20. EURO FINANCE WEEK

"Die Sonne wird nicht die ganze Zeit scheinen"

EBA-Chef Enria: Banken müssen mit Abbau von Altlasten Tempo machen - Abwicklerin König stellt sich hinter EU-Einlagensicherung

"Die Sonne wird nicht die ganze Zeit scheinen"

jsc Frankfurt – Europas Banken müssen nach Vorstellung der Aufseher den Abbau von Altlasten und die Stärkung von Verlustpuffern angesichts einer anhaltend soliden Konjunktur forcieren. Zwar habe die Branche seit 2015 den Bestand an ausfallgefährdeten Krediten von annähernd 1 Bill. Euro auf knapp unter 800 Mrd. Euro abgebaut, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger am Dienstag auf der Euro Finance Week in Frankfurt. Eine seit viereinhalb Jahren währende Phase des Wirtschaftswachstums schaffe weiteren Spielraum für Banken. “Die Zeiten könnten nicht besser sein.”Noch immer sei die Last fauler Kredite groß, betonte Andrea Enria, Chef der European Banking Authority (EBA). Zwar erscheine die Quote sogenannter Non-Performing Loans (NPL) in der gesamten EU auf den ersten Blick mit 4,5 % unbedenklich, schließlich stufe der Internationale Währungsfonds die Quote erst ab 5 bis 6 % als kritisch ein. In acht EU-Staaten liege der Wert aber oberhalb von 10 %, was “sehr gefährlich” sei. Eine Reihe an Banken habe nicht genug unternommen und müsse das günstige Umfeld nutzen. “Die Sonne wird nicht die ganze Zeit scheinen.” Auch für die Stärkung von Verlustpuffern seien die Marktkonditionen derzeit “außergewöhnlich positiv”.Um Problemkredite zu beseitigen, sei ein Verkauf an spezialisierte Investoren geeignet, sagte Elke König, Chefin der EU-Abwicklungsbehörde Single Resolution Board. Eine Bank könne so der Gefahr von “Fire Sales” begegnen, also des übereilten Verkaufs zu Schleuderpreisen im Falle einer Schieflage. Allerdings gehe auch ein geordneter Verkauf mit Verlusten einher. EZB-Direktorin Lautenschläger verteidigte derweil das Vorhaben der EZB, den 120 direkt beaufsichtigten Instituten für künftige Problemkredite eine möglichst vollständige Deckung vorzuschreiben. Die Aufsicht wolle aber nur in ernsten Fällen Banken auffordern, ihr Kapital zu stärken, und stattdessen bevorzugt im Dialog mit den Instituten eine Lösung finden. Dies sei ein gewöhnliches Vorgehen. Sie sei deshalb “überrascht”, dass der Vorstoß der EZB so viel Aufmerksamkeit erregt habe. Kritik schlägt der EZB vor allem aus Italien entgegen, wo die Last fauler Kredite zum Zusammenbruch mehrerer Banken führte. Lautenschläger versus KirschAuch verteidigte die frühere Bundesbank-Vizepräsidentin das Vorgehen der EZB, auf interne Modelle zur Berechnung des Kapitalbedarfs ein Auge zu werfen. Die Kritik des DZ Bank-Chefs Wolfgang Kirsch, der die Praxis am Vortag als Vorwegnahme künftiger Regeln abgelehnt hatte, überrasche sie ebenfalls. Würde die EZB erst später die Modelle beanstanden, würde sich ein Bankchef ebenfalls beschweren, sagte sie.Weitere Aufgaben skizzierte auch Abwicklungschefin König: Um eine Bank geordnet aufspalten zu können, seien die Aufseher auf verlässliche Daten angewiesen. In die dafür notwendige IT-Infrastruktur müssten Banken weiterhin investieren. Als Erfolgsfall stellte sie die Abwicklung der spanischen Problembank Banco Popular dar. Im Juni hatte die Behörde Nachranganleihen des Madrider Instituts in Aktien gewandelt und sie für 1 Euro auf die spanische Großbank Santander übertragen. Die Behörde habe “extrem Glück gehabt”, dass ein Verkauf über Nacht möglich und eine komplizierte Einbindung von Senior-Anleihen nicht notwendig war.Der Aufbau eines Abwicklungsregimes sei noch lange nicht abgeschlossen. “Es liegen noch viele Stationen vor uns.” Vorankommen müsse auch die gemeinsame EU-Einlagensicherung, auch wenn das Vorhaben in Deutschland unpopulär sei, wie die frühere BaFin-Chefin anmerkte.—– Wertberichtigt Seite 8