Credit Suisse schockt mit hohen Verlusten
tl Frankfurt – Die krisengebeutelte Credit Suisse nimmt einen neuen Anlauf, sich von Altlasten zu befreien und ein dauerhaft ertragreiches Geschäftsmodell zu schaffen. Das nimmt nicht wunder, denn das zweite Quartal ist noch schlechter gelaufen als das erste. Dazu passt, dass Konzernchef Thomas Gottstein nach gerade zweieinhalb Jahren Amtszeit gehen muss. Nachfolger ab 1. August wird Ulrich Körner.
Ein neuer Anlauf
Um den Turnaround doch noch zu schaffen, setzt die Bank jetzt zu einer zweiten Überprüfung der Strategie an – nachdem die erste im Vorjahr offenbar nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Die Bank wolle ihre Performance verbessern und ihren Ruf sowie ihre Glaubwürdigkeit wiederherstellen, sagte Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann gestern in einer Telefonkonferenz zur Vorstellung der Quartals- und Halbjahresergebnisse. Der Transformationspfad solle nun beschleunigt werden, auch mit Hilfe der neuen Führung. „Wir wollen eine gesündere, einfachere und effizientere Bank mit nachhaltigen Erträgen werden.“ Lehmann nannte vier Ziele der neuen Strategie: 1. Stärkung des Vermögensverwaltungsgeschäfts, des Universalbankgeschäfts in der Schweiz und des Assetmanagementgeschäfts. 2. Redimensionierung des Investment Banking in Richtung Beratung bei gleichzeitiger Schonung des eingesetzten Kapitals. 3.Prüfung strategischer Optionen für Verbriefungen inklusive einer möglichen Kapitalbeteiligung Dritter. 4. Senkung der absoluten Kapitalbasis von aktuell 16,8 Mrd. sfr auf unter 15,5 Mrd. sfr. Dies soll mittelfristig geschehen, laut CFO David Mathers in etwa drei bis vier Jahren.
Details zur Strategie mit konkreten, zahlenbasierten Zielen soll es am 27. Oktober bei der Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal geben.
Den Konzernverlust im zweiten Quartal von 1,6 Mrd. sfr – in der Vorjahresperiode war es noch ein Gewinn von 253 Mill. sfr – bezeichnete die Bank in ihrer gestrigen Ad-hoc-Mitteilung als „enttäuschend“. Analysten hatten das Minus auf rund 200 Mill. sfr geschätzt. Zentrale Verlustquelle war die Investment Bank mit −860 Mill. Dollar vor Steuern. Der Nettoertrag schrumpfte um 43% auf 1,2 Mrd. Dollar, während der Geschäftsaufwand um 12% zulegte, im Wesentlichen durch Rückstellungen für bedeutende Rechtsstreitigkeiten und Restrukturierungskosten. Ohne diese beiden Positionen wäre der bereinigte Geschäftsaufwand im Vergleich zu 2021 stabil geblieben.
Geschwächelt hat die Bank in erster Linie im Kapitalmarktgeschäft, dessen Erträge um sagenhafte 96% absackten. Verwiesen wird auf den deutlichen Rückgang der Marktaktivität bei Geschäften mit Eigenkapital und gehebelten Finanzprodukten. Letztere belasteten durch die Marktbewertung mit 245 Mill. Dollar. Im Anleihehandel und -verkauf brachen die Erträge um 32% ein, weil in den Schwellenländern weniger gehandelt und finanziert wurde. Außerdem warfen Verbriefungen weniger ab. Die Erträge aus dem Aktienhandel sanken bereinigt um ein Drittel, weil nach dem Verkauf an BNP Paribas das sogenannte Prime-Services-Geschäft (aus dem die Milliardenverluste mit der Finanzfirma Archegos stammen) endgültig abgeschlossen wurde. Fast der einzige Lichtblick war das Beratungsgeschäft, das im zweiten Quartal um 37% zulegte. Um satte 75% zum Vorjahreszeitraum ging der bereinigte Vorsteuergewinn im Assetmanagement auf 31 Mill. sfr zurück – eigentlich eine der Stärken der Credit Suisse. Belastet haben die negative Marktentwicklung und die verringerte Risikobereitschaft der Kundschaft. Beunruhigend erscheinen Netto-Mittelabflüsse von 6,1 Mrd. sfr. Das verwaltete Vermögen ging im Wesentlichen durch Markt- und Wechselkursverluste um 9% auf 427 Mrd. sfr zum Ende des zweiten Quartals zurück.
Noch deutlicher schrumpfte das verwaltete Vermögen in der Paradedisziplin der Credit Suisse, dem Wealth Management. Per Ende Juni betrug es 662 Mrd. sfr und damit 107 Mrd. sfr weniger als ein Jahr zuvor. Auch hier wirkte sich das Marktgeschehen aus, aber auch nicht weiter spezifizierte strukturelle Effekte. Abflüsse gab es v.a. in Europa, während aus dem asiatisch-pazifischen Raum und Amerika Mittel zuflossen. Insgesamt schmolz der Vorsteuergewinn auf bereinigter Basis um sagenhafte 74% auf 114 Mill. sfr zusammen. Auch hier schreibt die Credit Suisse von einer rückläufigen Kundenaktivität, geringerem Volumen mit negativen Ertragsauswirkungen und höheren Kosten.
Wertberichtigt Seite 6
Personen Seite 12
Credit Suisse Group | ||
nach US-GAAP | ||
2. Quartal | ||
in Mill. sfr | 2022 | 2021 |
Nettoertrag | 3645 | 5103 |
Rückstellung Kreditrisiken | 64 | −25 |
Geschäftsaufwand | 4754 | 4315 |
Vorsteuerergebnis | −1173 | 813 |
BereinigtesVorsteuerergebnis | −442 | 1313 |
Reingewinn | 1593 | 253 |
Cost-Income-Ratio (%) | 130 | 85 |
Netto-Neugelder (Mrd.) | −7,7 | −4,7 |
Verw. Vermögen (Mrd.) | 1454 | 1632 |
Hartes Kernkapital (%) | 13,5 | 13,7 |
Börsen-Zeitung |