SERIE: NACHHALTIGKEIT IM FINANZSEKTOR (TEIL 20) - DER FINANZSEKTOR WIRD GRÜNER

China mausert sich zum grünen Riesen

Peking legt immer größeren Wert auf umweltpolitisch saubere Finanzierungen - Chinesische Banken emittieren Green Bonds im großen Stil

China mausert sich zum grünen Riesen

Von Norbert Hellmann, SchanghaiChinas staatliche Großbanken werden im großen Stil dazu angehalten grüne Finanzierungen zu forcieren, um die umweltpolitische Agenda der Regierung zu begleiten. Der Ausstieg aus dem “schmutzigen Wachstum” ist seit dem großen Parteitag vom Herbst 2017 erst recht zu einem beherrschenden Leitmotiv der wirtschaftspolitischen Steuerung im Reich der Mitte geworden. China steht vor großen Umbrüchen in der Ummodelung eines Industrialisierungskonzepts, das zu lange ohne Rücksicht auf Umweltschutzbelange und Ressourcenschonung vorangetrieben wurde. Die laufenden Bemühungen zum Abbau von Überkapazitäten in besonders verschmutzenden Schwerindustriesektoren gehen allerdings mit Anpassungsschmerzen einher, insbesondere auch in Verbindung mit der laufenden Finanzstabilitätskampagne. Die Restrukturierung im Schwerindustriesektor wird einen erheblichen Umschuldungsbedarf zeitigen, wenn die betroffenen Unternehmen ihren Finanzierungszugang etwa über Schattenbankfinanzierungen beschränkt sehen, so dass die chinesischen Geschäftsbanken verstärkt mit sogenannten Debt for Equity Swaps einspringen dürften. Riesiger ProjektbedarfDemgegenüber eröffnen sich für Chinas Banken erhebliche Perspektiven, mit dem Segen Pekings grüne Finanzierungen loszutreten, die das Kreditwachstum mit einer neuen Stoßrichtung hochhalten sollen. Der Bedarf an Investments in Klimaschutztechnik, Wasser- Wind- und Solarkraft, Konversionsprojekten zur Umstellung von Kohle auf Erdgas als Energieträger und Wohnungsbauprogrammen mit Fokus auf grüner Gebäudetechnik steckt ein breites Spektrum von Investmentgelegenheiten ab. Bis 2020 werden chinesische Investitionen in Sektoren mit dezidierten Nachhaltigkeitsaspekten wie neue Energien, Recycling, Elektromobilität und “Green Transport”, Schadstoffemissionskontrolle und Klimaschutzprojekte auf eine gewaltige Summe von umgerechnet 2,2 Bill. Dollar veranschlagt. Chinas Finanzmarktreformer sind erst einigermaßen spät zur Dekadenmitte “aufgewacht”, um neue Voraussetzungen zu schaffen, die eine kapitalmarktgestützte Begleitung von solchen grünen Initiativen erlauben sollen. Als zur chinesischen Präsidentschaft in der G 20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer 2016 Green-Finance-Initiativen prominent auf die Agenda gehoben wurden, galt es auch für Chinas Finanzindustrie mit gutem Beispiel voranzugehen. Prompt ist alles sehr schnell gegangen, was sich an einem furiosen Wachstum von umweltfokussierten Finanzierungsmodellen, allen voran den sogenannten Green Bonds, festmachen lässt. Nachdem Chinas Zentralbank und die für Genehmigungen von Bondemissionen zuständige Wirtschaftsplanungsbehörde National Development and Reform Commission Ende 2015 in Abstimmung mit internationalen Bondmarktverbänden Richtlinien für heimische und internationale Begebungen chinesischer Emittenten festzurrte, ist man rasch in Bewegung gekommen. Den Auftakt machte 2015 eine vielgefeierte Emission der Agricultural Bank of China (ABC) an der London Stock Exchange, danach sind zahlreiche chinesische Kreditinstitute auf den fahrenden Zug aufgesprungen. 