Die Herkunft macht den Unterschied

McKinsey ortet Banken in Spätphase des Zyklus und plädiert für eine Industrialisierung in der Compliance

Die Herkunft macht den Unterschied

Für die Bewertung einer Bank wird deren Herkunft immer wichtiger, wie McKinsey feststellt. Als Ursache dieser Entwicklung macht das Beratungshaus große Unterschiede in der Geld-, Steuer- und Handelspolitik aus. Der Ausblick für die Branche fällt weltweit skeptisch aus. McKinsey regt mehr Auslagerungen an.bn Frankfurt – Die Herkunft einer Bank entwickelt sich immer mehr zum Treiber ihrer Bewertung, wie McKinsey im rund 50-seitigen Papier “Global Banking Annual Review 2019” festhält. Neben der Größe einer Bank entscheide deren Herkunftsregion sowohl in weiten Teilen über ihre momentane Position im Markt als auch über das Ausmaß potenzieller Verbesserungen, schreibt die Beratungsgesellschaft. Den momentanen Zyklus prägt eine “beachtliche Ungleichheit” in der Entwicklung nordamerikanischer und europäischer Banken, wie das Haus feststellt. Während etwa die Banken Nordamerikas als Leuchttürme des Optimismus daherkämen und 2018 im Durchschnitt eine materielle Eigenkapitalrendite von 16 % erreicht hätten, seien Europas Banken nicht auf die Hälfte dieses Werts gekommen. Allein im vergangenen Jahr habe sich die Renditelücke dabei um mehr als 450 Basispunkte ausgeweitet.Die Studie stützt den Eindruck, dass Europas Banken im Wettbewerber mit den US-Häusern zunehmend den Anschluss verlieren. Europäische Häuser sieht McKinsey dabei auch infolge lahmender Heimatmärkte im Hintertreffen. Wie allerdings eine Mitte September publizierte Studie von Bain Capital ergeben hat, ist inzwischen sogar Europas Kapitalmarktgeschäft eine Domäne der US-Häuser. Dies spiegeln die Kurs-Buchwert-Verhältnisse der börsennotierten Institute wider (siehe Grafik). Generell vermutet McKinsey große Unterschiede in der Geld-, Steuer- und Handelspolitik als Ursache dafür, dass die Herkunft einer Bank stärker als in der Vergangenheit über deren Performance entscheidet. McKinsey zufolge erklärt sie beinahe 70 % der Bewertung eines Instituts. Verhaltener AusblickDer Ausblick der Berater für die Branche nicht nur in Europa fällt skeptisch aus. Ein Jahrzehnt nach Eskalation der Finanzkrise mehrten sich die Anzeichen, dass die Banken die Spätphase des ökonomischen Zyklus erreicht hätten, heißt es. Das Ertragswachstum schwäche sich mit dem Kreditwachstum ab, die Renditekurve verflache, und das Anlegervertrauen nehme ab.Zwar hätten die Banken in den entwickelten Märkten ihre Produktivität gesteigert und ihre Risikokosten gesteuert, was ihre materielle Eigenkapitalrendite zwischen 2013 und 2018 von 6,8 % auf 8,9 % habe klettern lassen. Insgesamt aber erreiche die Branche das Ende des Zyklus nicht in idealem Zustand. So verdienten fast 60 % der Banken ihre Kapitalkosten nicht.Dabei spiele auch Größe eine Rolle. Wie das Research des Hauses bestätige, gehe Größe mit Blick auf ein Land, eine Region oder auch ein Kundensegment wie in den meisten anderen Branchen generell mit höheren Renditen einher. In Nischen könnten kleinere Häuser nach wie vor höhe Renditen erzielen. Dies aber sei eher die Ausnahme von der Regel.Die individuelle Performance eines Hauses wiederum werde stark durch Beschränkungen des Geschäftsmodells beeinflusst. So habe der Margen- und Volumenrückgang bei Broker-Dealern im Wertpapiergeschäft dazu geführt, dass selbst in der richtigen Region aktive Marktführer ihre Kapitalkosten nicht mehr verdienten. Zugleich sei die individuelle Performance das Feld, in welchem Banken unmittelbar Schritte zur Verbesserung unternehmen könnten. Als Hebel nennt McKinsey das Risikomanagement, die Produktivität sowie das Ertragswachstum. So brächten Advanced Analytics (AA) und künstliche Intelligenz (KI) neue und hocheffektive Risikowerkzeuge hervor.Was Produktivität angeht, sieht McKinsey das Gebot der Stunde darin, Aufgaben, die keinen Wettbewerbsvorteil bieten, zu industrialisieren und diese an Mehrparteien-Utilities auszulagern. Allein eine Industrialisierung von Regulierungs- sowie Compliance-Aktivitäten könnte die materielle Eigenkapitalrendite um 60 bis 100 Basispunkte steigern.Zum Ertragswachstum heißt es, jetzt sei es an der Zeit, einzelne Kundensegmente oder Produkte als die wertvollsten Gebiete des Wachstums herauszugreifen und anzugehen, um dort Marktanteile zu gewinnen, während sich Wettbewerber zurückziehen und die Abwanderung von Kunden in der späten Phase des Zyklus zunimmt.