"Das Schlimmste ist überwunden"
tkb Rom – “Das Schlimmste ist überwunden, wir stehen dank der Reformen vor einer Trendwende”, meinte Finanzminister Pier Carlo Padoan vorige Woche auf der Jahresversammlung des italienischen Bankenverbandes ABI in Rom. Und Notenbankpräsident Ignazio Visco bekräftigte, dass die Krise im italienischen Kreditsystem mit der Teilverstaatlichung von Monte dei Paschi (MPS), mit der Übernahme der beiden Volksbanken aus Venetien durch Intesa Sanpaolo und mit dem im Gang befindlichen Verkauf der mittelitalienischen Sparkasse von Ferrara überwunden sei. Zwar befänden sich noch weitere Banken in Schwierigkeiten, doch diese fielen wegen ihrer kleinen Dimension nicht ins Gewicht. Es herrscht GenugtuungBei den Bankern herrschte Genugtuung. Die staatlichen Interventionen bei MPS und den beiden Volksbanken wurden allgemein anerkannt. Ebenso wie die “erstaunliche” Flexibilität, welche die europäischen Aufsichtsbehörden bei der Rettung der Krisenbanken zeigten. Verbandspräsident Antonio Patuelli warnte davor, sich zu früh zu freuen. Zwar sind die notleidenden Kredite, die Achillesferse des Systems, inzwischen unter Kontrolle. Der Nettobestand (der durch Rückstellungen gedeckte Bestand) machte Ende März 2017 rund 77 Mrd. Euro aus, das entspricht 9,2 % der Ausleihungen gegenüber 11,4 % Mitte 2015, als der Höhepunkt der Krise erreicht wurde. Bis Jahresende soll der Anteil der NPL an den Ausleihungen auf das Vorkrisenniveau von 8 % sinken. Auch der Deckungsgrad habe sich in den vergangenen zwei Jahren von 45 auf 54 % erhöht.Durch die Abgabe der notleidenden Kredite von MPS an den Bankenrettungsfonds Atlante und die Ausgliederung der faulen Kredite der beiden venetischen Banken an die SGS (das ist die Bad Bank des Banco di Napoli) werden die notleidenden Kredite deutlich abgebaut. Auch wird Unicredit im laufenden Jahr 17 Mrd. Euro NPL abgeben und Carige, die Sparkasse von Genua, hat zur Wochenmitte wissen lassen, weitere 2 Mrd. Euro NPL zu verkaufen.Visco sprach sich für die Bildung einer europäischen Bad Bank aus. Diese mache aber nur Sinn, wenn sie prompt gebildet und arbeiten werde. Inwieweit der einst hohe NPL-Bestand nur konjunkturelle oder auch strukturelle Ursachen habe, sei nicht klar, meinte Visco. Eines sei jedoch offensichtlich: Würde die italienische Justiz in dem Tempo arbeiten wie in anderen Ländern und würden ausstehende Kredite in Italien so schnell eingetrieben werden wie im übrigen Europa, dann wäre es nie zur NPL-Krise gekommen.Visco wurde mit seiner Forderung nach weiteren Reformen von Finanzminister Padoan unterstützt. Dieser zeigte sich überzeugt, dass die von der Regierung in die Wege geleitete Reform der Volksbanken und der Kreditgenossenschaftsbanken ausschlaggebend für die Trendwende gewesen sei. Bis Mitte 2018 soll es in Italien nur mehr 115 Bankgruppierungen geben.Visco und Padoan verwiesen auf die geringe Eigenkapitalrentabilität der italienischen Banken. Während sie vor zehn Jahren bei durchschnittlich 10 % lag, verharrt sie seit 2012 bei null. Sowohl Visco als auch Patuelli warnten vor einer Überregulierung des europäischen Bankensektors und plädierten vorerst für einen Regulierungsstopp.Positive Nachrichten kommen vom Kostenabbau. In den vergangenen zehn Jahren ist der Personalbestand um 12 % gesunken. Der Beschäftigungsabbau werde sich auch in naher Zukunft fortsetzen. Notwendig sei, die operativen Kosten weiterhin abzubauen und die Investitionen in Innovation, etwa in Digitalisierung, zu beschleunigen. Finanzminister Padoan warnte davor, sich primär auf Steuererleichterungen zu verlassen. “Das wichtigste Mittel, um die Schulden abzubauen und das Kreditsystem zu sanieren, ist das Wachstum”, erklärte er. Beobachter sahen dies als klaren Seitenhieb auf die Forderung von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi, das Haushaltsdefizit fünf Jahre lang bei 2,9 % einzufrieren.