Debatte über Preissteigerungen
spe/mic Stuttgart/München
Hohe Kosten für Naturkatastrophen und Inflation: Diese Faktoren müssen nach Ansicht der Rückversicherer zu weiteren Preiserhöhungen führen. Die E+S Rückversicherung AG, die für das Deutschlandgeschäft zuständige Tochter der Hannover Rück, rechnet nach den Hochwasserschäden im Sommer mit teilweise deutlich steigenden Preisen und verbesserten Konditionen in der Schaden-Rückversicherung. 2021 sei eines der schadenträchtigsten Jahre am deutschen Markt, argumentierte Vorstandsvorsitzender Michael Pickel auf dem traditionellen Branchentreff in Baden-Baden. Doris Höpke, Vorstandsmitglied der Munich Re, stufte Preiserhöhungen in der nächsten Erneuerungsrunde am 1. Januar ebenfalls als wahrscheinlich ein.
Allein den durch das Tiefdruckgebiet „Bernd“ verursachten Schaden, vornehmlich im Ahrtal, taxierte Pickel in einer Größenordnung von nahezu 10 Mrd. Euro. Die Munich Re sprach von mindestens 7 Mrd. Euro, die aktuelle Schätzung des Branchenverbands GDV beträgt 7 Mrd. Euro. Die E+S Rück geht daher davon aus, dass die Versicherer ihren Rückversicherungsschutz in der Größenordnung von 1 Mrd. Euro ausbauen werden. „Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Rückversicherungsschutz zieht weiter an“, sagte Pickel. In der Sachsparte rechnet die E+S Rück daher insbesondere bei Naturkatastrophendeckungen mit Preiserhöhungen im „deutlich zweistelligen Bereich“. Für eine spürbare Erhöhung der Preise sprechen laut Pickel auch die hohen Belastungen aus der Covid-19-Pandemie sowie die Niedrigzinsen und die Preisanstiege im Baugewerbe.
Aon gegen Preisforderungen
In der Kraftfahrtversicherung geht die E+S Rück davon aus, dass sich die Schadenfrequenzen im Laufe des Jahres 2022 wieder dem vor der Pandemie erreichten Niveau annähern wird. Wie das zuständige Vorstandsmitglied Stefan Schuttermair sagte, hat die starke Verteuerung der Ersatzteil- und Reparaturkosten in den vergangenen Monaten weiter an Dynamik gewonnen. Unter Berücksichtigung der regional teilweise signifikanten Hagel- und Flutschäden sei daher mit einer deutlichen Eintrübung der Ergebnisse der Branche im Vergleich zum Vorjahr zu rechnen. Ergo: „Im Ergebnis sehen wir keinen Spielraum für Preissenkungen im Originalmarkt und im Rückversicherungsmarkt“, so Schuttermair. Nachdem die Branche in der Sparte 2020 auf dem Höhepunkt der Pandemie aufgrund rückläufiger Pkw-Nutzung mit 2,8 Mrd. Euro oder 9,6% der Beitragseinnahmen ein rekordhohes Jahresergebnis erzielen konnte, rechnet die E+S Rück 2022 wieder mit einem negativen Ergebnis in der Sparte. Daher werde man mit den Erstversicherern über einen einstelligen Zuschlag diskutieren müssen.
Indessen widersprach der Hamburger Makler Aon den Forderungen der Rückversicherer nach Preiserhöhungen. Dies sei „unangemessen und weitreichend wertlos“, sagte Aon-Deutschlandchef Jan-Oliver Thofern laut dpa in einem Video-Statement. Denn Rückversicherung sei ein globales Geschäft. Und das Jahr 2021 gehöre trotz schwerer Naturkatastrophen weltweit gesehen nicht zu den Rekordschadenjahren.