Im GesprächUlrich Voigt

Der mühsame Weg zur EZB-Aufsicht

Seit Jahren bereitet sich die Sparkasse KölnBonn auf den Wechsel in der Aufsicht von der BaFin auf die EZB vor. Schwachstelle ist die Kernkapitalquote. Vorstandschef Ulrich Voigt erläutert, wie Abhilfe geschaffen wird.

Der mühsame Weg zur EZB-Aufsicht

Im Gespräch: Ulrich Voigt

Der mühsame Weg zur EZB-Aufsicht

Vorbereitungen der Sparkasse KölnBonn laufen auf Hochtouren – Wie sich die Kernkapitalquote aufmöbeln lässt

Von Annette Becker, Köln

Hatte sich die Sparkasse KölnBonn 2013 noch mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gewehrt, unter die direkte Aufsicht der EZB gestellt zu werden, ist das angesichts der Wachstumsambitionen nicht länger durchzuhalten. Entsprechend laufen bei den Kölnern schon seit Jahren die Vorbereitungen, nicht wissend, wie schnell die Aufgreifgrenze von 30 Mrd. Euro Bilanzsumme überschritten wird.

„Nach unserer Mittelfristplanung wird es erst 2027 passieren“, sagt Ulrich Voigt, Vorstandschef der Sparkasse KölnBonn, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ob das gelinge, sei offen und hänge letztlich auch vom Thema Transformationsfinanzierung ab. „Da wollen wir als Sparkassen unserem Auftrag gerecht werden und unseren Kunden zur Verfügung stehen.“

Wir sind über die Passivseite gewachsen.

Ulrich Voigt, Vorstandschef der Sparkasse KölnBonn

Im Kampf gegen zu flottes Bilanzsummenwachstum gab es unerwartete Unterstützung von den Negativzinsen. Dank Verwahrentgelten konnte das bilanztreibende Einlagenwachstum gebremst werden. „Wir sind über die Passivseite gewachsen“, sagt Voigt und verweist darauf, dass sich die Aktivseite besser steuern lässt. Gemeint ist damit der Verzicht auf Kreditgeschäft. Momentan ist das für die Sparkasse allerdings kein Thema, weil die schwierige konjunkturelle Lage die Kreditnachfrage ohnehin dämpft.

Internes Ratingmodell als Lösung

Wenngleich die Sparkasse in der Vergangenheit auch schon bewusst auf manches Kreditgeschäft verzichtet hat, lag das eher an der schwachen Eigenkapitalquote. Allerdings lässt sich das eine auch nicht komplett vom anderen trennen. Denn unter EZB-Aufsicht wächst die Bedeutung der Kapitalquoten. Theoretisch sind die Anforderungen die gleichen wie bei der nationalen Aufsicht BaFin. Doch die Stresstests sind ungleich schärfer. „Um als Retailinstitut bestehen zu können, braucht man nach unserer Einschätzung eine harte Kernkapitalquote von mindestens 15%“, sagt Voigt. Inklusive Ergebnisverwendung – sprich Reservenbildung – war die harte Kernkapitalquote zuletzt auf 13,4% gestiegen.

Von daher muss die Sparkasse Eigenkapital bilden, nach Möglichkeit ohne das operative Geschäft zu beeinträchtigen. Auf frisches Eigenkapital der kommunalen Eigentümer zurückzugreifen, scheidet als Option aus. Nicht, weil die Städte Köln und Bonn dazu nicht bereit wären, sondern weil Voigt als gebranntes Kind das Feuer scheut. Die Sparkasse war 2008 in eine schwere Schieflage geraten. Die kommunalen Träger eilten ihrem Institut damals zusammen mit dem Rheinischen Sparkassen- und Giroverband zu Hilfe. Doch die auf die Schnelle verabreichte Kapitalinjektion mündete in einem Beihilfeverfahren der EU-Kommission.

Um bei der Quote dennoch zügig Fortschritte zu machen, gab es für die Sparkasse nur einen Ausweg: den Wechsel vom Standardansatz auf das interne Ratingmodell (Internal Ratings Based Approach, IRBA). „Das ist insofern gut, weil die EZB das nach unserer Einschätzung inzwischen von den von ihr beaufsichtigten Instituten erwartet“, sagt Voigt. Eine leichte Übung war es dennoch nicht, und noch ist das Ratingmodell der Sparkasse nicht freigegeben.

Vielversprechende Proberechnung

Doch Voigt ist zuversichtlich: „Dafür werden wir in diesem Jahr vermutlich die Abnahme bekommen.“ Aus Sicht der EZB hat das interne Modell den Vorzug, dass es einen detaillierten Blick in das Kreditbuch des jeweiligen Instituts ermöglicht. Für das IRBA-Projekt haben sich die Kölner mit der Haspa, der Hannoveraner und der Bremer Sparkasse zusammengetan. Zwar muss jedes Institut sein eigenes Modell entwickeln, doch der Austausch hilft.

