SERIE: NACHHALTIGKEIT IM FINANZSEKTOR (TEIL 14) - DER FINANZSEKTOR WIRD GRÜNER

Der Staat weist den Weg

Institutionelle Investoren aus Frankreich sind per Gesetz verpflichtet offenzulegen, wie sie Umweltschutz und Klimawandel in ihrer Anlagepolitik berücksichtigen

Der Staat weist den Weg

Paris zur Welthauptstadt der grünen Finanzwirtschaft machen: Das ist das erklärte Ziel des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seines Umweltministers Nicolas Hulot. Erst bot Macron US-Präsident Donald Trump nach der Ankündigung des Ausstiegs der USA aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen mit seinem Appell “Make our planet green again” die Stirn. Dann initiierte er im Dezember den Klimagipfel “One Planet Summit”, bei dem die Finanzierung der Klimapolitik im Mittelpunkt stand.Von Gesche Wüpper, ParisDen Weg gewiesen hat der Staat in Frankreich schon weit vor dem Amtsantritt von Präsident Macron. Immerhin wird von ihm seit Jean-Baptiste Colberts Wirken als Finanzminister von Louis XIV eine aktive Rolle erwartet. Dies gilt auch für die Klimapolitik. Macrons Vorgänger François Hollande brachte 2015 ein Energiewendegesetz auf den Weg, das unter anderem vorsieht, bis 2030 die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 40 % zu senken, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion auf 32 % zu steigern und den Anteil fossiler Energieträger wie Erdöl um 30 % zu reduzieren.Der Anfang 2016 in Kraft getretene Artikel 173 des Gesetzes wiederum verpflichtet institutionelle Investoren, öffentlich zu kommunizieren, wie sie Umweltschutz, Soziales und den Klimawandel bei ihrer Investitionspolitik berücksichtigen oder eben nicht. Dagegen schreibt er nicht vor, dass sich institutionelle Investoren für Umweltschutz und Klimawandel engagieren müssen. Doch allein der Zwang zu erklären, ob und wie diese Kriterien bedacht werden, dürfte ein großer Anreiz sein, sich entsprechend zu engagieren, um in der Öffentlichkeit nicht schlecht dazustehen.Ab dem laufenden Jahr muss zudem das ebenfalls noch unter Hollande auf den Weg gebrachte sogenannte Gesetz der “Pflicht zur Wachsamkeit” angewendet werden: Unternehmen mit mehr als 5 000 Mitarbeitern und Firmensitz in Frankreich sowie ausländische Konzerne mit mehr als 10 000 Mitarbeitern in Frankreich müssen nun Pläne veröffentlichen, wie sie darauf achten, dass bei ihnen, ihren Filialen und Zulieferern nicht gegen Menschenrechte, Umweltschutz und Antikorruptionsmaßnahmen verstoßen wird. Die ursprünglich vorgesehenen Bußgelder wurden allerdings vom Verfassungsrat annulliert.Mit der Verpflichtung institutioneller Investoren offenzulegen, wie sie Umweltschutz und Klimawandel berücksichtigen, ist Frankreich weltweit Vorreiter. Das Gesetz betrifft rund 840 institutionelle Investoren, darunter auch die 430 französischen Assetmanager, die der Association française de la gestion financière (AFG) angehören. Sie waren bereits seit 2012 durch Artikel 224 des sogenannten Grenelle-II-Gesetzes für Umweltschutz angehalten, über die Berücksichtigung von Umweltschutzkriterien in ihrer Anlagepolitik Rechenschaft abzulegen. Die Vermögensverwalter müssen nun seit Inkrafttreten des Energiewendegesetzes des früheren Präsidenten Hollande genau auflisten, welche Fonds die betreffenden Aspekte berücksichtigen und welchen Anteil diese an dem von ihnen verwalteten Vermögen haben.Das Energiewendegesetz schreibt zudem den rund 60 größten institutionellen Investoren mit einer konsolidierten Bilanz von mehr als 500 Mill. Euro vor zu publizieren, wie sie Klimarisiken berücksichtigen, wie sie ihr Portfolio im Hinblick auf das internationale Ziel ausrichten, den Temperaturanstieg auf zwei Grad zu beschränken, und wie sie zur Finanzierung der grünen Wirtschaft beitragen. Artikel 173 des Gesetzes sieht auch vor, dass für Banken und Kreditanstalten spezielle Stresstests mit Blick auf Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel entwickelt werden. Das Finanzministerium arbeitet noch daran. Der Bankenverband Fédération bancaire française plädiert für einen Bonus, der Finanzinstitute dazu anregen soll, ihre Bilanz CO2-freier zu gestalten. Nicht nur MarketingBei den französischen institutionellen Investoren gebe es den Willen, die Vorschriften des Artikels 173 als wahrhaftes Investitionsthema und nicht nur als