GELDWÄSCHEPRÄVENTION

Die sechs größten nordischen Banken machen gemeinsame Sache

Marit Bø Bornstein treibt Joint Venture in Stockholm voran - Invidem soll vom ersten Halbjahr 2021 an Informationen bereitstellen

Die sechs größten nordischen Banken machen gemeinsame Sache

Von Tobias Fischer, FrankfurtSechs Banken, vier Länder inner- und außerhalb von EU und Eurozone, ein Standard: Skandinavische Großbanken haben sich zusammengetan, um mit einer gemeinsamen Gesellschaft namens Invidem compliancekonforme Kundendaten auf einheitliche Art und Weise zu sammeln und zu verwalten. Sie haben sich auf einen gemeinsamen Standard für sogenannte KYC-Informationen geeinigt und ein Joint Venture geschaffen. Mitgründer des im Juli 2019 noch als Nordic KYC Utility ins Leben gerufenen Gemeinschaftsunternehmens sind die beiden in prominente Geldwäscheskandale verwickelten Institute Danske und Swedbank, ferner die norwegische DNB, die finnische Nordea und die schwedischen SEB und Handelsbanken. Sie alle sind zu gleichen Teilen an Invidem beteiligt.Der kommerzielle Start der in Stockholm ansässigen Gesellschaft sei für die erste Hälfte 2021 angedacht, sagt CEO Marit Bø Bornstein zur Börsen-Zeitung. Es bestehe bereits “riesiges Interesse”. Die 49-jährige Norwegerin, die zuvor im eigenen Beratungsunternehmen, als leitende Angestellte beim Versicherer Länsförsäkringar, bei der Management-Consultingfirma Transcendent Group und beim Finanzdienstleister Collectum tätig gewesen war, löste im Januar Fredrik Millde ab, Interimschef der Nordic KYC Utility. Die bekam zugleich den Namen Invidem verpasst, der Bornstein zufolge keinerlei Bedeutung hat, um neutral zu klingen.Im laufenden Jahr wird Invidem zunächst seine Dienstleistung im nordischen Markt in Pilotprojekten ausgewählten Kunden anbieten. Die coronabedingt besonders schwierige Aufbauarbeit habe erstaunlich gut geklappt, zumal angesichts der Tatsache, dass Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt wurden und mit Invidem etwas geschaffen worden sei, für das man auf keine bereits bestehende Lösung zurückgreifen konnte, berichtet Bornstein: “Ich würde sagen, dass die Dinge bis jetzt gut funktionieren.” Nicht nur Banken als Kunden Die Europäische Kommission hat Invidem ihre Zustimmung gegeben und ihr auferlegt, ihre Dienste jedem Interessenten anzubieten, nicht nur Banken im Allgemeinen oder den Gründungsinstituten im Speziellen. Letztere werden zwar Ausgangspunkt ihrer Tätigkeit, doch werde Invidem ihre Angebote auf weitere Banken und dann auch auf andere Sektoren ausweiten, so etwa Versicherer und nach EU-Geldwäscherichtlinie zur Geldwäscheprävention Verpflichtete wie Wirtschaftsprüfer, Immobilienmakler oder Glücksspielanbieter, heißt es. Aktuell beschäftigt Invidem 15 Mitarbeiter, deren Zahl bis August auf 19 ausgeweitet werden soll. Wie viele es letzten Endes sein werden, ist noch unklar, Bornstein kann sich 100 bis 150 Personen vorstellen, vielleicht auch mehr.Eine der größten Herausforderungen haben die Gründer von Invidem hinter sich: die Einigung auf gemeinsame KYC-Standards. Die Verständigung darauf sei eine Herausforderung gewesen, das Resultat einzigartig, sagt Bornstein. Im Schnitt verfügt eine große nordische Firma ihr zufolge über drei bis vier Hausbanken, von denen jede eigene Anforderungen und Formulare für einzureichende KYC-Daten hat. Invidem vereinfacht und beschleunigt diesen Prozess um