der LBBW Asset Management