Die Krise lauert überall

Konferenz zeichnet düsteres Bild zu globalen Risiken - Union Investment sieht Investoren in zentraler Rolle

Die Krise lauert überall

Risiken sind vielfältig – in den Märkten, in der Politik, in der Wirtschaft. Mit dieser Botschaft wendet sich die Fondsgesellschaft Union Investment auf einer Konferenz an Investoren und müht sich doch um eine positive Botschaft: die Beherrschbarkeit von Risiken im Portfoliomanagement. jsc Mainz – Die Risiken für Investoren und Assetmanager sind angesichts etlicher Gefahren in Politik und Wirtschaft so vielfältig wie lange nicht mehr: Das ist die Kernaussage, mit der sich die Fondsgesellschaft Union Investment an die 350 Zuhörer aus dem Kreise von Investoren und Genossenschaftsbanken in einer Konferenz zum Risikomanagement gewandt hat. Experten aus unterschiedlichen Feldern zeichneten in der Rheingoldhalle in Mainz am Mittwoch ein düsteres Bild.Eine “Krise der internationalen Ordnung” sieht Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Die internationale Politik sei nicht mehr fähig, Kriege zu beenden oder den Klimawandel zu bremsen, sagte er. In der euroatlantischen Gemeinschaft schrumpfe das Vertrauen, was sich etwa im Handelskonflikt mit den USA und im Brexit offenbare. “Die europäische Idee zerbröselt.” Auch schwinde der Vorbildcharakter westlicher Demokratien. Der ehemalige Diplomat rief dazu auf, dass Deutschland und Europa die eigene Sicherheitspolitik ernst nehmen müssten. Daran habe auch US-Präsident Donald Trump erinnert, der eine zurückhaltende Rolle als Bündnispartner angedeutet hat. “Vielen Dank, Donald Trump, dass du uns diesen Wake-up-Call überbracht hast, dass wir uns um unsere eigene Sicherheit kümmern müssen”, sagte Ischinger. Die Präsenz der USA in Osteuropa sei aber gewachsen, hob er positiv hervor. Der Experte warnte, dass Kriege unbeabsichtigt eskalieren könnten.Unvorhersehbar sei auch der Zeitpunkt einer Wirtschaftskrise, sagte der bekannte Ökonom Paul Krugman: Weder die USA noch Europa seien vorbereitet. In der Geldpolitik sei kaum Spielraum für eine spürbare Zinssenkung vorhanden, während die immensen Anleihekaufprogramme der vergangenen Jahre umstritten seien und begrenzte Wirkung zeigten. Eine Schlüsselrolle komme somit der Finanzpolitik zu. In den USA weite die Regierung unter Trump das Haushaltsdefizit aus, obwohl in der derzeit stabilen Konjunkturphase das Gegenteil angezeigt sei. In der Eurozone gebe es derweil keine einheitliche Fiskalpolitik. “Der Euro ist die Währung von niemanden”, stichelte er.Cyberattacken umfassten nicht nur Datendiebstahl, sagte Lord Jonathan Evans, Ex-Generaldirektor des britischen Geheimdienstes MI5, sondern auch den Einsatz von Erpressungssoftware, den Raub von Computerkapazität sowie politische Einflussnahme. Mitunter kooperierten kriminelle Banden mit Staaten, um Hackerangriffe auszuführen – etwa in Russland. Terroristen hätten bislang keine Attacken verübt. “Das ist aber nur eine Frage der Zeit.” Beruhigende BotschaftDoch ehe die Experten Ischinger, Krugman und Evans am Nachmittag Pessimismus verbreiteten, hatte Union Investment eine positive Botschaft parat: die Beherrschbarkeit von Risiken. Erstens: Aktives Management lohnt sich. Das Fondshaus präsentierte zum Auftakt der Konferenz eine Studie, wonach aktiv verwaltete Fonds für europäische Unternehmensanleihen im Schnitt besser abschneiden als vergleichbare ETFs. Während ein Aktienindex eher selten geändert werde, sei ein Rentenindex angesichts der Vielzahl an Papieren und der Laufzeiten ständig in Bewegung, sagte Portfoliomanager Christian Kopf. Hinzu kämen hohe Geld-Brief-Spannen und Zu- und Abflüsse, was gerade Anleihen-ETFs belaste. Die Studie, die auf der Internetseite “die-risikomanager.de” abrufbar sein soll, dürfte auf Widerspruch stoßen: Die ETF-Schmieden BlackRock und Lyxor etwa verweisen auf Berichte, die Vorteile der passiven Produkte betonen und mit der leichten Handelbarkeit von Anleihen-ETFs argumentieren.Zweite Botschaft: Die Lage an den Märkten ist analysierbar. Portfoliomanagement-Vorstand Jens Wilhelm sieht die Konjunktur in Europa in einer “spätzyklischen” Phase, aber noch keine große Gefahr einer Rezession. Der Ausstieg der EZB aus dem Anleihenkaufprogramm habe Folgen für die Liquidität von Anleihen und müsse im Assetmanagement behutsam begleitet werden. Die Aktienmärkte sieht er trotz jüngster Turbulenzen vor moderatem Wachstum.Im Haushaltsstreit zwischen der italienischen Regierung und der EU-Kommission kommt den Kapitalmärkten laut Wilhelm eine wesentliche Rolle zu: Da die Kommission trotz aller Rhetorik voraussichtlich keine Sanktionen verhängen werde, seien die Risikoaufschläge auf die Renditen von Staatsanleihen für Rom entscheidend. “Es liegt an den Finanzmärkten, Italien zu disziplinieren.” Für Investoren sei das keine angenehme Rolle, zeichneten sich doch weitere Turbulenzen ab.Dritte Aussage: Wir verstehen die Investoren. Gleich vier Vertreter institutioneller Anleger kamen zu Wort. Die Oberfrankenstiftung, die etwa Denkmäler, soziale Einrichtungen und die Forschung fördert, strebt eine offensive Aktienquote von 60 % an. Die dänische Pensionskasse PFA hat sich Freiheiten verschafft, indem sie sich in einem jahrelangen Prozess von festen Pensionszusagen verabschiedet hat. Die Pensionskasse der Mitarbeiter der Krankenkasse Barmer stellte dar, wie sie peu à peu in Infrastrukturvorhaben investierte – und bislang ungeahnte Risiken kalkulieren musste, etwa die Gefahr der Vereisung einer Windkraftanlage. Die Oesterreichische Nationalbank schließlich hat durch den steten Wandel in der Geldpolitik immer weitere Portfolios aufgebaut, deren Risiken unter engen Vorgaben gesteuert werden. Der Notenbankvertreter Harald Müller erklärte halb im Scherz, gar einen Atomphysiker eingestellt zu haben, “um die Risiken in den Griff zu bekommen”. Das können offenbar nur Experten leisten.