IM GESPRÄCH ZUR SERIE GELDWÄSCHE (5): THOMAS EGNER UND ANNICK MOES

Die Branche feilt an der Prävention der Geldwäsche

European Banking Association verfolgt vier Ansätze, vom Datenabgleich vor einer Zahlung bis hin zur Know-your-Customer-Plattform

Die Branche feilt an der Prävention der Geldwäsche

Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Methoden der Geldwäsche sind vielfältig. In der Bankenbranche rauchen deshalb schon seit längerem die Köpfe, wenn es um die Frage geht, wie man verdächtigen Zahlungen besser auf die Schliche kommen kann, und dies am besten möglichst effizient. Die European Banking Association (EBA), welche die Interessen von knapp 200 europäischen Banken vor allem mit Blick auf Zahlungsverkehrssysteme und Infrastruktur vertritt, sieht derzeit vier Ansätze für Verbesserungen, wie Generalsekretär Thomas Egner und Annick Moes, Head of Communications, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung deutlich machen: “In ihrer Kombination können sie dafür sorgen, Schlupflöcher zu schließen und somit Betrug und auch Geldwäsche wirksam zu bekämpfen”, erklärt Moes. Konkret geht es um einen Abgleich von Daten vor der Ausführung von Zahlungen, um eine obligatorische Bestätigung der Identität des Begünstigten unmittelbar vor einem Geldtransfer, um einen optionalen Informationsaustausch zwischen Banken über Parteien von Zahlungsbewegungen sowie um den Aufbau von Datenbanken zum Zahlungsverkehr. Zahlung nach ZustimmungAm frühesten im Zahlungsprozess setzt dabei der einem Transfer vorgeschaltete Datenabgleich an. Das Konzept: Sendet ein Unternehmen über seine Bank oder über eine dritte Partei der Bank eines Kunden eine Zahlungsaufforderung, bittet jenes Institut seinen Kunden, der Zahlung vorab zuzustimmen oder diese abzulehnen – die Zahlung selbst findet womöglich erst später statt, wenn die erforderlichen Daten ausgetauscht sind und auch die jeweiligen Zahlungsdienstleister die Sicherheit und Legitimität der Anfrage gewährleisten können.Angesichts des Wachstums im E-Commerce, auch in Kombination mit dem Instrument von Echtzeitzahlungen, wird dem Verfahren Sepa Request to Pay (SRTP) Scheme eine große Zukunft vorhergesagt. Die Chancen auf eine Realisierung? Blendend. Der aus einer Initiative europäischer Bankenverbände 2002 hervorgegangene European Payments Council hat dazu ein Regelwerk entwickelt, das Mitte Juni in Kraft treten soll, und die EBA-Ausgründung EBA Clearing hat unter dem geschützten Namen “R2P” bereits eine entsprechende Infrastrukturlösung entwickelt. “Die erforderliche Technik ist schon jetzt weitestgehend vorhanden”, sagt der EBA-Generalsekretär und ergänzt: “Möglicherweise könnte Request to Pay für die Ausgestaltung der European Payments Initiative hilfreich sein” – dieser Zusammenschluss von Banken will ein einheitliches europäisches Zahlungsverfahren mit einer eigenen Infrastruktur etablieren und damit den US-Kartenriesen Visa und Mastercard Konkurrenz machen. … nach BestätigungEtwas später, aber noch immer vor dem Zeitpunkt einer Zahlung, setzt die Idee der Bestätigung der Identität des Begünstigten an. Das Konzept: Gibt jemand eine Zahlung in Auftrag, tauschen sich die Banken des potenziellen Zahlers sowie des Empfängers hinsichtlich der Identität des Begünstigten aus und fragen bei diesem an, ob er die Zahlung tatsächlich erhalten will. Dies soll verhindern, dass in falschem Namen etwa Rechnungen gestellt und Zahlungen angefordert werden. Die Chancen auf eine Realisierung? Hoch.Die EU-Kommission hat diese Idee in ihr digitales