2016 liefen chinesische Green Bonds im Volumen von über 33 Mrd. Dollar (rund 26 Mrd. Euro) vom Stapel, damit kamen die chinesischen Emittenten bereits im ersten Jahr auf einen Anteil am globalen Emissionsvolumen in dieser Bondkategorie von gut 40 %. Im vergangenen Jahr hat man dann allerdings zunächst eine Zäsur erlebt, nachdem die Finanzstabilitätskampagne der chinesischen Zentralbank für insgesamt angespannte Liquiditätsbedingungen und eine höhere Zinsvolatilität an den chinesischen Geld- und Anleihemärkten gesorgt hatte. Die anfängliche Zurückhaltung ist jedoch insofern kompensiert worden, als der Emittentenkreis für chinesische Green Bonds auch auf Finanzierungsvehikel von chinesischen Gebietskörperschaften und den verantwortlichen Trägern für eine Reihe von chinesischen Pilotprojektzonen in Sachen Green Finance erweitert wurde. 2017 kam man noch auf gut 31 Mrd. Dollar an chinesischen Green-Bond-Emissionen, allerdings hat sich der Anteil am weltweiten Aufkommen in dieser Anleihekategorie auf knapp ein Viertel reduziert. Nach der ersten Begeisterungswelle gibt es nun Diskussionen in China über eine Vertiefung des Marktes, eine stärkere Harmonisierung der Standards über die Kriterien für die Verleihung eines Green-Bond-Labels und nicht die zuletzt die Möglichkeiten von Anreizpaketen zur Anregung des Emissionsvolumens. Bei den Banken kommen dabei Wünsche auf, die in Richtung von Zinssubventionen oder auch Haftungsgarantien durch staatliche Träger gehen. Was die Harmonisierung von chinesischen Leitlinien für Green Bonds mit internationalen Standards angeht, sind noch weitere Anstrengungen erforderlich, betonen Experten wie der Leiter des Center for Finance and Development am National Institute for Financial Research der Tsinghua-Universität, Ma Jun. Schließlich ist dies eine wichtige Voraussetzung, um chinesische Green-Bond-Emissionen auch internationalen Anlegerkreisen schmackhafter zu machen. Solche Pläne fügen sich in die Bestrebungen der chinesischen Finanzmarktplaner zur sukzessiven Öffnung der heimischen Anleihemärkte für ausländisches Kapital und der Ausweitung von Emissionen in Fremdwährung auf Auslandsmärkten. China muss verstärkt mit ausländischen Instanzen zusammenarbeiten, um ausländische Investorengruppen für chinesische Green-Bond-Emissionen zu mobilisieren, betont auch der Asien-Pazifik-Direktor der International Capital Market Association (ICMA), Ricco Zhang. In jedem Fall gehen die Experten davon aus, dass die bislang auf den heimischen Markt fokussierten Green-Bond-Emittenten stärker auf internationale Emissionen setzen werden. Auch am Finanzplatz Frankfurt gibt es dafür Anknüpfungspunkte. Dort empfiehlt sich die China Europe International Exchange (Ceinex) – ein Joint Venture von Deutscher Börse, der Shanghai Stock Exchange (SSE) und der China Financial Future Exchange (CFFE) – als Andockstelle für chinabezogene Investmentprodukte im Offshoremarkt. Ende 2017 wurde ein Zeichen gesetzt, als Chinas Förderbankriese China Development Bank (CDB) an der Ceinex seine erste internationale grüne Anleihe platzierte. Die Anleger im Westen sind hellhörig geworden, denn mit Auftakt der CDB als weltgrößter Förderbank kann man davon ausgehen, dass chinesische Green-Finance-Aktivitäten nun verstärkt Kurs auf die Offshoremärkte nehmen werden. —-Zuletzt erschienen:- Vorsorgekassen als Initiatoren (10. Februar)