WAS EINE ZINSWENDE BEDEUTET - SERIE ZUR ZINSWENDE: IMMOBILIEN (7)

Der große Dämpfer dürfte ausbleiben

Mit einem langsamen Anstieg der Zinsen wird sich das Volumen der Transaktionen am Immobilienmarkt nur in geringem Maße abschwächen

Der große Dämpfer dürfte ausbleiben

Immobilien sind ein beliebtes Anlageziel für Investoren. Daran dürfte sich auch im Jahr 2019 nichts ändern. Steigende Zinsen drücken zwar grundsätzlich auf die Bewertung. Doch dürfte die jetzt später erwartete Wende mit nur langsam steigenden Zinsen die Kauflust von Institutionellen und Privaten nur sehr wenig dämpfen.Von Thomas List, FrankfurtZinsen beeinflussen die Entwicklung der Immobilienmärkte erheblich. Ein sinkender bzw. niedriger Zinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) für das Hauptrefinanzierungsgeschäft geht mit einem steigenden Transaktionsvolumen am deutschen Markt für gewerbliche Immobilien einher, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, wie die Vergangenheit gezeigt hat (siehe Grafik).Die seit Jahren vorherrschenden Niedrigzinsen haben zu einer Flucht in die Sachwerte und damit insbesondere in Immobilien geführt. Sichtbar wird dies beispielsweise am Anstieg des Immobilienbestands beim Anlagevermögen der deutschen Versicherer. Während dieser 2011 noch bei 36,1 Mrd. Euro lag, waren es Ende 2017 schon 52,1 Mrd. Euro (nur Erstversicherer).Altersvorsorgeeinrichtungen mit ihren langfristigen Zahlungsverpflichtungen sind auf einen stabilen Cash-flow und auf geringe Ausfallrisiken angewiesen. Hochwertige “Core”-Immobilien passen da ideal in dieses Anforderungsprofil. Und wer wie viele Versicherer hierzulande ein jährliches Renditeziel von etwa 2,5 % hat, das er aufgrund der in den Lebensversicherungs- und Rentenverträgen eingegangenen Verpflichtungen (Stichwort Garantiezins) auf Jahrzehnte erfüllen muss, ist selbst mit Immobilien, die nur noch eine Anfangsrendite von knapp über 3,0 % bieten, gut bedient. Schwierige Suche Diese Immobilien zu bekommen ist allerdings gar nicht so einfach. Ein knappes Angebot erstklassiger Objekte in Spitzenlagen der Metropolen ist einer der zentralen Gründe dafür, dass Versicherer und Pensionskassen in den vergangenen Jahren ihre Immobilienquoten nicht so stark ausweiten konnten, wie sie es eigentlich geplant hatten.Getragen wird das rekordhohe Transaktionsvolumen am deutschen gewerblichen Immobilieninvestmentmarkt zu etwas mehr als der Hälfte von inländischen Adressen. Dazu gehören Vermögensverwalter und Fonds, hinter denen wiederum Altersvorsorgeeinrichtungen, aber auch vermögende Privatleute stecken. Aus dem Ausland sind prominent Pensionskassen und Staatsfonds vertreten, die gerne große Einzeldeals im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich abschließen. Gerade diese Investoren schätzen Deutschland als wirtschaftlich und politisch stabiles Land ohne Turbulenzen, was natürlich auch für die Zinsentwicklung gilt.Und wie wird es nun im Jahr 2019 weitergehen? Was passiert bei einer Zinswende, also steigenden Zinsen am deutschen Immobilienmarkt?Zunächst einmal dürfte sich der noch 2017 von vielen für spätestens 2019 prognostizierte Zinsanstieg zumindest in (EU-)Europa weiter verzögern. Die EZB schränkt jetzt gerade erst ihre Anleihekäufe ein. Erste, wohl sehr moderate Zinsschritte werden frühestens Ende 2019 erwartet, dies allerdings unter dem großen Vorbehalt einer möglichen Abschwächung der Weltwirtschaft. Im Moment nehmen die Rezessionsängste wieder zu. Die Federal Reserve hat kurz vor Weihnachten die Reduktion des prognostizierten US-Wirtschaftswachstums für 2019 zum Anlass genommen, die Zahl ihrer für 2019 angekündigten