Finanzpaket aufgenommen und will sie paneuropäisch verwirklichen. In Deutschland wird das Verfahren noch nicht praktiziert, wohl aber bereits in den Niederlanden sowie in Großbritannien, wo es unter dem Begriff “Confirmation of the Payee” firmiert. In der Praxis hat das Konzept dabei allerdings schon Mühe bereitet, denn wenn jemand ein Konto etwa von einem Factoring-Unternehmen führen lässt, kann es mit der Bestätigung der Identität schnell komplexer werden, wie Moes berichtet.In den Niederlanden hat sich bereits ein zentraler Dienstleister etabliert, der im Zuge eines “IBAN-Naam Check” Firmennamen anhand eines öffentlichen Registers überprüft. Gleichwohl hat das Konzept seine Fans, etwa in Portugal, das sich an seine Einführung macht. “Die portugiesischen Banken wollen hierfür auch die im Rahmen des Open Banking eingeführte API-Technologie nutzen”, sagt Egner mit Blick auf Schnittstellen. Beides erfordere eine schnelle Kommunikation zwischen Banken. Wann das Verfahren europaweit Standard wird, steht noch in den Sternen, denn jede Änderung in nationalen Zahlungssystemen bedeutet Aufwand. Sollte sich die Kreditwirtschaft indes zu lange zieren, das System aus freien Stücken einzuführen, kann die EU es schlicht Teil der regulatorischen Vorgaben werden lassen.Eine dritte Neuerung, mit welcher die EBA sympathisiert, ist die Einführung eines optionalen Felds für Zusatzinformationen im Zahlungsverkehr. Die Idee? Banken erhalten die Gelegenheit, Bewegungen in ihrem Zahlungsverkehr mit zusätzlichen Informationen an die Empfängerbank zu versehen. Im Kampf gegen Geldwäsche macht es nun einmal einen großen Unterschied, ob jemand eine monatlich wiederkehrende Gehaltszahlung leistet oder etwa einen höheren Betrag einem bis dato nicht frequentierten Empfänger bei einer erstmals genutzten Bank anweist. Die Chancen auf eine Realisierung? Bleiben abzuwarten.Ein erster Vorstoß niederländischer Banken, die bereits ein entsprechendes Pilotprojekt betrieben, für eine europaweite Einführung hat in der Branche einiges an Aufregung nach sich gezogen: Die niederländischen Institute hatten eine Art Betrugswarnampel angeregt mit den Farben Grün für unproblematische Zahlungen, Gelb für solche, die einen zweiten Blick lohnen, und Rot für dubiose Bewegungen. Manche Institute fragten sich daraufhin, ob sie gelb markierte Zahlungen überhaupt noch annehmen dürften, ohne Rechtsrisiken einzugehen. … mit ZusatzangabenSeither sind die Initiatoren bemüht, das Instrument der Kategorisierung kleinzureden. Nun geht es nurmehr um “kontextuelle Informationen” ohne Ampelfarben und implizite Wertungen. Die EBA würde sich aber wünschen, dass das Konzept Erfolg hat und etwa das European Payments Council für das optionale Feld für Zusatzinformationen, das der niederländische Zahlungsabwickler Equens sowie EBA Clearing technisch bereits aufgesetzt haben, infrastrukturunabhängige paneuropäische Regeln oder “Business Practices” entwickelt.Ein Argument: Den Geldwäschebeauftragten würde eine solche Hilfe dabei helfen, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen, anstatt die Nadel im Heuhaufen zu suchen. Legende ist auch in Deutschland die Masse an sogenannten “False Positives” – Geldwäsche-Verdachtsmeldungen, an denen nichts dran ist. Auch könnte ein solches System dem Problem entgegenwirken, dass Banken nur deshalb die Annahme von Zahlungen verweigern, weil sie diese nicht wie von der Regulierung vorgeschrieben binnen weniger Sekunden prüfen können.Noch freilich sind Hürden zu überwinden: “Was den Praktiker in der Bank