Deutsche Börse erhöht erneut Gewinnprognose
Deutsche Börse: Sorgen um neue Software-Kunden
Deutsche Börse muss Software-Geschäft erklären
Aktie trotz höherer Gewinnprognose unter Druck – Analysten hinterfragen neues Softwaregeschäft – Designierter CEO Stephan Leithner beschwichtigt
phh Frankfurt
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Die Deutsche Börse hat im dritten Quartal mehr verdient als erwartet, erhöht erneut die Umsatz- und Gewinnprognose und bestätigt ihre Ziele für die Strategie „Horizon 2026“. Trotzdem gibt der Aktienkurs nach. Das könnte mit kritischen Fragen von Analysten zum neuen Softwaregeschäft zusammenhängen.
In seiner ersten Telefonschalte mit Analysten in seiner neuen Funktion als Co-CEO der Deutschen Börse konnte Stephan Leithner am Mittwoch für das abgelaufene dritte Quartal gute Geschäftszahlen präsentieren. In der Folge erhöht die Deutsche Börse erneut ihre Umsatz- und Gewinnprognose für das laufende Jahr.
Bei den Nettoerlösen geht die Börse aufgrund des starken organischen Wachstums nun für das Gesamtjahr nicht mehr von mehr als 5,6 Mrd. Euro, sondern von 5,8 Mrd. Euro aus. Beim operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lautet die neue Jahresprognose jetzt 3,3 bis 3,4 Mrd. Euro. Das ursprüngliche Ziel lag bei mehr als 3,2 Mrd. Euro.
Deutsche Börse bestätigt Ziele für 2026
Analysten hatten im Vorfeld für das dritte Quartal durchschnittlich mit Nettoerlösen von rund 1,4 Mrd. Euro und einem operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 804 Mill. Euro gerechnet. Beide Erwartungen hat die Deutsche Börse im dritten Quartal erfüllt. Die Nettoerlöse betrugen rund 1,4 Mrd. Euro. Das Ebitda legte gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17% auf 802 Mill. Euro zu und liegt damit im Rahmen der Erwartungen.
Gleichzeitig bestätigte Leithner die finanziell gesteckten Ziele im Rahmen der „Strategie 2026“. Bis Ende 2026 sollen die Nettoerlöse auf 6,4 Mrd. Euro steigen, was einem durchschnittlichen jährlichen organischen Wachstum von 7% entspreche. Die Prognosequalität habe sich der Börse zufolge verbessert, da der Anteil des Finanzergebnisses zurückgegangen sei.
Deutsche Börse erklärt saisonales Softwaregeschäft
Die Deutsche Börse hatte in den zurückliegenden Quartalen im Treasury von dem gestiegenen Zinsniveau profitiert. Wenn Kunden für die Wertpapierabwicklung Bareinlagen als Sicherheit hinterlegen, kann Clearstream diese Gelder über Nacht anlegen. Im dritten Quartal summierten sich die Nettozinserträge aus dem Bankgeschäft im Fonds- und Wertpapierdienstleistungsgeschäft auf 189 Mill. Euro und sind damit verglichen mit dem Vorjahreszeitraum leicht gestiegen.
Trotz der guten Quartalzahlen gab der Aktienkurs der Deutschen Börse zunächst um knapp 3% nach. Analysten hinterfragten in einer Telefonschalte am Donnerstag vor allem das Wachstum der Deutschen Börse im noch relativ neuen Geschäftsbereich Software Solutions. Bis Ende 2026 sollen die jährlich wiederkehrenden Erlöse (Annual Recurring Revenue) in diesem Geschäft im Schnitt um 13 bis 18% pro Jahr wachsen. Im dritten Quartal betrug die Wachstumsrate jedoch nur 11%. Leithner betonte, dass die Deutsche Börse voll im Plan liege und verwies auf die hohe Saisonalität in diesem Geschäft. Entscheidend sei vor allem das vierte Quartal, insbesondere der Dezember.
Operative Kosten legen um ein Fünftel zu
Bei operativen Kosten lag die Börse mit 603 Mill. Euro um 20% über Vorjahr. Einen Anstieg in dieser Größenordnung hatten Analysten im Vorfeld auch erwartet. Der hohe Anstieg ist überwiegend mit der Übernahme des dänischen Spezialsoftware-Anbieters Simcorp zu begründen, den die Deutsche Börse gerade in ihr Geschäftssegment Investment Management Solutions (IMS) integriert.
Auf der anderen Seite bescherte Simcorp der Deutschen Börse im dritten Quartal aber auch zusätzlich Erlöswachstum. Die Hälfte der gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18% gestiegenen Nettoerlöse sei auf Simcorp zurückzuführen, das speziell im nordamerikanischen Markt bedeutende Kunden gewonnen habe. Die anderen 9% hingegen seien organisches Erlöswachstum gewesen.
Offene Personalfragen bei der Deutschen Börse
Weiter unklar bleibt derweil, wie und wann die Deutsche Börse wichtige personelle Entscheidungen treffen wird. Die drängendste Frage ist sicherlich die nach dem neuen Aufsichtsratschef. Martin Jetter wird sein Amt mit Ablauf der nächsten Hauptversammlung im kommenden Jahr niederlegen, wie schon länger bekannt ist. Sein Nachfolger wird bereits gesucht und dürfte dann die zweite große Personalfrage zu klären haben: Wie geht es weiter auf dem Posten des Finanzchefs?
Der Vertrag des langjährigen CFOs Gregor Pottmeyer läuft nächstes Jahr Ende September aus und wird unter Umständen nicht verlängert. Die Deutsche Börse äußert sich dazu bislang nicht. Ebenfalls noch nicht geklärt ist, wer Stephan Leithner intern nachfolgen wird. Gesucht wird weiterhin ein Leiter für das Vorhandelsgeschäft.
Selbsternannter Meilenstein für Clearstream
Vor wenigen Tagen gab die Deutsche Börse zudem bekannt, dass die digitale Nachhandelsplattform D7 der Clearstream-Tochter mit 10 Mrd. Euro an digitalem Emissionsvolumen einen Meilenstein erreicht habe. Wichtige Finanzinstitute hätten sich D7 bereits angeschlossen. Als jüngstes Beispiel nennt die Börse die KfW, die zwei Benchmark-Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 7 Mrd. Euro emittiert habe.
Mit ihrer digitalen Nachhandelsplattform D7 nimmt Clearstream aktuell auch an verschiedenen Tests der Europäischen Zentralbank (EZB) teil. Diese sucht im Kontext einer digitalen Zentralbankwährung derzeit nach neuen Technologien für digitale Zahlungen im Großkundengeschäft. Clearstream fordert nun eine reibungslose Überführung der Testinfrastruktur in eine Übergangslösung.