Der Bankkunde wird digitaler

Volks- und Raiffeisenbanken starten Instant Payment - Bitkom-Studie: Neue technologische Angebote wichtig bei der Auswahl der Bank

Der Bankkunde wird digitaler

Für immer mehr Bankkunden sind digitale Angebote wichtig, so eine Bitkom-Umfrage. Da passt es ins Bild, dass Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken jetzt Instant Payment auch senden können. Schließlich stehen viele Banken vor einer strategischen Transformation infolge neuer Technologien, so A.T. Kearney.kb/dpa-afx Frankfurt/Berlin – Kunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken können ab sofort Zahlungen in Echtzeit senden, wie deren Verband BVR mitteilt. Instant Payment, das sekundenschnelle europaweite Überweisungsverfahren, steht rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung, so dass Überweisungen vom Girokonto innerhalb weniger Sekunden ausgeführt und innerhalb von maximal 20 Sekunden auf dem Konto des Zahlungsempfängers zur Verfügung stehen.Bereits seit dem November 2018 können Volks- und Raiffeisenbanken Echtzeit-Überweisungen empfangen, nun können deren Kunden Instant Payment auch senden. Zunächst nehmen 546 der 875 genossenschaftlichen Institute an dem Verfahren teil, die anderen folgen aus technischen Gründen bis Herbst. Von Anfang an habe Instant Payment funktioniert, erklärte Martin Holtmann, Zahlungsverkehrsexperte der DZ Bank, in verschiedenen Interviews und zeigte sich überrascht, wie gut Instant-Payment-Zahlungen angenommen werden. An Wochentagen würden durchschnittlich 10 500 Überweisungen vom den Systemen verarbeitet, am Wochenende seien es ungefähr die Hälfte. Der durchschnittliche Umsatz über alle Verarbeitungstage seit November betrage rund 800 Euro, insgesamt sollen es knapp 1,5 Mrd. Euro in 1,8 Millionen Transaktionen sein.Am ersten Tag, als jetzt Instant Payments auch gesendet werden konnten, betraf dies laut BVR 10 900 Transaktionen im Volumen von 6,3 Mill. Euro. “Instant Payments haben das Potenzial, mittelfristig neuer Standard im Zahlungsverkehr zu werden. Die hohen Transaktionszahlen gleich am ersten Tag verdeutlichen den großen Bedarf für Echtzeit-Überweisungen bei unseren Kunden”, sagt Thomas Ullrich, Vorstand der DZ Bank. Auch Zahlungen mittels Kwitt, also zwischen Privatpersonen über das Smartphone, könnten nun ebenfalls als Instant Payment erfolgen, betont der BVR. Die Kosten für den Einsatz von Instant Payment würden die einzelnen Institute selbst festlegen, sie unterschieden sich je nach Kontomodell, hieß es auf Anfrage. Einheitliche Gebühren gibt es wohl schon aufgrund von kartellrechtlichen Überlegungen nicht. Die genossenschaftlichen Institute wollen ihr Angebot an Echtzeit-Überweisungen sukzessive erweitern. So soll die Nutzung von Sammelüberweisungen, was vor allem für Firmenkunden interessant sei, bis Ende des Jahres angeboten werden. “Unsere Angebote rund um das Girokonto und im Online-Banking bieten den Kunden viel Flexibilität bei der Abwicklung ihrer finanziellen Anliegen. Mit der Nutzung der neuen Echtzeit-Überweisung kommt eine weitere Option insbesondere für zeitkritische Zahlungen hinzu”, unterstrich BVR-Vorstand Andreas Martin.Mit ihren digitalen Angeboten auf der Höhe der Zeit zu sein ist einer Bitkom-Studie zufolge für Banken denn auch dingend angesagt. Die Treue zur eigenen Hausbank bröckelt im Zuge der Digitalisierung laut der Studie – und das dürfte für viele Geldinstitute zu einem verschärften Wettbewerb führen. Habe noch vor einem Jahr jeder dritte Bundesbürger (34 %) schon einmal sein Stamm-Girokonto gewechselt, sei der Anteil inzwischen auf 41 % gestiegen, ergab eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom in Berlin. Auch reine Online-Banken werden attraktiver. So gaben 14 % der Befragten an, das Hauptkonto bereits bei einem dieser Anbieter zu haben, 2018 waren es noch 9 %.67 % der Kunden seien heute digitale Angebote wie Online-Banking oder Banking-Apps wichtig bei der Auswahl ihrer Bank, vor einem Jahr waren es noch 57 %. Viele, schnell zu erreichende Filialen (57 %) oder eine bekannte Marke (56 %) sind demnach Faktoren, die bei Kunden bereits weniger ins Gewicht fallen. “Für Banken und Sparkassen bedeuten die Digitalisierung der Finanzbranche und das veränderte Kundenverhalten einen grundlegenden Umbruch”, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. Etablierten Anbietern wie auch Digitalunternehmen eröffne dies riesige Chancen. So kann sich der Umfrage zufolge fast jeder Dritte (29 %) vorstellen, ein Konto statt bei einer Bank bei einem Digitalunternehmen wie Google, Apple oder Amazon zu eröffnen – sofern es solche Angebote geben sollte. Smartphone auf VormarschErstmals setzt der Studie zufolge mehr als die Hälfte der Online-Banking-Nutzer (52 %) das Smartphone für Bankgeschäfte ein, 2018 waren es noch 44 %. Am häufigsten werden jedoch weiterhin das Notebook (81 %) und der Desktop-PC (56 %) genutzt. Insgesamt hat sich Online-Banking bei 70 % der Bevölkerung etabliert. Zu den wichtigsten Dingen zählen für Kunden bei der Auswahl einer Bank allerdings die Höhe der Kontoführungsgebühren (95 %), die Höhe der Einlagensicherung (94 %) sowie wie viele Geldautomaten für kostenloses Abheben zur Verfügung stehen (95 %).Kosten (Aufwand) und Ertrag sind denn auch der wunde Punkt der Banken in Europa, allen voran in Deutschland und Frankreich mit den höchsten Cost-Income-Ratios von 69 und 70 %, wie der “Retail Banking Radar” von A.T. Kearney zeigt (siehe Grafik). Schuld an der schwachen Ertragskraft im klassischen Privatkundengeschäft, dessen Umsatz in fünf Jahren um 2,3 Mrd. Euro schrumpfen werde, sei der zersplitterte und stark umkämpfte Markt. Der anhaltende Kostendruck befeuere denn auch Fusionen und Übernahmen, die von jeder zehnten Bank in Betracht gezogen würden. Auch die Zahl der Filialen schrumpft: um zwei Drittel bei nordischen Banken und ein Drittel in Westeuropa. Zugleich werden künstliche Intelligenz, Big Data und neue Technologien das Kundenerlebnis über alle Kanäle hinweg beeinflussen, so die Studie.Digitale “Neobanken” werden klassischen Banken die Kunden abjagen, deren Erstkonto aber noch bei der Hausbank liege. “In den nächsten fünf Jahren werden 50 bis 85 Millionen zu Neobanken wechseln. Um im Privatkundengeschäft über 2019 hinaus bestehen zu können, müssen sich traditionelle Banken den vielfältigen neuen Bankangeboten auf dem Markt stellen”, so A.T.-Kearney-Partner Daniela Chikova. “Viele Banken stehen vor einer strategischen Transformation, um die Ergebnisse zu verbessern.”