Marketinginstrument zu nutzen, meint Antoine Tiago von Natixis Investment Managers. Einige große institutionelle Investoren aus Frankreich hätten aber schon vor dem Inkrafttreten Umweltschutzaspekte in ihrem Portfolio berücksichtigt. So hätten Ircantec und das Etablissement de retraite additionnelle de la fonction publique schon 2005 beschlossen, ihre gesamten Aktiva nach den Prinzipien der sozialen Verantwortlichkeit zu investieren, und 2014, die CO2-Bilanz ihrer Aktienportfolios zu veröffentlichen. Uneinheitliche UmsetzungNovoethic, ein 2001 von der staatlichen Caisse des dépôts (CDC) gegründetes Forschungszentrum für verantwortungsvolle Investitionen, hat in einer Ende 2017 veröffentlichten Studie analysiert, wie die 100 wichtigsten institutionellen Investoren in Frankreich das Energiewende-gesetz umsetzen. Demnach haben immerhin 69 von ihnen einen entsprechenden Bericht verfasst. Es gebe jedoch noch Schwierigkeiten mit einer einheitlichen Umsetzung, meint Dominique Blanc von Novoethic. Die 15 laut den Kriterien von Novoethic engagiertesten Investoren, die zusammen ein Vermögen von 1,8 Bill. Euro verwalten, veröffentlichten demnach jeweils Berichte mit bis zu 105 Seiten. Einige nehmen diese sogar in ihren Jahresbericht mit auf. Sie hätten in Bezug auf den Klimaschutz eine klare, gezielte Strategie, meint Blanc. Kleine Häuser im RückstandDie Börsenaufsicht AMF (Autorité des marchés financiers) kam zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach haben 68 % von 516 analysierten Vermögensverwaltern Berichte veröffentlicht mit Angaben, ob bzw. wie sie Umwelt- und Klimaschutz berücksichtigen. Gerade kleinere Gesellschaften sind demnach jedoch im Rückstand, den Verpflichtungen des Energiewendegesetzes nachzukommen. Von rund hundert von der AMF unter die Lupe genommenen Fonds legten 2015 nur 26 % ihre entsprechende Strategie dar. 2017 waren es jedoch bereits 71 %. Die Börsenaufsicht empfiehlt nun, dass Vermögensverwalter auf ihren Internetseiten auflisten sollten, welche Titel sie im Portfolio haben. Außerdem sollten sich sozial verantwortliche Fonds um das 2016 geschaffene ISR-Label für nachhaltige Platzierungen bemühen.In einer von Share Action Anfang Dezember veröffentlichten Rangliste der europäischen Banken, die sich am stärksten für den Klimaschutz engagieren, kommt BNP Paribas auf Platz 1 und Crédit Agricole sowie Société Générale auf die Plätze 4 und 5 hinter UBS und HSBC. Die drei französischen Banken hätten die Gesetzgebung als den treibenden Faktor für ihr Engagement angegeben, berichtet Share Action.BNP hatte im Oktober angekündigt, die Zusammenarbeit mit Unternehmen zu stoppen, deren Kerngeschäft Schieferöl, Schiefergas und Ölsand sind. BNP will auch keine Projekte mehr zum Transport von Öl und Gas finanzieren, die mit den umstrittenen Förderverfahren gewonnen wurden, genauso wenig Forschungs- und Förderprojekte für Öl und Gas in der Antarktis. Crédit Agricole, Société Générale, Natixis und Axa zogen anlässlich des Klimagipfels im Dezember nach. Allerdings urteilt die Umweltschutzorganisation Les Amis de la Terre, dass Crédit Agricole und Société Générale weniger ambitionierte Ziele als die anderen Institute hätten.Im vergangenen Jahr war Frankreich zusammen mit China und den USA auch bei der Emission grüner Anleihen führend. Die drei Länder zusammen machten nach Angaben der Climate Bonds Initiative (CBI) zusammen 56 % der Emissionen mit einem Volumen von 150 Mrd. Dollar aus, wobei der französische Staat mit einem Green Bond in Höhe von 7 Mrd. Euro für die größte einzelne Platzierung verantwortlich war. Green Bonds in PlanungDie Regierung von Macron will auch 2018 wieder grüne Anleihen auflegen. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire kündigte zudem im Dezember 2017 eine Charta für öffentliche Investoren wie Bpifrance, die Caisses des dépôts und die staatliche Beteiligungsgesellschaft zugunsten des Klimaschutzes an. Sie sollen auch die Unternehmen, in die sie investieren, dazu bringen, sich dafür zu engagieren. Die Caisse des dépôts soll zudem darauf achten, dass die Guthaben auf dem Sparbuch für nachhaltige und solidarische Entwicklung (LDDS) für den Klimaschutz eingesetzt werden.—-Zuletzt erschienen: – “Nicht per se weniger risikoreich” (1. Februar)- Investoreninitiative will den Austausch verbessern (31. Januar)