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Die Niedrigzinspolitik setzt sich fort

Interview mit Frank Engels

Die Niedrigzinspolitik setzt sich fort

Herr Engels, wird sich die Konjunktur 2018 weiter positiv entwickeln?Ja, derzeit brummt es weltweit. Wir haben seit vielen Jahren den ersten synchronen Aufschwung, an dem sowohl Industrie- als auch Schwellenländer teilhaben. Dieser Aufschwung wird auch 2018 Bestand haben: Wir rechnen mit einer globalen Wachstumsrate von 3,5 % bis 4 %.Was werden die Notenbanken in diesem Umfeld machen?Sie dürften ihre Niedrigzinspolitik fortsetzen.Aber die US-Notenbank dürfte doch ihre Leitzinsen erhöhen?Aber nur sehr langsam und graduell. Auch die Fed will die Märkte nicht erschrecken. Und die Europäische Zentralbank (EZB) und die japanische Notenbank sind von Leitzinserhöhungen weit entfernt. Sie kaufen weiterhin Papiere an.Wann wird die EZB ihre Leitzinsen wieder erhöhen?Zunächst einmal kauft die EZB 2018 bis September zwar weniger Anleihen an als in den vergangenen Monaten, sie weitet damit aber ihre Bilanz noch aus. Erst danach dürfte es zu einem Abbau von Überschussliquidität kommen. Mit der ersten Leitzinserhöhung rechnen wir frühestens im Verlauf von 2019. Wahrscheinlich kommt diese aber erst 2020.Wie erklärt sich das veränderte Verhalten der Notenbanken?Es gibt deutliche Anzeichen, dass die Inflation niedriger ausfällt als früher. Gründe sind Digitalisierung und Technologisierung, die Alterung der Gesellschaft in den Industrieländern sowie die Globalisierung nebst dem Import von Deflation statt Inflation aus den Schwellenländern.Spricht nicht auch die weltweit hohe Staatsverschuldung gegen deutliche Zinserhöhungen?Natürlich helfen die niedrigen Zinsen den hochverschuldeten Staaten. Ökonomisch gesehen macht daher eine vorsichtige Geldpolitik Sinn. Insgesamt wollen die Notenbanken jedenfalls nichts falsch machen und nicht das Risiko eingehen, zu schnell und zu deutlich zu straffen.Wie dürfte sich die Teuerung entwickeln?Aufgrund von Basiseffekten wird die Inflationsrate in Euroland in den kommenden Monaten auf 1 % oder darunter fallen. Im Verlauf des kommenden Jahres rechnen wir dann mit etwa 1,5 %.Die Renditen von deutschen oder US-Staatsanleihen sind extrem niedrig. Sind diese Papiere noch attraktiv?Für Langfristanleger sind sie es nicht mehr. Wir gehen für 2018 von leicht steigenden Renditen dieser Papiere aus, so dass Anleger Verluste erleiden würden. Welche Segmente würden Sie am Anleihemarkt bevorzugen?Nischenmärkte schneiden in unserem Szenario am besten ab. Das sind Nachranganleihen, die von besseren Fundamentaldaten profitieren sollten. Schwellenländeranleihen in Hartwährungen dürften ebenfalls gut performen. Auch dem High-Yield-Segment in der Eurozone kommt zugute, dass die Unternehmen zunehmend besser aufgestellt sind.Wie dürften sich die Währungen entwickeln?Den Euro erwarten wir mit einem Kurs von 1,25 moderat stärker gegen den Dollar, wobei die Stärke besonders in der zweiten Jahreshälfte 2018 zum Tragen kommen dürfte. Auch der Yen dürfte sich gegen den Euro weiter abschwächen. Darüber hinaus erwarten wir, dass sich der Euro gegenüber dem Schweizer Franken befestigt. Hintergrund ist, dass Anleger, die in den Franken geflüchtet sind, aufgrund der positiven Entwicklung der Eurozone ihre Engagements auflösen dürften.Welche Assetklassen favorisieren Sie für 2018?Von der weltweit positiven Konjunkturentwicklung werden vor allem Aktien und Rohstoffe profitieren.Sind die Aktienmärkte inzwischen nicht bereits extrem hoch bewertet?Im Gegensatz zu den Zeiten der Dotcom-Blase haben wir keine Bewertungsexzesse. Die Aktienmärkte sind insgesamt mit dem Fortbestand der Niedrigzinsphase sowie aufgrund steigender Unternehmensgewinne gut unterstützt.Welche Märkte favorisieren Sie?Emerging Markets, die gegenüber den Industrieländern einen Bewertungsabschlag von 20 % aufweisen. Auch Euroland und Japan sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 14 nicht teuer.Was erwarten Sie für den Dax?Das konjunkturelle Umfeld ist für den exportlastigen Dax günstig. Auch die Autohersteller reagieren auf die Herausforderung Elektromobilität. Wir erwarten Ende 2018 einen Dax-Stand von 14 000 Punkten, den Euro Stoxx 50 sehen wir dann bei 3 800 Punkten.Wie stufen Sie US-Technologiewerte ein?Diese Titel haben zuletzt immer geliefert und zum Teil die Erwartungen sogar übertroffen. Vor allem das Thema Cloud birgt weiter extrem hohe Wachstumsraten. Wir sind daher in unseren Aktienfonds entsprechend positioniert.Frank EngelsLeiter Portfoliomanagement Multi Asset, Union Investment