einiges, indem sie für Firmen als einzige Anlaufstelle fungiert und so Mehrfacharbeit entfällt.Das Prozedere über Invidem läuft so ab: Ein Kunde, also z. B. eine Bank wie SEB, fordert bei Invidem KYC-Informationen zu einem seiner Unternehmenskunden an. Invidem beschafft die nötigen Daten, die Bornstein zufolge “nicht wettbewerbsfähig” sind, also aus frei verfügbaren Quellen wie Jahresberichten stammen. Weitere Quellen sind etwa Transparenzregister, in denen wirtschaftliche Eigentümer verzeichnet sind, Finanzpresse, Finanzaufsicht, Börsen und Unternehmensregister.Nachdem Invidem die Informationen der SEB zurückgespielt hat, schaut diese sie sich an und ergänzt sie mit eigenen Informationen. Der Firmenkunde kann sich in das Invidem-Serviceportal einloggen, prüft die Daten und ändert sie, falls erforderlich. “Es ist sehr wichtig, dass die Daten von hoher Qualität sind und die Banken sich auf das von uns gelieferte Paket verlassen können. Dabei stellen wir die Daten den Firmenkunden zur Verfügung, die sie dann verifizieren. Letztlich ist immer der Endkunde für die Daten verantwortlich und haftbar”, sagt Bornstein.Schließlich validiert Invidem die Firmeninformationen, gewährleistet, dass sie den von den Gründungsbanken vereinbarten KYC-Standards, die mehr als 200 Datenpunkte umfassen, entspricht, und stellt sie der Bank zur Verfügung. Unabhängig davon aktualisiert Invidem die Daten mindestens einmal im Jahr. Das Joint Venture fungiert dabei als Datensammel- und Clearingstelle, konform mit der Datenschutz-Grundverordnung, nimmt aber keine Risikobewertung eines Bankkunden vor. Dafür ist das jeweilige Finanzinstitut zuständig.Als Vorteile für die Banken nennt Bornstein eine effiziente und standardisierte Bereitstellung von KYC-Informationen, die alle an einem Ort gespeichert sind, was etwa Kontoeröffnungen beschleunigt. Firmen profitierten davon, Invidem als einziger Anlaufstelle die erforderlichen Daten nur einmal bereitstellen zu müssen, anstatt jeder einzelnen Bank in verschiedensten Ausführungen und Anforderungen. “Der Zugang zu den Daten erfolgt schneller und reibungsloser, und der Unternehmenskunde kann, wann immer er will, das Portal aufrufen, Daten eingeben und sehen, welche Informationen gespeichert sind, womit er eine bessere Kontrolle über die eigenen KYC-Daten hat.” Unternehmen zahlen nichtsFür die Endkunden, also die Unternehmen, ist der Service kostenfrei. Wie die Banken und in Zukunft auch andere Invidem-Kunden belangt werden, ist noch nicht raus. Eine Preisliste gebe es noch nicht, sagt Bornstein, daran werde gearbeitet. Jedenfalls müsse die Gesellschaft sich selbst tragen. “Wir haben mit den Gründungsbanken eng zusammengearbeitet und freuen uns jetzt darauf, auch anderen Kunden unsere Services anzubieten, um den unabhängigen Weg weiterzuverfolgen, den wir nun eingeschlagen haben”, sagt die Vorstandsvorsitzende.Die SEB begründet ihre Mitwirkung an dem Gemeinschaftsunternehmen unter anderem mit einer Möglichkeit, den Kunden besseren Service zu verschaffen: “Unser Ziel war es, ein gemeinsames nordisches KYC-Unternehmen aufzubauen, das unseren Kunden sichere, wettbewerbsfähige, regelkonforme und standardisierte KYC-Informationsservices anbietet”, teilt die Bank mit. Darüber hinaus treibe die Initiative die Digitalisierung voran und ermögliche es, bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität mit nordischen Banken zusammenzuarbeiten.