Und was bringt der interne Ansatz mit Blick auf die Kapitalquote? Voigt hat klare Vorstellungen: „Der Wechsel auf das interne Modell wird zu einer deutlichen Verbesserung unserer harten Kernkapitalquote führen. Nach einer Proberechnung gehen wir davon aus, dass es sich um 4 bis 5 Prozentpunkte handeln kann.“

Unsere risikogewichteten Aktiva werden deutlich sinken.

Ulrich Voigt

Der Grund: Das interne Modell wirkt sich positiv auf die risikogewichteten Aktiva (RWA) aus. „Unsere RWA werden von etwa 16 Mrd. Euro im Standardansatz deutlich sinken. Wie stark, hängt von den Ergebnissen der Abnahmeprüfung ab“, sagt Voigt. Darin noch nicht eingerechnet ist die Kapitalbildung aus der Reservebildung im vorigen und im laufenden Jahr. Das sollte noch einmal ein paar Prozentpunkte bringen.

Wenn man unter EZB-Aufsicht kommt, muss man wachsen.

Ulrich Voigt

Ein hoher Kapitalpuffer ist nach Einschätzung von Voigt Pflicht, und zwar bevor die EZB die Aufsicht übernimmt: „Wenn man unter EZB-Aufsicht kommt, muss man wachsen. Bei einer Bilanzsumme von 31 Mrd. Euro zu verharren, macht keinen Sinn, weil nach unserer Erwartung sprungfixe Aufsichtskosten von 10 bis 15 Mill. Euro jährlich dazukommen“, veranschaulicht der Sparkassenchef. Perspektivisch will die Sparkasse ihre Bilanzsumme daher auf 35 bis 40 Mrd. Euro ausbauen. 2023 waren es 28 Mrd. Euro.

Die Unbekannte: der SREP-Zuschlag

„Wir werden in den nächsten Jahren eine gute Kernkapitalquote bekommen und können dann beruhigt wachsen“, ist Voigt überzeugt. Der Kapitalpuffer ist aber auch aus anderem Grund wichtig, gibt es doch die gefürchteten Zuschläge der EZB. Im Vorhinein lässt sich nicht abschließend bewerten, was an zusätzlichen Kapitalanforderungen auf eine Bank zukommt.

„Man muss ja auch berücksichtigen, dass wir unseren derzeit geringen Zuschlag aus dem aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) wahrscheinlich nicht halten können. Es ist davon auszugehen, dass man am Anfang gleich den durchschnittlichen Zuschlag vergleichbarer von der EZB beaufsichtigter Institute erhält. Dieser liegt nach unserer Einschätzung bei 1,5 Prozentpunkten“, sagt Voigt. Im SREP wird beispielsweise auch die Säulenzugehörigkeit abgebildet. Was gerade für Sparkassen die Frage aufwirft, ob der Verwaltungsrat nach dem Geschmack der EZB-Aufseher über ausreichend Sachkompetenz verfügt. Im Verwaltungsrat der Sparkassen sitzen in der Regel Kommunalpolitiker, die qua Amt in die Aufsichtsfunktion gelangen. Sollte die EZB an dieser Stelle Bedenken hegen, bekäme die Sparkasse das vermutlich mit einem höheren SREP-Zuschlag zu spüren.

Kein Wettstreit

Aus dem Sparkassenlager gibt bislang keine kommunale Sparkasse, die von der EZB beaufsichtigt wird. Die Haspa steht zwar unter Kuratel der EZB, bei ihr handelt sich jedoch um eine freie Sparkasse. Obendrein beaufsichtigt die EZB die Haspa Finanzholding, der Bankbetrieb ist jedoch in die AG ausgelagert. Ob die Sparkasse KölnBonn aber tatsächlich zur ersten kommunalen, von der EZB beaufsichtigten Sparkasse wird, steht noch nicht fest. Auch die Kreissparkasse Köln bewegt sich mit ihrer Bilanzsumme seit Jahren knapp unterhalb der Aufgreifgrenze. Wer am Ende das Rennen macht, ist offen. „Ich bin überhaupt nicht motiviert, der Erste zu sein“, gibt Voigt zu Protokoll.

Seit Jahren bereitet sich die Sparkasse KölnBonn auf den Wechsel in der Aufsicht von der BaFin auf die EZB vor. Schwachstelle ist die Kernkapitalquote. Vorstandschef Ulrich Voigt hat nun einen Ausweg gefunden: Er will vom Standardansatz auf das interne Ratingmodell switchen. Was das bringt, erläutert er im Gespräch.

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