Der deutsche Immobilienmarkt ist international

Steigendes Interesse ausländischer Investoren - Dominanz im Logistik-Bereich - Große Chancen auch für die heimische Wirtschaft und den Arbeitsmarkt

Der deutsche Immobilienmarkt ist international

Deutschland wird derzeit häufig als Konjunkturlokomotive und “Safe Haven” Europas bezeichnet. Der deutschen Wirtschaft ging es bislang gut, die Rückschläge aus der Finanzkrise in den Jahren 2007 bis 2009 scheinen gut verkraftet zu sein und die Auftragsbücher der deutschen Unternehmen sind gefüllt – was sich auch positiv auf den Immobilienmarkt auswirkt.Während der deutsche Immobilienmarkt mit seinen strengen Pfandbriefregelungen vor der Krise oft als bieder und langweilig belächelt wurde, schien er vor dem Hintergrund schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für internationale Investoren immer interessanter zu werden. Betrug der Anteil ausländischer Anleger im deutschen Gewerbeimmobilienmarkt laut Immobiliendienstleister CBRE im Jahr 2013 noch 30 %, konnte diese Investorengruppe sich im ersten Quartal 2014 mit 53 % bereits mehr als die Hälfte des deutschen Marktes sichern. Laut einer Studie von CBRE soll das Interesse an der größten europäischen Volkswirtschaft auch weiter anhalten. Von den 387 befragten europäischen Immobilieninvestoren gaben 56 % an, dass sie ihre Investmentaktivitäten auf dem deutschen Markt im Vergleich zu 2013 um mindestens 10 % steigern wollen. Dabei gehören mit Berlin (3. Platz), München (4. Platz) und Hamburg (9. Platz) gleich drei deutsche Städte zu den gefragtesten Investitionszielen weltweit. Welche Gründe nun machen Deutschland so interessant im internationalen Immobiliengeschäft?Deutschland konnte sich als größte Volkswirtschaft Europas in der Wirtschaftskrise bisher sehr gut behaupten. Während vor allem südeuropäische Länder unter hoher Staatsverschuldung und geringem Wachstum leiden, kann Deutschlands Wirtschaft 2014 prognostiziert um etwa 1,8 % wachsen. Des Weiteren sorgen eine stabile Staatsverschuldung und eine niedrige Arbeitslosenzahl für eine hohe Attraktivität des deutschen Marktes. Vergleichsweise günstigEin weiterer und besonders wichtiger Grund für die Attraktivität des nationalen Immobilienmarktes ist der Faktor Preis. Deutsche Core-Immobilien in A-Lagen sind im internationalen Vergleich günstig und daher für ausländische Investoren interessant. Um den Wert der Immobilien objektiv beurteilen zu können, bietet sich die Investitionsrendite (Yield) als Kennzahl an, da hier Miete und Preis ins Verhältnis gesetzt und die Märkte somit vergleichbar gemacht werden. Während in deutschen Städten noch Verzinsungen von über 4 % im sicheren Prime-Bereich erzielt werden können (München 4,3 %, Hamburg 4,5 %, Berlin 4,6 %, Frankfurt am Main 4,7 %), können Investoren in anderen Metropolen nur geringere Renditen erzielen (New York 4,1 %, Paris 4,0 %, London 3,8 %, Hongkong 2,9 %). Diese Renditeunterschiede, in Verbindung mit einer zusätzlichen Portfolio-Diversifikation bei vergleichsweise sicheren Core-Immobilien, machen Deutschland für internationale Immobilieninvestoren weltweit attraktiv.Auch bankenseitig gibt es in Deutschland Besonderheiten, die den Immobilienmarkt unterstützen. Im internationalen Vergleich als Besonderheit hervorzuheben ist die Refinanzierung von Banken über in der Regel fristenkongruente Hypothekenpfandbriefe. Diese durch Immobilien gedeckten Wertpapiere werden von sogenannten autorisierten Pfandbriefbanken emittiert und unterliegen einer besonderen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Regulierung. Dies macht die Wertpapiere sehr sicher und