Das Korsett der BaFin wird immer enger

Angestrebte Konvergenz in Europa schränkt ein

Das Korsett der BaFin wird immer enger

sto Frankfurt – Für die deutsche Finanzaufsicht BaFin schnürt sich das Korsett immer enger zu. Dies berichtete Elisabeth Roegele, Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht der Behörde, auf dem “Deutschen Derivate Tag 2015”. Die Behörde werde immer stärker vom Spagat zwischen der zunehmenden europäischen Konvergenz und der Beachtung nationaler Besonderheiten gefordert. “Die Arbeit der BaFin hat sich erheblich verändert und wird sich künftig noch weiter verändern, vor allem der deutlich umfangreichere europäische Abstimmungsprozess belastet die Fachaufsicht”, sagte Roegele.Hintergrund des anspruchsvolleren Abstimmungsprozesses ist das Brüsseler Ziel, in der europäischen Finanzbranche weitestgehend eine Maximalharmonisierung der Systeme zu erreichen, um einen einheitlichen Binnenmarkt mit gleichen Bedingungen für alle Akteure zu erreichen. Damit soll auch Regulierungsarbitrage verhindert werden.Daher sei die Rechtssetzung sehr viel detailverliebter als früher, sowohl im Hinblick auf die Richtlinien und Verordnungen (Level 1) als auch die Umsetzungsbestimmungen (Level 2), so Roegele. Zudem nehme die Zahl der Verordnungen zu, was als unmittelbar geltendes Recht den Ländern keine nationalen Auslegungsspielräume mehr lasse. “Das ist eine deutliche Veränderung des europäischen Regulierungsansatzes, vorher waren ausdrücklich Ermessensspielräume für nationale Besonderheiten vorgesehen”, hob Roegele hervor, die seit Mai die deutsche Wertpapieraufsicht verantwortet. Komplexere AbstimmungDie Folge sei, dass die BaFin sich deutlich stärker als zuvor mit der europäischen Wertpapieraufsicht ESMA oder der internationalen Wertpapieraufsicht Iosco und den anderen 27 nationalen Aufsichtsbehörden abstimmen muss, schilderte Roegele die wichtigste Konsequenz dieses Paradigmenwechsels in der europäischen Rechtssetzung. “Die ESMA wird im europäischen Gesetzgebungsprozess immer mehr zum Motor, und ihre Bedeutung wird künftig noch weiter wachsen”, zählte Roegele eine weitere, grundlegende Veränderung auf. Diese bekommt mittlerweile eigene Regulierungskompetenz zugebilligt, etwa bei Ratingagenturen. Zudem soll sie im kommenden Jahr verstärkt vor Ort kontrollieren, ob die nationalen Aufseher die in Europa gewollte Konvergenz auch tatsächlich in ihrem Land optimal umsetzen (Peer Review).Daher werde es für die BaFin immer herausfordernder, eine Aufsichtspraxis zu betreiben, die die nationalen Besonderheiten wie die auf drei Sektoren verteilte Bankenwelt mit einem europaweit einmalig umfangreichen Filialnetz berücksichtigt. Manchmal steht sich die deutsche Behörde mit ihrer so typisch deutschen Gründlichkeit dabei auch selbst im Weg, räumte Roegele ein. “Während andere Aufsichtsbehörden sich in ihrer Tätigkeit immer auf ihren übergeordneten Auftrag berufen, suchen wir zunächst immer eine Rechtsgrundlage.” “Spagat kann gelingen”Darüber hinaus hätten Aufseher anderer Länder einen größeren Strauß an Möglichkeiten, das Aufsichtsrecht durchzusetzen, blickte Roegele ein wenig neidisch über die Landesgrenzen. Immerhin soll es hierzulande bald endlich auch die Möglichkeit für die BaFin geben, Verstöße öffentlich zu machen (Name and Shame).Dennoch zeigte sich Roegele zuversichtlich, dass “der Spagat zwischen europäischer Maximalharmonisierung und nationalen Besonderheiten in Deutschland gelingen kann”. Nämlich, wenn es der BaFin gelänge, sich stärker in den Abstimmungsprozess mit ESMA und Iosco sowie den nationalen Aufsichtskollegen einzubringen. Dafür brauche die deutsche Behörde mehr Mitarbeiter, forderte Roegele. Zudem sei die BaFin dringend auf die Unterstützung der deutschen Finanzverbände angewiesen. Nicht zuletzt müsse sich Deutschland mehr dafür einsetzen, dass das Prinzip der Subsidiarität wieder stärker zu Geltung komme.