7. INVESTMENTFONDSTAGE DER BÖRSEN-ZEITUNG

"Die Nervosität ist gestiegen"

ZEW-Präsident Wambach macht politische Risiken aus - EU soll bei Brexit an Verhandlungstaktik arbeiten

"Die Nervosität ist gestiegen"

Der Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, schaut auf die deutsche Politik. Sie muss seiner Ansicht nach vor allem in Steuerfragen den Hebel umlegen. Was den Brexit angeht, gibt sich der Ökonom noch vorsichtig optimistisch, dass ein Deal erreicht wird.Fundamental betrachtet “sieht alles eigentlich noch ganz gut aus”, sagte der Ökonom mit Blick auf die wichtigsten globalen Volkswirtschaften. Er verwies aber auf die lange Wachstumsphase. “Es ist wie am Roulettetisch, wenn zehnmal Rot kommt, denkt sich jeder, jetzt muss auch Mal Schwarz kommen.” Zwar sei man nicht am Roulettetisch, “aber Wirtschaft beruht eben nicht nur auf den harten Fakten, sondern auch auf Erwartungen”, sagte der Ökonom, der seit zweieinhalb Jahren an der Spitze des ZEW steht. “Man kann schon sagen, dass die Einbruchgefahr gestiegen ist, zumindest ist die Nervosität gestiegen”, so Wambach. Und die Risiken, die Nervosität schaffen, sind politische Risiken, folgert der Ökonom. “Der Ball liegt bei der Politik, nicht bei der Wirtschaft”, so Wambach wörtlich. Seinen Vortrag nutzte er aber nicht zu einer breit angelegten Generalabrechnung, sondern er kritisierte punktuell.Bei der US-Unternehmenssteuerreform ist Deutschland für Wambach der Verlierer. Während andere europäische Länder, etwa Frankreich, mit Steuersenkungen reagiert hätten, bleibe in Deutschland alles beim Alten. “Wenn Deutschland an diesem Hebel nicht reagiert, dann haben wir einen gehörigen Standortnachteil. Der Zug fährt in eine andere Richtung”, sagte er. “Der Druck ist hoch, Unternehmen investieren dort, wo es sich auch steuerlich lohnt.”Optimistischer zeigte sich der ZEW-Präsident, dass Deutschland Steuererleichterungen für die Forschung und Entwicklung von Unternehmen schafft. Die gebe es bereits in fast allen Ländern, nur nicht in Deutschland, so Wambach. Handlungsbedarf sieht er allemal. Während große Unternehmen ausreichend Geld in Forschung und Entwicklung steckten, bereitet dem ZEW-Präsident der Mittelstand Sorgen. Er sehe die Gefahr, dass der Mittelstand in diesem Bereich abgehängt werde.Beim Brexit fordert der Ökonom die EU auf, “an ihrer Verhandlungstaktik zu arbeiten”. Die EU habe zwar die Agenda gesetzt und Brücken eingerissen, aber falsch eingeschätzt, dass Großbritannien auch bereit sei, auf nach Simulationen 7 % seines Bruttoinlandsprodukts bei einem No-Deal-Brexit zu verzichten. “Es läuft auf eine gewisse Eskalation hinaus, aber ich bin optimistisch, dass es zu einer Lösung kommen wird”, sagte Wambach.