ermöglicht es den Banken, sich besonders günstig – auch liquiditätswirksam langfristig – zu refinanzieren. Investoren profitieren dabei von besseren Finanzierungsbedingungen und günstigeren Fremdkapitalzinsen. Vergleicht man die durchschnittliche Rendite zehn Jahre laufender Hypothekenpfandbriefe mit laufzeitkongruenten Zinsswaps, lässt sich feststellen, dass die Zinsdifferenz (Spread) von 2012 von 55 BP bis Ende 2013 auf 13 BP gefallen ist. Dies verdeutlicht, wie günstig eine gedeckte Finanzierung im aktuellen Zinsumfeld ist. Historisch niedrige Leitzinsen von 0,15 % im Euroraum verstärken diesen Effekt noch weiter und vergrößern den Spread zwischen Finanzierungszins und Immobilienrenditen. Die günstige Refinanzierung durch niedrige Leitzinsen und das Pfandbriefsystem ist sicherlich nicht der alleinige Grund für ein zunehmendes internationales Interesse am deutschen Immobilienmarkt, verstärkt dieses jedoch. Bemerkenswert stabile PreisePreiszyklen sind weltweit typisch für Immobilienmärkte. Jedoch profitiert Deutschland hier von einer im internationalen Vergleich bemerkenswerten Stabilität. So schwanken die Preise weniger stark als in anderen europäischen Ländern, zeitweise entwickelten sie sich sogar entgegen dem internationalen Trend. Verloren Gewerbeimmobilien in Frankfurt während der Krise etwa 25 % an Wert, büßten sie in London mehr als die Hälfte (57 %) ihres Preises ein.Volatilität ist an den Finanzmärkten ein Maß für Risiko, hohe Volatilität bedeutet hohes Risiko und umgekehrt. Die geringe Volatilität macht den deutschen Markt somit interessant, da Investoren hier ihre Rendite mit einem geringeren Prognoserisiko erwirtschaften und das Gesamtrisiko ihres Portfolios senken können. Entwickelt sich der Markt entgegen dem Trend, wirkt dies für den Anleger wie eine natürliche Absicherung (Hedge). Das System der Immobilienfinanzierung mit einer großen Dominanz von Festzinskrediten ist dabei ein wichtiger Punkt für die hohe Stabilität. Comeback des “Buy and Sell”Festzinskredite in Deutschland – diese wiederum begünstigt durch die oben erwähnte Pfandbriefkultur – sorgen dafür, dass die Immobilienpreise weniger empfindlich auf Zinsänderungen reagieren, und dämpfen damit Marktbewegungen. Mit verstärkter internationaler Aktivität lässt sich jedoch wieder, wie vor 2008, eine Tendenz zu “Buy and Sell”-Strategien beobachten. Um flexibel reagieren zu können, bevorzugen diese Investoren dann variabel verzinsliche Finanzierungen. Risiken, die durch Zinsänderungen entstehen, werden in diesen Fällen aber meist über derivative Finanzinstrumente abgesichert.Betrachtet man den deutschen Gewerbeimmobilienmarkt, stellen nach einer Studie des weltweit größten Immobiliendienstleisters CBRE US-Investoren mit ca. 20 % den größten Anteil der ausländischen Anleger im deutschen gewerblichen Immobilienmarkt. An zweiter und dritter Stelle folgen die europäischen Länder Großbritannien (11 %) und Frankreich (7 %).Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in der strategischen Ausrichtung der internationalen Immobilienfinanzierung der BayernLB wider. So begleitet die Bank einerseits wie bisher ihre deutschen Kunden ins Ausland sowie die internationalen Investoren mit Deutschlandbezug im Ausland. Daneben wurde im Zuge der Neuausrichtung der Bank und der Konzentration auf Deutschland und Europa jedoch ein weiterer Schwerpunkt im internationalen Immobilienbereich auf die Begleitung von ausländischen Investoren nach Deutschland gesetzt. Teams in den Niederlassungen London, Paris und Mailand ermöglichen es dabei, die Kunden vor Ort zu betreuen und eine intensive Kundenbeziehung vor Ort