Deutsche Bank profitiert von höheren Risiken
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Die Firmenkundenbanker und Händler der Deutschen Bank haben das Jahr 2022 für das Institut nicht nur gerettet – sondern veredelt, wie die am Donnerstag präsentierten Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 zeigen. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing betonte auf der Pressekonferenz die Ausgewogenheit seiner Bank – als Ganzes, aber auch speziell innerhalb der Investmentbank.
Die jahrelangen Bemühungen, die stabileren Geschäfte zu stärken, um unabhängiger vom volatilen Investment Banking zu werden, zeigen sich nun erstmalig auch im Ergebnis. Mehr als 60% der Erträge kamen aus stabilen Geschäftsfeldern, berichtet die Bank. Sinnbildlich dafür steht die Unternehmensbank. Dort bündelt die Deutsche Bank ihr Firmenkundengeschäft, also alles vom Kreditgeschäft über den Zahlungsverkehr bis zum Cash Management. Seit Jahren stagnieren dort die Erträge bei rund 5,3 Mrd. Euro. 2022 sind sie sprunghaft um fast ein Viertel auf rund 6,3 Mrd. Euro gestiegen, den höchsten Wert seit Gründung der Sparte. Die Bank profitierte dabei natürlich stark vom gestiegenen Zinsniveau. Der Zinsüberschuss der Unternehmensbank stieg um satte 39% auf rund 3,6 Mrd. Euro und machte damit 57% der Erträge in der Unternehmensbank aus.
Mehr Geschäft mit Firmen
Seit Jahren kündigt die Bank aber auch an, mit ihren bestehenden Firmenkunden mehr Geschäft zu machen. Ertragsseitig waren diese Erfolge bislang indes nicht wirklich zu sehen. Zuletzt dürften vor allem Absicherungsprodukte hoch im Kurs gestanden haben. Sewing bezeichnete die Deutsche Bank als „Risikomanager für Unternehmen“. Die Zahlen geben ihm recht. Innerhalb der Unternehmensbank sind die Erträge im Bereich Treasury Services am stärksten gestiegen. Dort sind vor allem Produkte angesiedelt, die Finanzabteilungen von Unternehmen für ihr Risikomanagement benötigen. Und auch in der Investmentbank profitierte die Bank von den steigenden Risiken, denen sich ihre Kunden ausgesetzt sahen. Der Handel mit festverzinslichen Wertpapieren und Währungen (FIC) florierte und bescherte der Bank mit 8,9 Mrd. Euro die höchsten Erträge in diesem Geschäft seit zehn Jahren. In volatilen Märkten profitierte die Bank von der hohen Kundennachfrage nach Produkten, um Zins- und Währungsrisiken abzusichern. In diesem Geschäft ist für die Bank die eigene Bonität sehr wichtig. Ohne die vier Rating-Heraufstufungen seit 2021 wäre dieser Erfolg deshalb nicht möglich gewesen.
So überkompensierte der Handel mit festverzinslichen Produkten (FIC) das schwache Emissions- und Beratungsgeschäft der Investmentbank. Die Bank verwies allgemein auf die schwierige Marktlage und explizit auf Marktwertverluste im Bereich Leveraged Debt Capital Markets – ein Geschäftsfeld, in dem der Regulator und auch die Bank selbst zuletzt größere Risiken gesehen hatte und deshalb weniger Risikoappetit zeigte. Das gilt auch für die gewerbliche Immobilienfinanzierung, wo man Sewing zufolge künftig genauer hinsehen müsse, denn das steigende Zinsniveau erhöhe dort das Refinanzierungsrisiko. Insgesamt machte sich der Deutsche-Bank-Chef mit Blick auf die Risikovorsorge wenig Sorgen. Für 2023 kalkuliert er mit Kreditrisikokosten, die bezogen auf das gesamte Kreditportfolio eher am unteren Ende einer Spanne von 25 bis 30 Basispunkten liegen sollten. Die Deutsche Bank hofft also auch weiterhin von steigenden Risiken mehr zu profitieren als darunter zu leiden.