erfreuen würde, kann dem Juristen durchaus Sorgen bereiten”, gibt Egner zu bedenken und verweist auf Diskussionen etwa über die Frage, ob mit solchen kontextuellen Angaben nicht eine Verschiebung von Haftung und Rechtsrisiken einhergeht. Daher betont er, dies sei nicht die Idee: “Nach dem Vorschlag der damit befassten Arbeitsgruppe ist dieses Feld immer optional. Eine Verlagerung von Prüfungspflichten soll nicht stattfinden.” Bestimmungen des Datenschutzes sind überdies zu beachten. Welche Informationen darf eine Bank über einen Kontoinhaber weitergeben?Entscheiden kann über eine Einführung eines Zusatzfelds nicht die EBA, sondern der European Payment Council (EPC), der die Verfahrensregeln für den Zahlungsverkehr festlegt. Er hat die Ampel abgelehnt und will sich auf Anfrage zur Idee eines optionalen Zusatzfelds nicht äußern. Seine EPC Scheme Evolution and Maintenance Working Group (SEMWG) steht dem Vorschlag skeptisch gegenüber. Bedarf unklarEs sei unklar, ob es Bedarf an einem solchen Marker gebe, heißt es in einem im März veröffentlichten Dokument. Noch habe man nicht genug Input von Betrugs- und Rechtsexperten erhalten. Falls eine Bank Zweifel beschlichen, solle sie lieber versuchen, diese mit ihrem Kunden auszuräumen, anstatt eine Zahlung zu markieren, hieß es. Im Startquartal steht eine jährliche Überprüfung der EPC-Regeln an. “Viele unserer Mitglieder würden es begrüßen, dass man sich damit nochmals befasst”, sagt EBA-Kommunikationschefin Moes.Das vierte Konzept zur Verbesserung der Geldwäscheprävention setzt an der Zeit nach Zahlungen an: die Daten-Plattform. Die Idee: Viele Banken tauschen ihre Daten zu bereits identifizierten Betrugsfällen aus und senken damit kollektiv ihre individuellen Kosten. Die Chancen auf ihre Realisierung? Gut. So teilen Banken in Skandinavien bereits auf der Plattform Nordic Financial Cert ihre Informationen zu Strohmännern im Geldwäschegeschäft, sogenannten Money Mules. Versuche, den Austausch paneuropäisch zu organisieren, laufen auf Hochtouren. Die EBA steht dazu in Kontakt mit dem EPC. Beide Organisationen haben parallel ähnlichen Konstruktionen konzipiert.Während das EPC den Gedanken der Plattform als Startpunkt nahm, setzte die EBA zunächst auf die Entwicklung einer Taxonomie der verschiedenen Arten von Betrug, wie Egner berichtet: “Wir haben viel Zeit auf die Frage verwendet, wie man eine Systematik finden kann, in der Betrugsfälle auf eine einfache und einheitliche Art abgebildet werden können.” Laut seinen Angaben zielen beide Vorstöße in dieselbe Richtung. Er sagt aber auch: “Ein weitgehend harmonisiertes Datenmodell wäre prima. Eine Vielzahl von Verfahren bringt eine Marktfragmentierung mit sich.” Standards für DatenpoolWie die Börsen-Zeitung im Juni berichtet hatte, haben sich deutsche Großbanken bereits auf Standards für einen Datenpool zur Geldwäscheprävention geeinigt. Eine unter dem Dach der dem Bertelsmann-Konzern zugehörige BFS Finance entwickelte Plattform soll Kundendaten der Institute sammeln, diese anreichern und weitergeben. Würden solche Plattformen nicht isoliert konzipiert, ließen sie sich verknüpfen, sagt Egner: “Viele Banken haben uns gefragt, ob die EBA nicht eine Plattform für eine Harmonisierungsdiskussion bieten könne, auf deren Basis dann unterschiedliche Lösungsanbieter am Markt aktiv werden können.” Zuletzt erschienen: Interview mit BaFin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch (5. Januar) Die Methoden: Von der Klassik zur Moderne (30.12.2020) Interview mit FIU-Leiter Christof Schulte (23.12.2020)