aufzubauen. Die enge Verzahnung mit den Immobilienspezialisten in München bietet den Kunden weiterhin professionelles Know-how für den deutschen Markt.Im aktuellen Kundenportfolio zeigt sich dementsprechend ein hoher Anteil an Kunden aus Großbritannien und Frankreich. In den letzten Jahren hat sich jedoch auch der Anteil an Investoren aus asiatischen Ländern und aus dem arabischen Raum deutlich erhöht. Das starke wirtschaftliche Wachstum in Asien hat zu einem Immobilienboom in den dortigen Metropolen geführt. Renditen von unter 3 % sind für Core-Immobilien in asiatischen Innenstädten keine Seltenheit mehr. Folglich beginnen sich diese Investoren weltweit nach neuen Märkten umzusehen, an denen höhere Renditen erzielt werden können. Umfassende BetreuungInternationalen Investoren bieten sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, in deutsche Immobilien zu investieren. Ein weit verbreiteter Weg ist es, das Kapital über erfahrene Asset Manager aus europäischen Finanzzentren anzulegen. Vor allem große Asset-Management-Firmen verfügen über eine umfangreiche Erfahrung in deutschen Märkten. Verschiedene Dienstleister bieten vom Management einzelner Zweckgesellschaften bis zu deutschlandspezifischen Immobilienspezialfonds nach Asset-Klassen verschiedenste Anlagemöglichkeiten und Beratungstiefen für ihre Klienten. Durch ihre Anlagetätigkeit sind diese Asset Manager häufig bestens mit dem Markt vertraut, kennen die Regionen und Lagen, die Makler und Banken. So suchen sie für ihre Investoren nach risikoadäquaten Investitionsmöglichkeiten, organisieren den Kauf, erarbeiten Strukturen für eine effiziente Kapitalstruktur und verhandeln die Fremdkapitalfinanzierung mit Banken. Bisweilen werden auch Lösungen für die Organisation der Vermietung und des Facility Management angeboten.Eine weitere Möglichkeit von Outside-in-Investitionen bieten lokale Berater. Kunden, die ihr Kapital direkt investieren möchten, bedienen sich häufig lokaler Berater oder Beratungsfirmen. Auch in diesem Bereich gibt es verschiedene Anbieter, die unterschiedliche Teile der Wertschöpfungskette abdecken. Erfahrene Kunden nutzen oft nur noch einen Finanzberater, der sie bei der Suche und Verhandlung einer kostengünstigen und fairen Finanzierung berät und mit den Usancen des lokalen Finanzierungsmarktes vertraut ist. Große Beratungsfirmen bieten ihren Kunden noch zusätzliche Leistungen, wie zum Beispiel Immobilienbewertung und Makler-Services in Vermietung und Verkauf.Für die internationale Immobilienfinanzierung der BayernLB können wir feststellen, dass diese Möglichkeiten im Markt in der Breite genutzt werden. Asset Manager treten häufig mit den Kollegen in den Niederlassungen in Kontakt. Diese sitzen vor Ort beim Kunden in London, Paris und Mailand und können direkt auf die ausgewiesene Marktkenntnis der BayernLB zurückgreifen. Auch auf diese Weise können Kunden im Ausland betreut und bei ihren deutschen Immobilienfinanzierungen kompetent beraten und unterstützt werden. Lokale Berater werden zwar häufig auch aus München heraus betreut, dürfen jedoch insgesamt mit einer professionellen englischsprachigen Kommunikation und kreditvertraglichen Dokumentation sowie einem profunden Verständnis für die Besonderheiten im internationalen Geschäft von der Bank erwarten.Mit steigendem Interesse am deutschen Immobilienmarkt kann allerdings auch beobachtet werden, dass sehr große Investoren über eigene deutsche Niederlassungen verfügen. