Fondsmarkt in Fernost

Chinas Wertpapieraufsicht schreibt Fondsbranche Auflage von Aktienfonds vor

Pekings Bemühen, den schwachen Aktienmarkt umzudrehen, nehmen immer seltsamere Formen an. Seit neuestem verdonnert die Wertpapieraufsicht Fondsgesellschaften dazu, primär Aktien- statt Rentenfonds aufzulegen.

Chinas Wertpapieraufsicht schreibt Fondsbranche Auflage von Aktienfonds vor

Favorisierung der Aktienanlage auf Pekinger Art

Wertpapieraufsicht schreibt Fondsbranche die Auflage von Aktienfonds vor – Kampagne zur Aufhellung des Börsenklimas

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Pekings Bemühungen, den schwachen Aktienmarkttrend umzudrehen, nehmen immer seltsamere Formen an. Seit neuestem verdonnert die Wertpapieraufsicht Fondsgesellschaften dazu, primär Aktien- statt Rentenfonds aufzulegen.

Die Sorgen der chinesischen Regierung um den Aktienmarkt rufen den Wertpapierregulator China Securities Regulatory Commission (CSRC) auf den Plan. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters nimmt sich die Finanzaufsicht große Publikumsfondsgesellschaften vor, um ihre Produktvermarktungsstrategie stärker auf Linie mit Pekinger Vorstellungen zu bringen. Kleinanleger, die sich angesichts der bereits mehrjährigen Baisse an Chinas Börsen immer stärker aus Aktien zurückziehen, sollen so zu einem neuen Anlauf ermutigt werden.

Die jüngste Facette zur Förderung des Aktienmarktes führt nun dazu, dass der CSRC Druck auf staatliche Fondsgesellschaften ausübt, die Neuauflage von Aktienfonds zu fördern. Im Gegenzug könnten sich die Gesellschaften mit Auflage und Vermarktung von Geldmarktfonds und Rentenfonds zurückhalten.

Das Einwirken der CSRC beschränkt sich nicht auf das Formulieren einer gewünschten Stoßrichtung. Die Behörde macht stattdessen konkrete Vorgaben: Dabei macht sich der Regulator seine Autorisierungsrolle für die Zulassung von neuen Fondsvehikeln zunutze.

Bizarre Quotenregel

Dem Vernehmen nach ist es zur Formulierung einer Art Quotenregel gekommen. Sie läuft darauf hinaus, dass Anbieter neue Anleihefonds nur dann genehmigt bekommen, wenn sie zuvor eine Reihe von Aktienprodukten lanciert haben.

Offenbar geht es Peking darum, einen rückläufigen Trend umzukehren: Im vergangenen Jahr wurden chinaweit 334 neue Aktienfonds lanciert, das bedeutet einen Rückgang um 22% im Vergleich zum Jahr 2022 und um 50% im Vergleich zum Jahr 2021. Die über Aktienfonds eingeworbenen Mittel beliefen sich im Jahr 2023 auf etwa 138 Mrd. Yuan (17,7 Mrd. Euro). Das wiederum ist ein klägliches Ergebnis für den riesigen Markt und bedeutet einen Rückgang von 40% gegenüber Vorjahr und fast 90% gegenüber dem Aufkommen im Jahr 2021.

Bisher spielen Aktienfonds in dem noch jungen Fondsmarkt nur eine Nebenrolle: Anders als in Europa oder den USA, wo Aktienfonds auf rund ein Drittel oder mehr als die Hälfte des gesamten Marktvolumens kommen, entfällt nur ein Neuntel der chinesischen Fondsvermögen auf reine Aktienvehikel. Stattdessen dominieren zinsnahe Sparprodukte.

Börsenaufhellung mit der Brechstange

Dass die Wertpapieraufsicht versucht, eine Allokation zwischen Aktien und Anleihen mit Druck auf Fondsanbieter in gewünschte Bahnen zu lenken, mag eigentümlich wirken. Es ist aber nur eines von vielen Beispielen für diverse Versuche chinesischer Behörden, eine Aufhellung des Börsenklimas künstlich herbeizuführen. Seit Jahresmitte 2023 versucht China weitgehend erfolglos, mit staatlichen Maßnahmen den Börsentrend zu beeinflussen.

Die Palette reicht von der Halbierung der Stempelsteuer auf Börsentransaktionen, der Lockerung der Regeln für kreditfinanzierte und hebelbasierte Aktiengeschäfte, Paketverkaufsverboten für Großaktionäre bis zur Anhebung der zulässigen Aktienquote in Investmentportefeuilles von Versicherern und Pensionsfonds. Hinzu kam eine von oben verordneten Drosselung von Initial Public Offerings (IPO) zur Schonung der allgemeinen Marktliquidität.

Wehe den Pessimisten

Mittlerweile wirkt der Staatsapparat auch auf Meinungsbildungskanäle ein und bedroht Analysten und Aktienblogger, die Konjunkturpessimismus oder Empfehlungen zum breiten Rückzug aus Aktien verbreiten. Gerade dies erweist sich als kontraproduktiv. Die staatliche Überformung von Marktempfehlungen in Richtung Zwangsoptimismus veranlasst das breite Publikum erst recht zum Misstrauensvotum gegenüber der Aktienanlage.

Von Norbert Hellmann, Schanghai
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