China stresst die Banken

Notenbank bescheinigt Instituten hohe Krisenfestigkeit - Eigenkapitalaufbau wird dennoch zum Thema

China stresst die Banken

Die chinesischen Banken trotzen der Belastungsprobe durch die Zentralbank: Ihre Kapitalpuffer gelten als ausreichend für schlechte Zeiten.Von Norbert Hellmann, SchanghaiChinas Bankensystem weist genügend Kapitalreserven auf, um auch einen sprunghaften Anstieg von Kreditausfällen im Zuge eines heftigen Konjunkturabschwungs abfedern zu können. Dies hat ein von der chinesischen Zentralbank veranlasster “Stresstest” gezeigt. Die Ergebnisse der Belastungsprobe für die Kapitaldecke der als “systemrelevant” eingestuften Institute zeigen, dass die Qualität der Aktiva und die Kapitaladäquanz der chinesischen Geschäftsbanken “relativ hoch” sind, wie es im neuen, jährlich erscheinenden Finanzstabilitätsbericht der People’s Bank of China (PBOC) heißt.Das zum Jahresende 2013 durchgeführte Exerzitium stellt zwar nicht den ersten Bankenstresstest im Reich der Mitte dar, doch spürt man derzeit eine gewisse Dringlichkeit in der Abschätzung der Belastbarkeit des praktisch durchweg staatskontrollierten chinesischen Bankwesens. Im Zuge einer hartnäckigen Konjunkturabkühlung sowie der Nachwehen einer nach der globalen Finanzkrise losgetretenen Kreditvergabeorgie gibt es mannigfaltige Anzeichen für Finanzstabilitätsgefahren im Reich der Mitte. Zuletzt wurden sie durch erstmalige Zahlungsausfälle bei heimischen Unternehmensanleihen sowie Probleme bei der Bedienung der von Schattenbanken aufgelegten Investmentprodukte akzentuiert.Binnen weniger Jahre ist die Verschuldung im Unternehmens- und Finanzsektor sowie bei kredithungrigen lokalen Gebietskörperschaften nach einschlägigen Schätzungen von Analysten und Ratingagenturen auf über 200 % des Bruttoinlandsprodukts hochgeschnellt, was als eine nach internationalen Maßstäben kritische Grenze angesehen wird.Die jüngsten Geschäftsergebnisse der chinesischen Banken für das Jahresende 2013 und nunmehr auch das erste Quartal zeigen zwar verminderte, aber noch immer solide Gewinnanstiege im Bankensektor, jedoch weisen die Institute durchweg höheren Kreditrisikovorsorgebedarf und ein Anschwellen des Bestands an notleidenden Krediten aus. Der von der Zentralbank veranlasste Stresstest bezieht sich auf insgesamt 17 chinesische Geschäftsbanken, die von den Regulatoren als systemrisikorelevant eingestuft werden und die für gut 60 % der Aktiva im chinesischen Bankensystem stehen. Allerdings gehen Experten davon aus, dass sich die Bonitätsproblematik im chinesischen Finanzsystem eher bei den Aberhunderten von kleineren regionalen Geschäftsbanken und ländlichen Kreditinstituten als substanzgefährdend erweisen wird. Drei harte SzenarienFür die 17 Großbanken hingegen scheint sich auch bei Annahme von widrigen Marktkonstellationen keine sonderlich alarmierende Erosion der Kapitaldecke und Risikotragfähigkeit abzuzeichnen. Nach Angaben der Zentralbank wurden bei Tests mit drei unterschiedlich harten Stressszenarien Extrembedingungen wie etwa ein Anstieg des Volumens der nichtbedienten Kredite um 400 %, ein heftiger Anstieg von Bondrenditen und Zinsraten, Krediten und Einlagen über 2,5 Prozentpunkte, hohe Fluktuationen beim Außenwert der Landeswährung Yuan und ein konjunkturelles Schreckensszenario mit einem Rückgang des chinesischen BIP-Wachstums (von zuletzt 7,4 % im ersten Quartal) auf bis zu 4 % simuliert.Auch im härtesten Szenario soll die Kapitaladäquanzquote der getesteten chinesischen Großbanken, die gegenwärtig im Durchschnitt bei etwa 12 % liegt, nicht unter 10,5 % gefallen sein. Das Basel III genannte Regelwerk für internationale Eigenkapitalstandards sieht ab 2019 ohne Zuschläge für systemrelevante Institute eine Gesamtkapitalquote von mindestens 10,5 % vor. Die Vorgabe für die enger gefasste Kernkapitalquote (Aktien- bzw. Stammkapital und einbehaltene Gewinne) liegt bei 7,0 %. Die chinesischen Regulatoren achten allerdings darauf, dass die zukunftsgerichteten Vorgaben im von ihnen adoptierten Baseler Regelwerk auch aktuell schon eingehalten werden. Analysten gehen allerdings davon aus, dass es im Zuge erhöhter Kreditausfälle in den kommenden Jahren zu einer Eigenmittelunterdeckung kommen wird, welche die chinesischen Großbanken zu Kapitalerhöhungsrunden zwingen wird. Einen Vorgeschmack darauf haben bereits Bank of Beijing und Shanghai Pudong Development Bank gegeben, die kürzlich Pläne zum Anzapfen ihrer Aktionäre über geplante Kapitalaufnahmen in Höhe von umgerechnet jeweils rund 3 Mrd. Euro ankündigten. Den zehn größten Banken im Reich der Mitte wiederum wird im Rahmen eines Pilotprojekts erstmals die Möglichkeit eingeräumt, eine Auffüllung des regulatorischen Eigenkapitals mit Vorzugsaktien zu bewältigen.Im Stresstest der chinesischen Zentralbank sind auch Baseler Szenarien für Liquiditätsquoten geprüft worden, dabei sollen drei Institute die Vorgaben unter Extrembedingungen nicht erreicht haben. Die Währungshüter machen allerdings keine Angaben zu den betroffenen Adressen und haben auch keine Einzelergebnisse veröffentlicht. Optimistische PrüfkriterienSeitens chinesischer Analysten werden die Ergebnisse des Test insgesamt zwar als ermutigend bezeichnet, es werden allerdings auch Bedenken geäußert, was die Stringenz der Prüfungskriterien angeht. So gibt es unter anderem Zweifel daran, ob dynamische Prozesse, die in konjunkturellen Abschwungphasen zu einer raschen Risikoakkumulierung führen können, ausreichend berücksichtigt sind.Eine scharfe Einkürzung des Wirtschaftswachstums beispielsweise ist in der Regel mit hohen Beschäftigungsverlusten verbunden, die wiederum zu Kreditausfällen seitens privater Hypothekenkreditnehmer führen können. Gleichzeitig befürchten Kritiker, dass bei den getesteten Steigerungsraten bei den Kreditausfällen von einer zu niedrigen Basis ausgegangen wird, da zahlreiche Kreditinstitute durch die Weiterwälzung beziehungsweise Wiedererneuerung von Krediten bonitätsschwachen Kunden neue Mittel zur Verfügung stellen, mit denen diese Altkredite bedienen können, die sonst als notleidend eingestuft werden müssten.