Corona berührt auch Finanzstabilität

Makroprudenzielle Aufseher erwarten Kreditausfälle durch zunehmende Unternehmensinsolvenzen

Corona berührt auch Finanzstabilität

Der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) schaut mit Sorge auf die weitere Entwicklung der Coronakrise. Das Finanzsystem hat bislang gut standgehalten. Zunehmende Unternehmensinsolvenzen in den nächsten Monaten könnten aber auf den Finanzsektor übergreifen und auch die Kreditversorgung einschränken.wf Berlin – Verlässlich abschätzen lassen sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das deutsche Finanzsystem noch nicht, Risiken sind aber durchaus vorhanden. Dieses Fazit zieht der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) in seinem siebten Bericht an den Deutschen Bundestag. Der Bericht wurde Ende März abgeschlossen und gestern veröffentlicht. Im Ausschuss wirken Bundesfinanzministerium, Bundesbank und Finanzaufsicht BaFin zusammen. Sie wachen makroprudenziell über die Finanzstabilität.”Das Finanzsystem und der Bankensektor sind widerstandsfähiger als in der Finanzkrise 2008″, konstatierte Finanzstaatssekretär Jörg Kukies nach der Sitzung des Ausschusses. “Sie können ihre realwirtschaftlichen Funktionen weiterhin erfüllen und sind so Teil der Lösung der realwirtschaftlichen Krise.” In erster Linie betroffen ist von den Folgen des Shutdowns in der Corona-Pandemie laut Bericht der Unternehmenssektor, darunter besonders die Dienstleistungsbranche, die ihre Umsätze nicht nachholen kann. Je länger die Krise anhalte, desto eher drohe die Überschuldung von Unternehmen, schreibt der Ausschuss. Finanzsystem trotzt Pandemie”Bisher hat sich das deutsche Finanzsystem in der Pandemie als stabil erwiesen, auch wegen der umfangreichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen”, erklärte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch. “In den kommenden Monaten dürften Solvenzprobleme der Unternehmen aber zunehmen.” Zahlreiche Insolvenzen könnten signifikante Kreditausfälle nach sich ziehen, schreibt der Ausschuss im Bericht. Reagierten die Banken mangels Verlustragfähigkeit mit einer Bilanzverkürzung, könne die Kreditversorgung der Realwirtschaft leiden und im ungünstigsten Fall das Vertrauen in die Stabilität des Bankensektors verloren gehen.Der Ausschuss wertet die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung als “sehr bedeutend”. Sie stützten die Realwirtschaft und wirkten Unternehmensinsolvenzen sowie möglichen negativen Entwicklungen entgegen. Buch zufolge haben Regierungen und Notenbanken “die Unsicherheit durch ihr entschlossenes Handeln” gesenkt, die Wirtschaft stabilisiert und das Finanzsystem gestützt.BaFin-Präsident Felix Hufeld erwartet Auswirkungen auf den Bankensektor. “Größere Kreditausfälle können durchaus noch auftreten, und ich rechne damit, dass dies in diesem und den kommenden Jahren in mehreren Wellen geschehen wird”, erklärte er nach der Sitzung. Dies gelte besonders, wenn eine zweite Infektionswelle die jüngste Erholung der Wirtschaft wieder zum Erliegen bringe. Die BaFin hatte zu Beginn der Krise die antizyklischen Kapitalpuffer wieder auf 0 % gesenkt, um der Kreditwirtschaft mehr Spielraum zur Bewältigung der Lasten aus der Krise zu geben. Stablecoins auf dem Radar Unter den nicht krisenbedingten Themen befasst sich der Ausschuss mit der Auswirkung von Stablecoins wie Libra auf die Finanzstabilität. Er fordert die Regulierung von Stablecoin-Systemen und stellt sich hinter entsprechende Bestrebungen in der EU. Konstatiert wird, dass Verwundbarkeiten bei Stablecoins besonders aus der Dynamik von Finanzströmen entstehen können. Die Risiken könnten mangels endgültiger Stablecoin-Konzepte aber noch nicht abschließend beurteilt werden.