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"Die Outperformance ist deutlich"

Interview mit Emmanuel Chapuis

"Die Outperformance ist deutlich"

Herr Chapuis, was sind die Vorzüge von familiengeführten Unternehmen?Sie erwirtschaften langfristig die besseren Ergebnisse. Familien, die mit einem Großteil ihres Vermögen an einer Firma beteiligt sind, sind sehr engagiert und dem Unternehmen verpflichtet. Familiengeführte Firmen kontrollieren in der Regel das Management besser. Und sie verfügen über eine diszipliniertere und effizientere Kapitalallokation.Aber agieren Familienunternehmen mitunter nicht zu vorsichtig?Nein, sie sind robuster aufgestellt, weil sie Wachstum weniger durch Schulden, sondern vor allem intern finanzieren. Dass sie diszipliniert und mitunter vorsichtig investieren, ist eine Stärke, keine Schwäche. Sie versuchen, Risiken zu begrenzen, das ist doch positiv. Übrigens sind Familienunternehmen aufgrund ihrer bilanziellen Stärke sogar in volkswirtschaftlichen Krisensituationen in der Lage, notwendige Investitionen weiter zu tätigen. Dies stellt dann häufig die Grundlage für weiteres Wachstum dar.Ist der Erfolg von Familienunternehmen vor allem auf ihre langfristige Ausrichtung zurückzuführen?Das ist ein wichtiger Punkt. Im Grunde ist es ein Mix zwischen Unternehmertum, langfristiger Ausrichtung und Unabhängigkeit. Familienunternehmen verfügen in der Regel über ausreichend liquide Mittel und erwirtschaften langfristig gute Returns. Es geht eben nicht darum, vor allem sehr kurzfristig Erfolg zu haben, was bei Firmen, die nicht von Familien gelenkt werden, öfters im Vordergrund steht.Haben Familienunternehmen eine besondere Bindung zu Mitarbeitern sowie gegenüber Lieferanten und Kunden?Sie vermeiden eine Stop-and-go-Politik, sondern wirtschaften und investieren diszipliniert. Die langfristige Ausrichtung dieser Unternehmen kommt allen Stakeholdern zugute, also auch Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden. Sie sind alle wichtige Assets für ein Unternehmen.Erzielen Familienunternehmen eine höhere Performance als andere Aktiengesellschaften? Ja, die Outperformance ist deutlich. Wir haben mit unserem Ansatz eine systematische Überrendite von drei bis vier Prozentpunkten im Jahr gegenüber dem europäischen Aktienmarkt erzielt. Und das über Zeiträume von drei, fünf und zehn Jahren.Wie definieren Sie familiengeführte Unternehmen? Schauen Sie auf einen bestimmten Mindestanteil an einer Gesellschaft von zum Beispiel 25 % und mehr?Nein, ein Mindestanteil an Stimmrechten ist bei uns nicht maßgeblich, wir schauen auf den maßgeblichen Einfluss einer Familie. Dazu verwenden wir drei Kriterien: Erstens, dass ein Shareholder, eine Familie, das Management eines Unternehmens bestimmt. Zweitens, dass der größte Teil des Vermögens dieser Familie aus Anteilen an demselben Unternehmen besteht. Und drittens, dass der Eigentümer langfristig engagiert ist, also über Zeiträume von zehn oder 20 Jahren. Private Equity ist zum Beispiel in der Regel sehr viel kürzer engagiert.Wie viele börsennotierte Familienunternehmen gibt es in Europa?Gemäß unserer Definition kommen wir auf rund 700 familiengeführte Gesellschaften in Europa, die wir beobachten.Aus welchen Ländern kommen die Familienunternehmen?Aus Kontinentaleuropa – Frankreich, der Schweiz und Deutschland – kommen besonders viele familiengeführte Gesellschaften. Auch in Spanien und Italien gibt es einige Chancen. Großbritannien ist bei Familienunternehmen hingegen unterrepräsentiert.Investieren Sie stärker in Blue Chips oder in Nebenwerte?Als All-Cap Fund investieren wir in beide. Auch viele größere Gesellschaften werden von Familien geführt. Natürlich eröffnen familiengeführte Nebenwerte mitunter besondere Chancen.Auf welche Kriterien achten Sie bei Ihrer Aktienselektion noch?Wir investieren in Familienunternehmen, die auch über den Zyklus hinweg eine bestimmte Rentabilität des eingesetzten Kapitals erzielen. Zudem sollten das Geschäftsmodell skalierbar sein und die Bewertung ein attraktives Chance-Risiko-Profil bieten.SAP und VW sind Top-Positionen in Ihrem Fonds, Sie stufen diese Blue Chips also auch als familiengeführte Unternehmen ein? Ja klar, alle drei unserer Kriterien treffen hier zu. Bei SAP hat Hasso Plattner einen maßgeblichen Einfluss auf das Management. Und bei VW kontrollieren und steuern die Familien Porsche und Piëch das Unternehmen. Auch gut geführte Familienunternehmen sind manchmal hoch bewertet – wie zum Beispiel Fielmann. Was machen Sie dann?Dass ein Unternehmen familiengeführt ist, stellt nur den Ausgangspunkt für unsere Analyse dar. Fielmann ist eine fantastische Firma, aber leider viel zu hoch bewertet. Da sind wir dann natürlich nicht engagiert. Die Bewertung muss auch bei Familienunternehmen attraktiv sein.Emmanuel Chapuis Fondsmanager Oddo BHF Génération