BAFIN-JAHRESPRESSEKONFERENZ

Der Druck im Zinstief steigt

BaFin fragt Daten von Banken und Versicherern zu den Folgen ab - Kreditregister AnaCredit stockt

Der Druck im Zinstief steigt

Das Zinstief alarmiert die Aufsicht: Mit separaten Erhebungen unter Deutschlands Banken und Versicherern eruiert sie die Folgen für die Ertragskraft.bn Frankfurt – Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) fürchtet im Zinstief um die Ertragskraft von Banken und Versicherern. “Die deutschen Versicherer werden den Einstieg in die Welt von Solvency II nur mit erheblicher Anstrengung schaffen – trotz der Übergangsregelungen und der Volatilitätsanpassung, die das Regelwerk nun vorsieht”, erklärte BaFin-Präsident Felix Hufeld am Dienstag. Nach einer “Vollerhebung Leben” per Ende 2013 hat die BaFin die Versicherer nun aufgefordert, bis Anfang Juni ihre wichtigsten Solvency-II-Kennzahlen per Ende 2014 einzureichen. Da sich die Marktbedingungen seither signifikant verschlechtert hätten, bedürfe es “keiner besonderen Hellsicht”, davon auszugehen, dass zwei Hände nicht mehr reichen würden, um nach Auswertung der Daten die Unternehmen abzuzählen, welche verstärkt zu beobachten seien, erklärte Hufeld unter Bezug auf Angaben vom vergangenen Jahr, denen zufolge diese Zahl noch einstellig war. Die niedrigen Zinsen erhöhen auch im Bankensektor den Druck, weshalb die BaFin bei den Banken, die sie direkt beaufsichtigt, mit der Bundesbank erneut Informationen zu den Folgen für die Ertragskraft abfragt. Neben Szenarien, die ein langfristiges Niedrigzinsumfeld, einen plötzlichen Zinsanstieg und eine weitere Zinssenkung mit negativen Zinsen beinhalten, will sie Hufeld zufolge dabei auch Stresseffekte berücksichtigen, die sich auf das Kredit- und das Marktrisiko auswirken. Auch Planungen der Institute fragt sie ab. “Ein schöner Traum”Gut sechs Monate nach Einführung der europäischen Bankenaufsicht warnt Hufeld vor einem allzu quantitativ orientierten Ansatz in der Bankenaufsicht und geht damit wie seine Vorgängerin Elke König tendenziell auf Distanz zum bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelten Single Supervisory Mechanism (SSM). Der SSM verfolge einen sehr viel stärker quantitativen Ansatz, was zweifellos einer besseren Vergleichbarkeit der Institute diene, sagte er. Dagegen sei überhaupt nichts einzuwenden – solange man sich einig sei, dass gute Aufsicht im Einzelfall auch eine qualitative, abwägende und beurteilende Komponente haben müsse: “Die Vorstellung, dass aufsichtsrechtliche Entscheidungen allein Ergebnis einer mechanistischen, kennzahlen- oder entscheidungsbaumgestützten Deduktion sein könnten, mag für manchen ein schöner Traum sein, geht aber an der Realität vorbei und kann daher nicht Leitbild unseres Aufsichtshandelns sein”, erklärte er.Konzilianter zur europäischen Bankenaufsicht äußerte sich Raimund Röseler, als BaFin-Exekutivdirektor Bankenaufsicht Ersatzmann im Supervisory Board, dem obersten Entscheidungsgremium des SSM. Die EZB versuche natürlich, die Aufsichtsstandards anzugleichen, was völlig richtig sei. Insgesamt sei das Vorgehen “sehr vernünftig”.Derweil stockt das Vorhaben eines “Analytical Credit Dataset” (Anacredit), mit welchem die EZB Kredit- und Kreditrisikodaten auf hochgranularer Ebene erheben will. Es gebe bislang noch keinen Beschluss, nur einen Konzeptvorschlag, der im Supervisory Board nicht angenommen worden sei, berichtete Röseler. Dissens besteht demnach noch über den Schwellenwert, ab welchem Kredite zu erfassen sind. Röseler zufolge streben manche Länder bereits eine Erfassung von Krediten ab 500 Euro an, während etwa die BaFin das bislang in Rede stehende Volumen von 25 000 Euro als “viel zu niedrig” erachtet. Hufeld meldet Vorbehalte anVorbehalte meldete Hufeld beim Vorhaben der EU-Kapitalmarktunion an. Dagegen lasse sich selbstverständlich nichts sagen, solange wirtschaftspolitische Motive der Kommission nicht durch den Abbau finanzregulatorischer Vorgaben umgesetzt würden: “Grundsätzlich wüsste ich allerdings nicht, warum wir uns in Deutschland einreden lassen sollten, eine kapitalmarktorientierte Finanzierung sei einer bankbasieren Finanzierung strukturell überlegen, zumal für eine so stark mittelständisch geprägte Wirtschaft wie die unsrige.”Ihren Bericht zu Zinsmanipulationen bei der Deutschen Bank hat die BaFin Röseler zufolge abgeschlossen und der Bank mit Bitte um Stellungnahme übersandt: “Danach werden wir über Konsequenzen entscheiden.” Prüfungen zur Rolle der Bank bei dem Umsatzsteuerbetrug mit Verschmutzungsrechten und Devisentricksereien seien noch nicht fertiggestellt. Die Zahl der Beschwerden bei der BaFin nahm weiter zu, 2014 um 21 % auf 6 842 (siehe Tabelle). Die meisten Anfragen und Beschwerden zum Kreditgeschäft gingen laut Jahresbericht nach den BGH-Entscheidungen zur Zulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren ein.