IM BLICKFELD

Daheim investieren Institutionelle am liebsten

Von Julia Roebke, München Börsen-Zeitung, 22.8.2013 Die Finanzkrise und die folgende Niedrigzinsphase hat bei deutschen institutionellen Anlegern zu einem Schwenk bei der Ausrichtung der Portfolios geführt. Gerade Immobilien spielen inzwischen für...

Daheim investieren Institutionelle am liebsten

Von Julia Roebke, MünchenDie Finanzkrise und die folgende Niedrigzinsphase hat bei deutschen institutionellen Anlegern zu einem Schwenk bei der Ausrichtung der Portfolios geführt. Gerade Immobilien spielen inzwischen für Großanleger, die meist auf regelmäßige Cash-flows angewiesen sind, eine immer größere Bedeutung. Das ist nicht neu, doch in der Vehemenz offenbar weiter ungebrochen. Das legen zumindest bisher noch unveröffentlichte Ergebnisse aus einer regelmäßig von der Beratungsgesellschaft Kommalpha durchgeführten Befragung von institutionellen Altersvorsorge-Investoren nahe. Mehr als 60 % der Investoren sehen auch weiter eine steigende Bedeutung der Assetklasse Immobilien.Gerade Deutschland als Investitionsstandort scheint sich dabei weiter steigender Beliebtheit zu erfreuen. “Die unverminderte Magnetwirkung Deutschlands als vermeintlich krisensichere Immobilien-Investment-Destination sorgt weiterhin für ein lebhaftes Transaktionsgeschehen”, resümierte etwa unlängst das Emissionshaus KGAL in einem Immobilien-Marktbericht zum ersten Halbjahr. Auch wenn KGAL einen auffälligen Zustrom von Auslandskapital in Richtung großvolumiger Büroobjekte im ersten Halbjahr erkennen mag, deuten Zahlen zum Transaktionsmarkt vom Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle darauf hin, dass auf dem deutschen Markt für Gewerbeimmobilien seit einigen Jahren die deutschen Großinvestoren das Ruder übernommen haben. Unabhängig von der Höhe des Transaktionsvolumens stieg der Anteil der deutschen Investoren über die letzten Jahre stetig an. Lag dieser in den Jahren 2005 bis 2007 zwischen 20 und 30 %, kommt man inzwischen auf 60 % und mehr. Ausgeprägter Home Bias?Welcher institutionelle Anleger in welchem Land wie viel in Immobilien investiert hat, ist exakt kaum herauszufinden, auch weil es verschiedene Wege gibt, das Immobilieninvestment zu verpacken. Neben der Direktanlage ist es aber vor allem der deutsche Immobilien-Spezialfonds, der als beliebtestes Investmentvehikel von Großanlegern gilt. Auch dort zeigt sich ein verstärkter Deutschland-Fokus bei den Institutionellen. Bei anhaltend hohen Nettozuflüssen in den letzten Jahren stieg der Anteil des in Deutschland investierten Vermögens, gemessen an den gesamten Verkehrswerten, in Immobilien-Spezialfonds stark an von 47,2 % Ende 2006 auf fast 55 % Anfang 2013 (siehe Grafik). Das mag zum Teil von der Abkehr von Direktinvestments und der Hinwendung zu Spezialfonds getrieben sein, aber wohl nicht nur.Haben die großen institutionellen Anleger bei Immobilien also einen ausgeprägten Home Bias? Legen sie zu viele Eier in einen Korb, weil sie Deutschland als sicheren Hafen sehen? “Ja”, meint etwa Thomas Gütle, Deutschland-Geschäftsführer bei dem internationalen Immobilienfondsmanager Cordea Savills. Er schätzt die Deutschland-Allokation der Institutionellen im Immobilienbereich auf 70 bis 80 % und verweist zum Vergleich auf die Marktgröße. Gemessen am investierbaren Immobilienmarkt in Europa komme Deutschland über alle Sektoren hinweg gerade einmal auf 17 %. “Der Deutschland-Hype ist stark ausgeprägt und hat sich durch die Finanzkrise noch verstärkt”, so der Manager, dessen Gesellschaft in Europa 4,4 Mrd. Euro an Immobilien-Assets unter Vertrag hat. Deutschland sei durch seine hohe Exportabhängigkeit auch leichter verwundbar, wenn es in anderen Ländern zu ausgeprägten Schwächephasen komme, weist Gütle auf die Risiken eines Deutschland-Fokus hin. “Typisches Verhalten”Der Home Bias bei Immobilieninvestments sei typisch, sagt auch Steffen Sebastian, Professor am Lehrstuhl für Immobilienfinanzierung der IREBS Regensburg. Und er ergänzt: “Je kleiner der Investor, desto größer der Home Bias.” Dabei habe sich das Klumpenrisiko Deutschland paradoxerweise in der zuletzt guten Marktentwicklung als Klumpenchance entpuppt, so Sebastian. “Das heißt allerdings nicht, dass sich das wiederholt”, warnt der Hochschulprofessor. Ein zu ausgeprägter Fokus auf Deutschland sei nach wie vor aus Diversifikationsgründen der falsche Weg.Alles nicht so wild, betont hingegen Wolfgang Kubatzki, Immobilienexperte und Mitglied der Geschäftsleitung von Feri Eurorating. “Ich glaube nicht, dass das ausgeprägte Investment von Institutionellen in Deutschland Ausdruck von Irrationalität ist”, sagt er. Befragungen würden derzeit ergeben, dass Investoren im asiatischen Immobilienmarkt gerade die besten Entwicklungschancen sähen. “Und wenn sie gefragt werden, wo sie investieren, dann lautet die Antwort: Deutschland.” Dies sei jedoch kein Widerspruch, urteilt Kubatzki. Vielmehr suchten die Großanleger Sicherheit in erstklassigen Core- und Core-Plus-Objekten, und die gebe es in Ländern mit hohen Entwicklungschancen nun mal sehr selten.Einen Home Bias macht der Feri-Experte wenn überhaupt im Direktbestand der mittelgroßen Anleger aus. “Mit den eigenen Management-Kapazitäten trauen sich die Anleger meist nicht weit weg vom Firmensitz.” Doch beim Fondsinvestment laufe es anders. “Ich will das Bauchgefühl nicht ausschließen, aber im Moment ist der deutsche Markt technisch vorn.” Er verweist dabei auf den zwar jüngst gesunkenen, aber grundsätzlich noch immer recht hohen Rendite-Spread zwischen Immobilienanlagen und deutschen Staatsanleihen.