Zinsanhebungen von drei auf zwei zu reduzieren.Wie reagieren institutionelle Investoren auf diese Situation? Sie kaufen weiter Immobilien. Eine verringerte Nachfrage lässt sich daher weder weltweit noch in Deutschland feststellen. Sie ist auch für das neue Jahr nicht zu erwarten. Die großen Maklerhäuser rechnen hierzulande mit einem Investitionsvolumen ungefähr auf dem Niveau von 2018 von etwa 60 Mrd. Euro. Limitierender Faktor ist eher das mangelnde Angebot als etwa die Angst vor steigenden Zinsen oder auch konjunkturelle Sorgen. Zinswende verzögert sichDie Zinsen würden, so zumindest die breite Marktmeinung, in Europa nicht vor Ende 2019 beginnen zu steigen, und dann auch nur ganz sanft. Richtig ist, dass steigende Zinsen tendenziell die Finanzierung verteuern – wenn denn eine gebraucht wird. Viele Investoren haben ja ausreichend Eigenkapital, um auf Fremdkapital ganz oder teilweise verzichten zu können. Nur tendenziell wird das Fremdkapital deshalb teurer, weil es vom Finanzierer abhängt, in welchem Ausmaß er steigende Zinsen an seine Kunden weitergibt. Daneben führen steigende Zinsen zu einer Wertminderung der Immobilie, sofern dieser Rückgang nicht (über)kompensiert werden kann, insbesondere durch steigende Mieten. Die Mieten steigen weiterTatsächlich sind beispielsweise die Büromieten in den vergangenen Monaten und Jahren deutlich gestiegen. Dieser Trend dürfte anhalten. Und selbst bei weiter zurückgehenden Immobilienrenditen stellt sich für den Investor immer wieder die Frage: Wo sind die Alternativen? Denn der Anlagedruck, bei Versicherern zum Beispiel aus fälligen Anleihen, bleibt hoch, sprich es müssen ständig große Summen neu angelegt werden. Selbst wenn deutsche Bundesanleihen mit 1 % rentieren würden, bliebe der Abstand zu Büroimmobilien mit etwa 200 Basispunkten immer noch beträchtlich.Außerdem erleidet man mit jedem weiteren Zinsanstieg bei den bereits gekauften Anleihen einen Wertverlust, der zumindest bilanziell zu erfassen ist, auch wenn das Papier wie bei den meisten Versicherern bis zur Endfälligkeit gehalten werden soll und dann zu 100 % zurückgezahlt wird.Experten wie Gernot Archner, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Immobilien-Investment-Sachverständigen (BIIS), gehen daher davon aus, dass Investoren erst dann “richtig auf die Bremse treten” würden, wenn es zu einem größeren unerwarteten Schock (“Lehman 2”) komme: “Dann erwarten potenzielle Erwerber Sicherheitsabschläge, während die Bestandshalter die historische Wertentwicklung als Grundlage ihrer Preisvorstellungen nehmen. Das passt dann nur schwer zusammen. Die Verhandlungen dauern dann entsprechend lange – oder scheitern überhaupt.”Allerdings, so Archner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung weiter, sei selbst nach der Brexit-Entscheidung im Juni 2016 der Schock nur von kurzer Dauer gewesen. “Nach drei Monaten waren die Renditen wieder da, wo sie vor der Abstimmung waren.”Für Immobiliensachverständige, die hierzulande Objekte zum Beispiel in Fonds regelmäßig bewerten müssen, gelte grundsätzlich: Sie dürfen sich von panikartigen Zuständen bei ihrer Bewertung nicht beeinflussen lassen. “Entscheidend sind für die Bewerter die stichtagsbezogen erzielbaren Preise und Mieten.” Spekulationen zum Beispiel über die zukünftige Zinshöhe dürften in die Bewertung nicht einfließen. Letztlich geht es um einen nachhaltigen Wert und nicht um einen durch Notverkäufe verzerrten Markt. Das machte eine Bewertung gerade in Krisenzeiten wie in 2008 und 2009 besonders schwierig.—-Zuletzt erschienen:- Markt für Festgeld kommt in Bewegung (12. 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