Chinas Aufseher rüffeln Großbanken

Rohstoff-Futures sind für Retail-Produkte nun tabu

Chinas Aufseher rüffeln Großbanken

nh Schanghai – Chinas Finanzregulator hat den Geschäftsbanken des Landes mit sofortiger Wirkung untersagt, neue auf Rohstofftermingeschäften fußende Anlageprodukte an Retail-Kunden zu vertreiben. Damit werden künftig keine etwa auf Rohöl-, Erdgas-, Kupfer- oder Sojabohnen-Futures basierenden strukturierten Einlagenprodukte mehr angeboten. In den vergangenen Tagen hat es einigen Wirbel in der Bankenszene gegeben, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sich zahlreiche Kleinanleger im Reich der Mitte mit auf Rohöl-Futures bezogenen Vermögensanlageprodukten die Finger verbrannt haben. An Strukturierungen gewöhntChinesische Kleinanleger sind das Investment in strukturierte Anlageprodukte gewöhnt, die als höher verzinsliches Substitut für herkömmliche Spareinlagen schon seit Jahren im Land breit vertrieben werden. Eher neueren Datums sind allerdings sogenannte Wealth Management Products (WMP). Diese sind angesichts ihrer Koppelung an Rohstoff-Future-Kontrakte zwar hochspekulativer Natur, wurden dem Vernehmen nach jedoch als relativ sichere Wertanlage von den Banken vermarktet. Tückischer “Erdölschatz”Besonders im Fokus steht dabei die Bank of China (BOC), die ein Yuan You Bao (Erdölschatz) genanntes strukturiertes Anlageprodukt äußerst aggressiv und erfolgreich vermarktet hat. Es handelt sich um sogenannte Open-Loss-Produkte, die bei besonders ungünstigen Schwankungen von Ölpreisen die Kunden zu unbegrenzten Nachschüssen zwingen können.Die Anleger sind in die Misere geraten, nachdem in den vergangenen Wochen die Ölpreise auf dem Weltmarkt historische Tiefstände erreicht hatten. So kam es unlängst zur historisch einmaligen Sondersituation, dass Ölkontrakte auf die US-Benchmark Western Texas Intermediate (WTI) mit Negativpreisen von bis zu 37,6 Dollar je Barrel Rohöl aufwarteten. Dies wiederum bedeutet, dass Kunden mit Long-Positionen auf Öl den Negativpreis de facto mit eigenen Mitteln ausgleichen müssen.Die chinesischen Anleger sind dabei besonders wütend auf die BOC, weil diese nicht den üblicherweise stattfindenden quartalsweisen Rollover von Terminkontrakten veranlasste, sondern die Titel zu dem Negativpreis glattstellte. Nach Informationen des Wirtschaftsmagazins “Caixin” haben allein die bei BOC-Ölprodukten engagierten chinesischen Privatanleger Verluste in einer Größenordnung von insgesamt mindestens 9 Mrd. Yuan (knapp 1,2 Mrd. Euro erlitten). Dabei sollen sich etwa 3,8 Mrd. Yuan auf den eigentlichen Verlust der Anlagesumme beziehen, während über 5 Mrd. Yuan auf noch ausstehende Nachforderungen nach dem Settlement der Kontrakte entfallen.Bei anderen chinesischen Großbanken wie dem Marktführer ICBC ist das Fiasko aus Kundensicht bislang milder ausgefallen, weil die Kontrakte weitergewälzt wurden, so dass es noch nicht zu einer Realisierung der Verluste aus dem Negativpreis für die WTI-Benchmark gekommen ist. Eine Frage der Entschädigung Die BOC beteuert zwar, man habe die Kunden über Risiken dieser Anlageprodukte aufgeklärt. Gleichzeitig hat sich das Institut allerdings für die missliche Situation bei seinen Kunden entschuldigt. Offen bleibt dabei noch, ob BOC Entschädigungen leisten wird. Bislang hat BOC nur versichert, dass man alles daransetzen werde, die Interessen der Kunden zu schützen.