IM INTERVIEW: JEAN-LOUIS MONNIER, SWISS RE

Cat Bonds drohen heftige Verluste

Spartenchef schätzt Marktschaden nach "Irma" auf bis zu 3 Mrd. Dollar - Kapital an der Seitenlinie

Cat Bonds drohen heftige Verluste

Investoren und Versicherer blicken nach Hurrikan “Irma” gespannt auf den Cat-Bond-Markt. Die Sorge ist groß, dass angesichts der starken Konzentration auf Risiken in Florida das Segment empfindlich getroffen worden sein könnte. Jean-Louis Monnier, Chef der Sparte Versicherungsverbriefungen bei der Swiss Re, gibt eine erste Einschätzung. Die Swiss Re gehört seit Jahren zu den agilsten Marktteilnehmern.- Herr Monnier, hat “Irma” das Zeug, den Cat-Bond-Markt grundlegend zu verändern?Der Cat-Bond-Markt ist stark auf Hurrikan-Risiken in Florida konzentriert. “Irma” wird Verluste bringen und wir werden einen Effekt sehen, was die Preise angeht. “Irma” ist für den Markt mit seinen sehr professionellen Teilnehmern jedoch keine echte Überraschung. Ein starker Hurrikan in Florida war immer eine reale Bedrohung. Darum gibt es ja gerade so ein starkes Exposure dort und die Nachfrage nach Katastrophendeckungen.- Wie groß werden die Verluste am Cat-Bond-Markt sein?Ungefähr 45 % der ausstehenden Bonds haben Hurrikan-Risiken in Florida in ihrer Deckung. Stand letzten Freitag haben wir den Marktverlust auf etwa 3 Mrd. Dollar geschätzt. Es ist möglich, dass er kleiner ausfallen wird aufgrund des Verlaufs von Hurrikan “Irma”. Bis wir verlässliche Zahlen haben, wird es noch einige Wochen dauern.- Welchen Preiseffekt erwarten Sie durch “Irma”?Das ist aktuell noch schwer zu sagen. Ein gutes Indiz ist der Swiss Re Global Cat Bond Index, den wir wöchentlich ermitteln. Am vergangenen Freitag verzeichnete er ein Minus von 15 %. Der fokussiertere US-Wind-Index ist um 28 % gefallen.- Wie werden die Investoren auf die jüngsten Ereignisse reagieren?Die Investoren sind sich der Risiken bewusst. Es könnte zwar einige geben, die den Markt verlassen, aber es steht auch viel Kapital an der Seitenlinie, das bereit wäre, einzusteigen, vorausgesetzt, dass sich die Renditen erhöhen.- Werden die derzeitigen Entwicklungen die Strategie der Swiss Re in Sachen Cat Bonds ändern?”Irma” verändert unseren Ansatz nicht. Wir verbriefen sowohl eigene Risiken als auch die von Dritten. Wir werden unseren Kunden Unterstützung und Service bieten wie bisher.- Wird “Irma” ein Treiber für die langerwartete Diversifikation bei verbrieften Versicherungsrisiken sein? Werden künftig stärker unterschiedliche Arten von Risiken an den Kapitalmarkt transferiert?Nein. Der Fokus auf Naturkatastrophendeckungen wird bleiben. Und die USA sind nun einmal exponiert, was die Gefahr solcher Ereignisse, aber auch der bestehenden Werte dort angeht. Die Kapitalanforderungen für die Deckung von solchen hohen Risiken sind für die Versicherer sehr hoch. Das ist ein wichtiger Grund, warum Spitzenrisiken gerne an den Kapitalmarkt transferiert werden.- Erwarten Sie trotzdem weitere Formen von Risiken, die sich für Bondemissionen eignen? Es hat in der Vergangenheit ja zum Beispiel auch schon einzelne Projekte mit Autoversicherungen oder operationale Bankrisiken gegeben.Ich könnte mir vorstellen, dass es irgendwann Sinn machen könnte, Cyberdeckungen zu verbriefen. Hier zeichnen sich Kumulrisiken ab und es könnte sinnvoll sein, diese noch stärker zu verteilen und den Kapitalmarkt einzubeziehen.- Rechnen Sie damit, dass eine weitere Standardisierung der Transaktionen den Markt für mittelgroße Versicherer als Sponsoren öffnen könnte? Bislang sind ja vor allem die ganz großen Konzerne aktiv.Man braucht eine gewisse Größe, um einen Bond zu emittieren. Bisher macht ein Bond mit weniger als 100 Mill. Dollar nicht so viel Sinn. Die Branche arbeitet an mehr Standardisierung bei den Bedingungen oder den rechtlichen Fragen. Der Schwellenwert für eine Anleihe könnte sich so senken lassen.- Welche mittelfristige Perspektive hat der Cat-Bond-Markt?Nach einer gewissen Stagnation in den vergangenen zwei, drei Jahren sind die Neuemissionen 2017 bislang sehr stark gewesen. Ich glaube, dass sich das fortsetzen wird. Cat Bonds werden am Markt für alternatives Risikokapital wieder mehr Gewicht erlangen. Zuletzt lag der Fokus stark auf Collateralized Reinsurance. Diese privaten Transaktionen von Investoren mit Versicherern sind jedoch sehr illiquide. Die Investoren fragen jetzt wieder mehr handelbare Papiere nach.- Welche Volumina erwarten Sie?Wir dürften in den kommenden drei Jahren Neuemissionen von jährlich 10 bis 12 Mrd. Dollar bei Cat Bonds erleben. Das würde zu einem ausstehenden Kapital von 30 bis 40 Mrd. Dollar im Vergleich zu 25 Mrd. Dollar heute führen. Zusammen mit Collateralized Reinsurance könnte der Markt bis 2020 etwa 100 Mrd. Dollar erreichen. Aber das ist nur eine grobe Schätzung.—-Das Interview führte Antje Kullrich, zzt. Monte Carlo.