Die Mutter aller Wetten
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Ein einziges Mal in der Amtszeit von Thomas Hinderberger als Vorstandschef der Volksbank Heilbronn hat das Portfolio an Zinsswaps einen beizulegenden Zeitwert über der Nulllinie gehabt, wie ein Blick in die Jahresabschlüsse zeigt: 2009, im Jahr seiner Berufung als Vorstandsvorsitzender. Fortan fuhr das Institut mit seinem Bestand an außerbörslichen Zins-Swaps in gleicher Währung denkbar schlecht. Zehn Jahre später, nach dem vorzeitigen Abschied Hinderbergers, lag das Portfolio im Nominalvolumen von 219 Mill. Euro noch immer mit 44 Mill. Euro hinten (siehe Grafik). Mehr noch: Über die Hälfte des Bestands, und zwar 119 Mill. Euro, wies zugleich eine Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren aus. Bei Beobachtern wird daher vermutet, dass die Bank sich nicht für handelsübliche 10-Jahres-Swaps, sondern für 15-jährige Laufzeiten entschieden hatte. Kein Zweifel: In Heilbronn dachte man langfristig.
Zins-Swaps für 233 Mill. Euro
Auf dem Höhepunkt des Engagements 2012 konzentrierte das Primärinstitut außerbörsliche Zins-Swaps in gleicher Währung von nominal 233 Mill. Euro auf sich. Dies entsprach dem 1,6-Fachen des damaligen Eigenkapitals. Insgesamt summierten sich die Zinsderivate des Hauses, laut Jahresabschluss „ausschließlich als Sicherungsinstrumente im Rahmen der Steuerung des allgemeinen Zinsänderungsrisikos im Bankbuch (Aktiv/Passiv-Steuerung) abgeschlossen“ auf 308 Mill. Euro, das außerbilanzielle Geschäft insgesamt auf 493 Mill. Euro und damit aufs 3,4-Fache des damaligen Eigenkapitals der Bank.
Begonnen hatte der Aufbau der Mega-Position drei Jahre zuvor: Noch während die Finanzkrise tobte, stürzte sich der Vorstand in die Zins-Swap-Geschäfte. Deren Volumen schwoll binnen Jahresfrist von 8 Mill. auf 203 Mill. Euro an. Die Ausweitung der außerbilanziellen Geschäfte um 124% oder 208 Mill. auf nominal 375 Mill. Euro sei „größtenteils auf den Abschluss von Zins-Swaps zur Absicherung der Zinsänderungsrisiken“ zurückzuführen, hieß es im Abschluss. 2013 schönten die „Bundfuture-Geschäfte zur Zinssicherung“ nach Angaben der Bank noch das Ergebnis aus sonstigen betrieblichen Erträgen. Danach war davon keine Rede mehr. Der Kurs des Euro-Bund-Future hatte da längst zuvor zu seinem Höhen-, seine Rendite zu ihrem Tiefflug angesetzt. Noch im Jahresabschluss 2014 aber hieß es: „Wir rechnen mittelfristig mit einem steigenden Zinsniveau an den Märkten und haben uns entsprechend positioniert“ – als die Volksbank ins Swap-Geschäft eingestiegen war, hatte der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) bei 1% gelegen; inzwischen war der Hauptrefinanzierungssatz auf 0,05% gesunken und sollte bald die Nulllinie erreichen. Im Abschluss 2018, nach einem Prüferwechsel, war dann zu lesen, „Festzinszahlerswaps“ hätten „das Zinsergebnis negativ beeinflusst“.