Degussa Bank verkauft Tochter Industria Wohnen
ste Hamburg
Die Degussa Bank verkauft ihre Mehrheitsbeteiligung an Industria Wohnen, einem in Frankfurt ansässigen Spezialisten für Investitionen in deutsche Wohnimmobilien, an das inhabergeführte Hamburger Immobilien- und Investmentunternehmen Becken. Wie die Gesellschaften mitteilen, bleibt Industria Wohnen, die per Ende Dezember Teil der in den deutschen Metropolregionen tätigen Becken-Gruppe werden soll, als eigenständiges Unternehmen bestehen. Management und Mitarbeiter würden übernommen, der Vertrieb an institutionelle und private Investoren werde wie bisher fortgesetzt. Zu den finanziellen Details des Verkaufs, den CFC Corporate Finance Kontor und Exapital Capital aus Hamburg sowie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY als Transaktionsberater begleiteten, wurden keine Angaben gemacht.
Im Kontext von Cum-ex
Der Verkauf der Industria Wohnen, die als Tochter zu 94,5% im Mehrheitseigentum der Degussa Bank steht und bislang neben der Degussa Bank AG die Ertragslage des Degussa-Bank-Konzerns wesentlich bestimmt, ist auch im Kontext der Verwicklung der Hamburger Privatbank M.M. Warburg in Cum-ex-Aktiengeschäfte von Relevanz. Den beiden Warburg-Hauptgesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg, die über Beteiligungsfirmen mit jeweils mehr als 25% die Mehrheit an der in Frankfurt ansässigen Degussa Bank halten, dürfte aus dem Erlös der Veräußerung ein willkommener Mittelzufluss in Aussicht stehen, wie es aus dem Umfeld der Transaktion heißt.
Ende vergangenen Jahres hatten sie mit Zahlungen über insgesamt 155 Mill. Euro Steuerforderungen des Finanzamts Hamburg im Zusammenhang mit den Cum-ex-Aktiengeschäften für die Jahre 2007 bis 2011 vollständig beglichen. Das Landgericht Bonn hatte die Einziehung der Steuern in einem Urteil im März 2020 angeordnet.
Mit dem seit vorigem Jahr ventilierten Plan, die Degussa Bank zu verkaufen, blieben die Warburg-Hauptgesellschafter bislang erfolglos. Eine Veräußerung der Bank scheitere im Moment an Preisangeboten, erklärte der Mitte September abgelöste Degussa-Bank-Vorstandschef Jürgen Eckert noch in einem im August veröffentlichten Gespräch mit der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 19. August). In der Branche war der Wert des Instituts auf bis zu 400 Mill. Euro taxiert worden.
Die Tochter Industria Wohnen verwaltet den Angaben zufolge einen Bestand von 18100 Wohneinheiten, die Assets under Management im deutschen Wohnungsmarkt werden mit 3,9 Mrd. Euro beziffert. Das Ankaufvolumen im Jahr 2020 belief sich auf 580 Mill. Euro. Das vergangene Geschäftsjahr hatte Industria mit einem Ergebnis von 14,8 (i.V. 46,2) Mill. Euro abgeschlossen.
Der neue Degussa-Bank-Chef Michael Krupp sagte nun, die Bank fokussiere sich weiter auf ihr Kerngeschäft Worksite Financial Services. Industria Wohnen bleibe strategischer Partner der Bank. Durch den Verkauf würden Mittel frei, „die uns eine stärkere Fokussierung auf die Digitalisierung und die Stärkung unseres Geschäftsmodells sowie unseres Eigenkapitals erlauben“.
Der künftige Eigentümer Becken bewertet die Beteiligung an Industria Wohnen, die ihren Namen behalten soll, als einen der wichtigsten Meilensteine in der 43-jährigen Firmengeschichte. „Damit erweitern wir unsere Wertschöpfungskette, begonnen bei der Planung und dem Bau von Büro- und Wohnimmobilien, über das Property- und Assetmanagement bis zum Fonds- und Investment Management“, erklärte Dieter Becken, geschäftsführender Gesellschafter des mittelständischen Familienunternehmens.
Auch im Fondsgeschäft soll die Eigenständigkeit erhalten bleiben. Während Industria sich weiter auf den Wohnbereich konzentrieren und hier institutionelle und private Anleger bedienen soll, werde sich Becken Invest wie bislang auf das institutionelle Fondsgeschäft im Debt- und Core-Office-Bereich im Sinne einer Investment-Boutique fokussieren.
Für den Transaktionsprozess zog Becken den Angaben zufolge als Rechtsberater GSK Stockmann aus Berlin hinzu, während Flick Gocke Schaumburg aus Frankfurt als steuerlicher Berater tätig wurde. Die Degussa Bank ließ sich den Angaben zufolge von Heuking Kühn Lüer Wojtek rechtlich beraten. Zudem wurden Cushman & Wakefield sowie CBRE aus Frankfurt mandatiert.