NOTIERT IN FRANKFURT

Die Stadt und der Finanzplatz als Auf- und Absteiger

Frankfurt ist ein Aufsteiger. Die Lebensqualität in der Mainmetropole reicht zwar, legt man den aktuellen Städtevergleich des Magazins "The Economist" zugrunde, noch nicht ganz an jene von Wien heran, das nach sieben Jahren das australische...

Die Stadt und der Finanzplatz als Auf- und Absteiger

Frankfurt ist ein Aufsteiger. Die Lebensqualität in der Mainmetropole reicht zwar, legt man den aktuellen Städtevergleich des Magazins “The Economist” zugrunde, noch nicht ganz an jene von Wien heran, das nach sieben Jahren das australische Melbourne von der Spitzenposition verdrängte. Aber Frankfurt hat sich um nicht weniger als neun Plätze auf Rang 12 vorgearbeitet. Im nationalen Vergleich liegt die kontinentaleuropäische Finanzhauptstadt damit vorn, nachdem Hamburg von Position 10 auf 18 zurückfiel. München, Berlin und Düsseldorf folgen auf Rängen in den Zwanzigern. Gemessen wird die Lebensqualität in insgesamt 140 Großstädten an Kriterien wie Gesundheitswesen, Bildung, Verkehrsinfrastruktur, Kulturangebot und der Gefahr, Opfer eines Terroranschlags zu werden.So beliebt solche Vergleiche und entsprechende Umfragen sind, haben sie eingedenk der mehr oder weniger willkürlich ausgewählten Merkmale doch etwas von Spielerei. Aber anders als in der Fußballbundesliga ist dadurch der erste Platz hier zum Glück nicht fest vergeben, sondern jeder kommt mal dran. Im Ranking des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) und der Berenberg-Bank etwa, das die Zukunftsfähigkeit der 30 größten deutschen Städte misst, lag 2017 (die neue Ausgabe dürfte bald erscheinen) München vor Leipzig auf Platz 1, während Frankfurt immerhin auf dem dritten Rang landete. Hier fließen neben Veränderungen in der ökonomischen Leistungsfähigkeit und Standortfaktoren wie Internationalität und Erreichbarkeit sogar die Fertilitätsraten in die Betrachtung ein. Wir wollen nicht verschweigen, dass Frankfurt im jüngsten Global Financial Centres Index (GFCI) der Londoner Denkfabrik Z/Yen Partners und des China Development Institute aus Shenzhen vom 11. auf den 20. Platz regelrecht abgeschmiert ist. Im vorherigen Vergleich hatte die “City of the Euro” zwölf Positionen gutgemacht und damit andere potenzielle Brexit-Gewinner aus Europa abgehängt. Trösten kann sich der – in diesem Wettbewerb – Absteiger Frankfurt damit, dass dem Finanzplatz ein hohes Zukunftspotenzial zuerkannt wird: Unter den Zentren, die nach dem Urteil der Experten in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen werden, liegt die Stadt auf Platz 4 hinter Schanghai, Qingdao und Singapur. Paris schafft es hier nicht mal unter die Top 15.Damit das Zukunftspotenzial von Frankfurt und der Rhein-Main-Region ausgeschöpft werden kann, braucht es erstens Fachkräfte und zweitens Wohnungen. Frankfurts Industrie- und Handelskammer (IHK) weist auf Berechnungen hin, wonach 2030 in ihrem Bezirk, zu dem auch der Hochtaunus- und der Main-Taunus-Kreis gehören, knapp 75 000 Wohnungen fehlen werden. Gelinge es nicht, mehr Flächen für das Wachstum bereitzustellen, werde Frankfurt-Rhein-Main mittelfristig im Wettbewerb um Unternehmen, Investitionen und Fachkräfte gegenüber anderen Regionen verlieren, als Wirtschaftsstandort an Bedeutung einbüßen und damit “die Grundlage unseres Wohlstands gefährden”, warnt IHK-Hauptgeschäftsführer Matthias Gräßle.