IM BLICKFELD

Das Baltikum als Einfallstor für Geldwäscher in die EU

Von Tobias Fischer, Frankfurt Börsen-Zeitung, 15.3.2019 Die jüngsten Veröffentlichungen über ein weit verzweigtes Netzwerk namens "Troika Laundromat" (Waschsalon), über das Wohlbetuchte und Kriminelle aus Russland von 2006 bis 2013 etwa 4,8 Mrd....

Das Baltikum als Einfallstor für Geldwäscher in die EU

Von Tobias Fischer, FrankfurtDie jüngsten Veröffentlichungen über ein weit verzweigtes Netzwerk namens “Troika Laundromat” (Waschsalon), über das Wohlbetuchte und Kriminelle aus Russland von 2006 bis 2013 etwa 4,8 Mrd. Dollar außer Landes schafften, haben erneut ein Schlaglicht auf die Geldwäschebekämpfung in Europa geworfen. Die Moskauer Investmentbank Troika Dialog, die mittlerweile zum russischen Marktführer Sberbank gehört, hatte Einnahmen, die aus legalen Quellen und aus zwielichtigen Geschäften stammten, vermischt und gewaschen. Maßgeblich beteiligt war die litauische Ukio Bankas, die 2013 auf Geheiß der Finanzaufsicht geschlossen wurde.Auch wenn sich die Transaktionen im Vergleich mit dem Danske-Fall gering ausnehmen, teils weit zurückliegen und es sich nach russischem und aserbaidschanischem Waschsalon sowie der Proxy Platform zum wiederholten Mal um Geldwäschesysteme handelt, welche das internationale Recherchenetzwerk OCCRP ausfindig gemacht hat, führt der Fall einmal mehr vor Augen, welche Risiken dahingehend im Finanzsystem schlummern. So werden immer neue Vorwürfe über mögliche Verstrickungen immer neuer Banken (siehe Kasten) laut.Derweil zieht die Affäre um die Danske Bank Kreise, über deren estnische Niederlassung bis zu 200 Mrd. Euro gewaschen worden sein sollen. Zuletzt ist auch die Swedbank in den Strudel geraten, deren Chefin lange gelobt hatte, das Institut sei frei von Tadel. Die Rede ist von verdächtigen Transaktionen über 3,8 Mrd. Euro, die von 2007 bis 2015 zwischen Swedbank und Danske geflossen seien. Das Institut bestätigte die Vorwürfe grundsätzlich.Die jüngsten Veröffentlichungen verdeutlichen, dass das Baltikum als Einfallstor in die EU für gewaschenes Geld aus Russland fungierte. Mit drin hängen Korrespondenzbanken aus Westeuropa und den USA. Gerade im Korrespondenzbankengeschäft, das viel mit Hochrisikoländern zu tun hat, hätten noch nicht alle Banken die nötigen Kontrollverfahren eingeführt und Portfolios bereinigt, sagt Norbert Gittfried, Compliance-Experte der Boston Consulting Group (BCG). “Die Überwachungsmechanismen der Banken haben die Konten der eigenen Kunden im Fokus, aber die Auswertung darüber hinausgehender Transaktionsbeziehungen ist momentan eher unüblich und sehr aufwendig.” Dieses Schlupfloch nutzten dann Geldwäscher. Kunden der Kunden prüfen?Hier geht es um die Frage, ob eine Korrespondenzbank auch die Kunden ihres Kunden prüfen muss (KYCC) oder ob die Prüfung der Bank ausreicht (KYC), etwa auf Solidität, Seriosität und ob sie in der Lage ist, Geldwäscheprüfungen adäquat vorzunehmen. Die Deutsche Bank etwa musste sich wegen ihrer Rolle als Partnerbank der Danske in Estland zwischen 2007 und 2015 jüngst vor einem Ausschuss des Europäischen Parlaments verantworten. Die Bank steht auf dem Standpunkt, als Korrespondenzbank die Kunden der Danske nicht kennen zu müssen, vielmehr seien die Dänen für deren Prüfung zuständig gewesen. Regulierer wie die Financial Action Task Force (FATF) als globaler Standardsetzer zur Bekämpfung von Geldwäsche verlangen Banken bislang nicht ab, Kunden ihrer Kunden zu überprüfen.Manche Rechtsexperten sind anderer Meinung und mahnen Banken, sich besser schon mal auf verpflichtende KYCC-Prüfungen vorzubereiten (vgl. BZ vom 29.12.2018). Diesen Standpunkt vertritt auch BCG-Experte Gittfried. “Mittlerweile ist die Erwartungshaltung der Aufseher, dass sich eine Korrespondenzbank bei Transaktionen nicht nur die Partnerbank ansieht, sondern auch, wer Zahlungsempfänger und wer Absender ist.” Die Prüfung der Kunden der Kunden werde zwar von Banken nicht explizit verlangt, aber regulatorisch immer mehr spezifiziert. Generell werde versucht, die unterschiedlichen Standards in der Geldwäschebekämpfung, die in der EU ja Ländersache ist, anzugleichen und auf ein einheitliches Niveau anzuheben. Das ist auch Anliegen des im Dezember vom Rat der EU beschlossenen Aktionsplans, der unter anderem die Bankenregulierungsbehörde EBA stärken soll.