Cum-ex-Prozess beleuchtet Finanzämter
ak Bonn – Die Finanzbehörden haben in Sachen Cum-ex den Finanzinstituten lange einen großen Vertrauensvorschuss eingeräumt. Vorgelegte Steuerbescheinigungen wurden auch dann inhaltlich nicht geprüft, als 2009 das Bundesfinanzministerium mit einem Schreiben für die Thematik sensibilisierte.Im Cum-ex-Strafprozess beschäftigt sich das Bonner Landgericht derzeit mit dem Verhalten der Finanzverwaltung. Drei Zeugen aus dem Bundeszentralamt für Steuern und eine Beamtin aus Hamburg haben in den vergangenen Tagen ausgesagt. Letztere war beim Finanzamt für Großunternehmen in der Hansestadt zuständig für den Steuerbescheid für die Warburg Gruppe als Holding und die Warburg Bank. Wie stark die Rückerstattung von Kapitalertragsteuern die steuerliche Lage von Warburg prägte, zeigten am 17. Verhandlungstag vorgelegte Steuerbescheide: Einer fälligen Körperschaftsteuer von knapp 0,6 Mill. Euro von Warburg standen 2007 Kapitalertragsteuern von 44,7 Mill. Euro gegenüber, deren Anrechnung die Bank beantragt hatte. Das Institut erhielt am Ende eine Erstattung von 44,2 Mill. Euro, die zu einem Großteil aus Cum-ex-Geschäften stammten. Die Steuerbescheinigungen zu den großvolumigen Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag stellte sich Warburg selbst aus, da die Bank Eigenhandelsgeschäfte betrieben hatte und als ihre eigene Depotbank fungiert hatte. Auch in diesem Fall, so die Zeugin, sei nicht gesondert geprüft worden. Inhaltlich hätten sich erst später Betriebsprüfungen mit den Besteuerungsgrundlagen befasst.Im Jahr 2008 weist der Steuerbescheid der Warburg Gruppe eine Körperschaftsteuer von 1,6 Mill. Euro und eine angerechnete Kapitalertragsteuer von 38,3 Mill. Euro aus, was zu einer Erstattung von 37,2 Mill. Euro führte. 2009 beantragte Warburg die Erstattung von 44,3 Mill. Euro Kapitalertragsteuer, die komplett aus Cum-ex-Transaktionen stammten.Die Betriebsprüfungen bei Warburg für die Jahre 2008 bis 2011 sind nach Angaben der Zeugin noch nicht abgeschlossen. Erst im Dezember 2017 hat der Hamburger Fiskus erstmals nach Aufforderung durch das Bundesfinanzministerium die Rückzahlung erstatteter Kapitalertragsteuer gefordert. Bisher soll es Rückforderungen für die Jahre 2010 und 2011 geben.Auch beim Bundeszentralamt für Steuern, das für ausländische Steuerpflichtige zuständig war, machte man es den Finanzinstituten leicht. Der Tenor der Aussagen: Eine Prüfung, ob die Kapitalertragsteuer bei den Geschäften rund um den Dividendenstichtag einbehalten und abgeführt wurde, habe es nicht gegeben. Man habe auf die Seriosität der Banken vertraut.