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine stärkere Durchdringung des Marktes. Eine dezentrale Aufstellung über eigene Niederlassungen ermöglicht den Anlegern optimierte Investitionschancen, kann jedoch aufgrund der hohen Fixkosten nur von sehr großen Investoren rentabel betrieben werden. Wer profitiert?Ausländische Investoren besitzen mit ihrem Anteil von rund 53 % derzeit die Mehrheit am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt. Die dominierenden Investoren dabei kommen aus den USA, Großbritannien und Frankreich. Besonders stark zeigt sich die internationale Dominanz im Logistikbereich, hier ging der Anteil der deutschen Investoren von 49 % (2013) auf ca. 21 % im Jahr 2014 zurück. Vor allem der starke Anstieg der Aktivität ausländischer Investoren sorgt hin und wieder für Verunsicherung bei nationalen Marktteilnehmern. Wer profitiert nun von den verstärkten internationalen Investments?Die Preisentwicklung bei Immobilien richtet sich zuvorderst nach Angebot und Nachfrage sowie der Mietpreisentwicklung. Im Unterschied zu anderen Märkten kann die Angebotsseite vor allem durch die Bewilligung von Bauten (Baugenehmigung) sowie durch die relativ lange Bauzeit nur mit starker Verzögerung auf Nachfrageänderungen reagieren. Steigt nun die Nachfrage internationaler Investoren an, wirkt sich dies auf die Preise und auf die Mieten aus. Vergleicht man die durchschnittlichen Büromieten in den deutschen Top-6-Städten in den Jahren 2009 bis 2013, so ist lediglich ein moderater Anstieg von ca. 1,3 % p. a. zu erkennen. Im gleichen Zeitraum stiegen die Spitzenmieten international nachgefragter Core-Objekte in den A-Lagen der großen Städte durchschnittlich um 2,5 % p. a. Vergleicht man nun die divergenten Mietentwicklungen, vor dem Hintergrund steigender internationaler Investmentaktivität, so lässt sich ein Einfluss auf die Preissteigerungen durch internationale Marktteilnehmer zumindest vermuten.Neben steigenden Preisen beeinflussen und beleben aber die internationalen Investoren mit ihren Geschäftsaktivitäten vor allem die heimische Wirtschaft. Diese Investitionen bieten vor allem deutschen Unternehmen die Möglichkeit, kapitalschonend ihre Geschäftsaktivitäten zu erweitern. Die Wertschöpfung für Bau und Instandhaltung von Immobilien findet fast ausschließlich in Deutschland statt und sichert auf diese Weise Arbeitsplätze im Planungs-, Projektentwicklungs- und Baugewerbe.Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das zunehmende Interesse internationaler Investoren am deutschen Immobilienmarkt für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt auch große Wachstums- und Entwicklungschancen bietet. Gut aufgestelltDie BayernLB rechnet auch zukünftig mit einer sich ausdehnenden Internationalisierung des Marktes und blickt dieser Entwicklung positiv entgegen. Die Bank plant, in den kommenden Jahren in diesem Geschäftsbereich deutlich zu wachsen und bei der Begleitung ausländischer Kunden nach Deutschland einen bedeutenden Marktanteil zu erreichen. Für die künftigen Gegebenheiten ist die BayernLB mit einem ganzheitlichen Ansatz bereits heute bestens aufgestellt. Durch die Kundenbetreuung über die Auslandsniederlassungen und in Deutschland sowie unsere ausgewiesene Expertise in der internationalen Immobilienfinanzierung können wir unseren internationalen Kunden auch bei ihren deutschen Investmentaktivitäten einen Mehrwert bieten. Hierbei hilft auch das breite Kundenportfolio einer Universalbank. Schließlich verfügt die BayernLB im Rahmen der Begleitung von Projektentwicklungen über sehr gute Kontakte zu Verkäufern von Immobilien und kann somit Investitions- und Desinvestitionsstrategien ihrer jeweiligen Kunden ganzheitlich betreuen.—Von Edgar Zoller Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BayernLB