Betrugsverfahren

Die erste Zeugin von EY im Wirecard-Prozess trägt kaum zur Wahrheitsfindung bei

Im Wirecard-Betrugsprozess hat erstmals eine frühere Mitarbeiterin des in die Kritik geratenen Abschlussprüfers EY vor Gericht ausgesagt. Ihre Angaben tragen aber kaum zur Aufklärung des Wirtschaftskrimis bei.

Die erste Zeugin von EY im Wirecard-Prozess trägt kaum zur Wahrheitsfindung bei

„Der Umsatz war recht ungewöhnlich hoch“

Im Wirecard-Betrugsprozess hat die erste Zeugin von EY viele Erinnerungslücken

sck München

Am 136. Prozesstag im Mammutverfahren um den Wirecard-Betrugsskandal hat erstmals eine frühere Mitarbeiterin des heftig in die Kritik geratenen Wirtschaftsprüfers EY ausgesagt. Die 34-jährige Jahresabschlussprüferin Katharina Dittmer konnte aber mit ihren Aussagen vor dem Landgericht München kaum etwas zur Aufklärung des Wirtschaftskrimis rund um den ehemaligen Zahlungsabwickler entscheidend beitragen.

In ihrer Befragung durch den Vorsitzenden Richter Markus Födisch fiel sie mit vielen Erinnerungs- und Wissenslücken auf. Dittmer war nach eigener Aussage mit den Jahresabschlussprüfungen bei Wirecard von 2013 bis zu ihrem Ausscheiden im März 2018 beschäftigt.

Das heißt, in den entscheidenden Jahren 2019 und 2020 war sie für EY nicht mehr tätig gewesen. Der frühere Dax-Konzern brach im Juni 2020 zusammen, nachdem Treuhandkonten in Asien von 1,9 Mrd. Euro für das angebliche Drittpartnergeschäft (TPA) sich als Luftbuchung erwiesen hatten. EY verweigerte kurz zuvor das Testat für 2019, als nach einer Sonderprüfung KPMG erhebliche Bilanzmängel bei Wirecard in der Bilanzierung feststellte.

Weiterer Abschlussprüfer folgt

An diesem Mittwoch soll ein leitender Mitarbeiter von EY vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer Rede und Antwort stehen. Man erhofft sich von diesem konkretere Auskünfte um die dubiosen Vorgänge rund um Wirecard.

Die Zeugin begründete ihre lückenhaften Angaben mit ihrer einstigen Arbeitsposition bei EY. Sie war nach eigenen Worten für die Prüfung der nichtoperativen Holding Wirecard AG zuständig, war aber zugleich für den Eingang der Saldenbestätigungen unter anderem von Banken mitverantwortlich.

TPA war „Fokusthema“

In seiner Befragung konfrontierte Födisch die Zeugin unter anderem mit dem strittigen Thema Wertberichtigungsbedarf nach Software-Einkäufen von Wirecard. Dittmer konnte sich dazu nicht äußern. „Aktenvermerke dieser Art habe ich nicht mitbekommen. Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Es fiel nicht in meinen Zuständigkeitsbereich.“

Zu den Drittpartneraktivitäten in Asien räumte sie ein, dass es ein „besonderer Prüfungspunkt“ bei EY gewesen sei. „Es war jedes Jahr ein Fokusthema bei der Konzernbilanzierung.“ Allerding seien dafür andere Kollegen zuständig gewesen. „Ich war zu klein in meiner Rolle bei EY.“ Dittmer gab an, mitbekommen zu haben, dass über die TPA-Partner „relativ hohe Transaktionen“ abgewickelt wurden. „Der Umsatz war recht ungewöhnlich hoch im Drittpartnergeschäft.“

Kritikpunkt Saldenbestätigungen

Beim Thema Saldenbestätigungen fragte Födisch kritisch nach, als manche erhebliche Abweichungen zu den Angaben von Wirecard zeigten. Saldenbestätigungen gelten als „besonders sicher“, merkte die Zeugin an.

Bei den Bestätigungen für die Treuhandkonten verwies der Richter auf eine Auffälligkeit, dass ein Treuhänder schriftlich nicht 100 Mill. Euro bestätigen konnte. „Das finden sie nicht ungewöhnlich?“. Dittmer entgegnete, dass sie sich daran nicht erinnern könne. „Ich kann mich an nichts erinnern, was sehr verdächtig erschien.“ EY steht stark unter Druck. Die Prüfungsgesellschaft sieht sich mit einer Klagewelle geschädigter Anleger konfrontiert. Der Wirecard-Insolvenzverwalter fordert 1,5 Mrd. Euro Schadenersatz.

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