China schränkt Schattenbankfinanzierungen ein
Von Norbert Hellmann, SchanghaiChinesische Großbankenwerte sind gegenwärtig an den Börsen in Schanghai und Hongkong schwer im Kommen. Bei den Marktteilnehmern scheint sich Zuversicht breitzumachen, dass die Finanzstabilitätskampagne der Regierung zumindest den größten Instituten des Landes den Rücken stärken könnte. Zum einen, weil wieder ansteigende Zinsen im Kerngeschäft die Margen stärken, zum anderen, weil sich die Überzeugung breitmacht, dass versteckte Risiken innerhalb und außerhalb der Bilanzen angegangen werden, die das angeknackste Vertrauen in die Assetqualität der chinesischen Kreditwirtschaft zu verbessern hilft.Pekings Wirtschaftslenker und Finanzregulatoren haben sich nach langjährigem Zögern von einer aufsteigenden Konjunkturperformance im vergangenen Jahr dazu ermutigt gefühlt, Finanzsystemrisiken stärker zu thematisieren und auf die Dämpfung von Verschuldungsrelationen im Unternehmens- und Finanzsektor hinzuwirken. Erste Erfolge sind sichtbar. Auch bei Schattenbankfinanzierungen ist das teilweise besorgniserregende Wachstumstempo etwas zurückgegangen (siehe Grafik).Seit dem großen Parteitag im Oktober haben Chinas Finanzregulatoren noch einen Zahn zugelegt und eine ganze Reihe von Initiativen in den Raum gestellt, die in erster Linie darauf zielen, das Dickicht bei der Verquickung von Schattenbankfinanzierungen mit herkömmlichen Kredit- und Investmentaktivitäten zu lichten und regulatorische Schlupflöcher zu stopfen.Chinesische Finanzmarktexperten betonen, dass die Banken bereits auf den politischen Klimawandel zu reagieren beginnen und vorsichtiger mit sogenannten Wealth Management Products (WMP) umgehen. Bei dieser breiten Kategorie von Vehikeln werden Assets und Kredite aus der Bilanz ausgelagert und als Investmentprodukte verpackt. Die WMP werden, oft in Zusammenarbeit mit den Trust Companies als wichtigsten Playern in Chinas Schattenbankmarkt, aber auch Versicherungsgesellschaften und Brokerfirmen, an Investoren und Sparer als höher verzinsliche Alternative zu herkömmlichen Bankeinlagen vermittelt. Regulatoren machen ernstIm Herbst hat die Zentralbank eine Grundsatzoffensive verkündet, die darauf hinauslaufen soll, dass die den Anlegern zumindest implizit gewährten Garantien für die meist kurzlaufenden Produkte aufgegeben werden müssen und eine wesentlich transparentere Offenlegung der Investmentrisiken mit solchen Produkten geboten werden muss. Obwohl die neuen Spielregeln erst im kommenden Jahr in Kraft treten sollen, macht sich bereits ein Stimmungswandel in der Branche bemerkbar. Die Party scheint zu Ende zu gehen.Die Regulatoren haben einiges Drohpotenzial entfacht und setzen zudem an verschiedenen Stellen die Hebel an. Zum einen ist man den Brokern und Wertpapierfirmen aufs Dach gestiegen, eigens um Praktiken des Leveraged Bond Trading zu unterbinden, die einen wesentlichen Faktor darstellen, um das Geschäft mit WMP und ihren zugrundeliegenden Wertpapieren in Schwung zu halten. Zum anderen werden Chinas Versicherungsfirmen, die sich mit schwungvollen Anlagepraktiken oft bei Lokalregierungen und deren Finanzierungsvehikeln engagieren, nun an die Leine genommen. Neue Regeln sollen verhindern, dass sie Investments tätigen, die eigentlich einer versteckten Kreditgewährung an Schuldner im öffentlich-rechtlichen Sektor ähneln und dabei ebenfalls impliziten Garantien unterliegen.Auch Chinas Investment Trusts sehen sich nun gezwungen, vorsichtiger zu agieren, wenn sie neue Produkte auflegen, die mit Krediten an Schuldner mit schwacher Bonität unterlegt sind. Seit Jahresbeginn sollen dem Branchendatenanbieter Use Trust zufolge nur noch etwa 250 neue Vehikel aufgelegt worden sein, während es im Januar vergangenen Jahres etwa dreimal so viele waren.Neueste Angriffsstelle für Chinas Finanzregulatoren sind nun die sogenannten Entrusted Loans, eine besondere Spielart von Schattenbankfinanzierungen, bei denen Unternehmen unter Einschaltung von Banken untereinander Kredite vergeben. Dabei gewähren Firmen mit hohen Überschussguthaben – oft sind dies auch große Staatsunternehmen im Rohstoff- und Schwerindustriesektor – hoch verzinsliche Kredite an Adressen mit schlechtem Bonitätsprofil oder eingeschränktem Zugang zu herkömmlichen Bankkanälen.Ein besonderer Dorn im Auge der Regulatoren ist dabei die weit verbreitete Praxis, dass Unternehmen Mittel bei Banken aufnehmen und zu höheren Zinsen an klamme Firmen ausreichen. Einer neuen Verordnung der China Banking Regulatory Commission (CBRC) zufolge dürfen die Banken künftig nur noch als reine Intermediäre fungieren und nicht wie bislang die Mittelvergaben ihrer Unternehmenskunde selbst steuern und dabei mit Garantien für mögliche Ausfälle einspringen.Auch sollen die Banken sicherstellen, dass von ihnen arrangierte Entrusted Loans von den Schuldnern nicht dazu verwendet werden, ihrerseits spekulative Engagements an Wertpapiermärkten einzugehen, wie dies bislang oft der Fall war. Bisher haben die Banken bei diesen Geschäften die von ihnen getragenen Risiken nicht in der Bilanz aufgeführt, so dass sie auch nicht in die Berechnung von regulatorischen Kapitalquoten eingegangen sind. Transparenz wird belohntMit den neuen Beschränkungen dürfte das auf ein gewaltiges Volumen von rund 14 Bill. Yuan (1,8 Bill. Euro) veranschlagte Geschäft mit Entrusted Loans deutlich zurückgehen, betonen Analysten. Die Geschäftsbanken könnten somit zwar eine lukrative Partizipation am Schattenbankgeschäft verlieren, weil sie künftig nur noch Provisionen für das Arrangieren von Entrusted Loans einnehmen werden. An den Börsen allerdings ist es zu positiven Reaktionen auf die Avancen der Regulatoren gekommen, weil mehr Transparenz in der Assetqualität von heimischen Kreditinstituten gegenwärtig einen höheren Stellenwert hat als das Erzielen von Erträgen aus riskanten Schattenbankgeschäften.