IM INTERVIEW: UWE FRÖHLICH

"Die Stimmung in der Gruppe ist sehr gut"

Der BVR-Präsident über die Lage der Kreditgenossen, die Erfolge bei der Basel-III-Umsetzung und die Hoffnung auf Änderungen der Liquiditätsregeln

"Die Stimmung in der Gruppe ist sehr gut"

Die Kreditgenossen sehen die künftigen Eigenkapitalvorgaben Basel III mittlerweile entspannter. Wie der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR ), Uwe Fröhlich, im Interview der Börsen-Zeitung ausführt, fanden viele Wünscheseiner Finanzgruppe in Brüssel Gehör. Aber die Liquiditätsregeln müssten völlig neu aufgesetzt werden, fordert Fröhlich.- Herr Fröhlich, bei Basel III, den künftigen internationalen Kapital- und Liquiditätsregeln, gibt es die schier unvorstellbare Menge von 2 200 Änderungsanträgen bei der Umsetzung in EU-Recht. Welche Forderungen von Ihnen werden dabei wohl Gehör finden?Das ist in den einzelnen Detailfragen derzeit schwierig zu beantworten, da sowohl im Rat als auch im Europäischen Parlament weiter verhandelt wird. Bei all den Themen, die durch Basel III auf uns zukommen, ist uns in erster Linie wichtig, dass das Proportionalitätsprinzip beachtet wird, also auf Verhältnismäßigkeit geachtet wird. Regeln, die für britische Investmentbanken passend sind, passen nicht automatisch für deutsche Genossenschaften. Uns ist bei allem, was aus den Baseler Vorgaben in Brüsseler oder Berliner Gesetzestexte umgewandelt wird, enorm wichtig, dass es Differenzierungsaspekte gibt, die den individuellen Risiken und Größenordnungen der einzelnen Häuser gerecht werden.- Ein großer Kritikpunkt aus Ihrem Verbund war die geplante deutlich höhere Eigenkapitalbelastung für Mittelstandskredite durch eine höhere Risikogewichtung. Ist das Vorhaben vom Tisch?Herr Karas als Berichterstatter des Europäischen Parlaments hat einen sehr guten Vorschlag gemacht, den Faktor 0,76 auf das zu errechnende Basel-III-Eigenkapital anzuwenden. Das würde bedeuten, dass es im Vergleich zur bestehenden Basel-II-Regelung keine größere Kapitalbelastung gibt. Dies würde dem Risikogehalt des mittelständischen Kreditgeschäfts viel eher gerecht als das, was ursprünglich geplant war. Letztendlich wird es aber auf die Stellungnahme der EBA hierzu ankommen, die im Sommer erwartet wird. Dafür hat die Deutsche Kreditwirtschaft statistisches Material mit historischen und erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeiten übermittelt. Wenn dabei unsere Schlussfolgerungen über die Ausfallwahrscheinlichkeiten übernommen werden, dürfte es keine Mehrbelastung für den Mittelstandskredit geben.- Wie sieht es mit der Behandlung von Verbundbeteiligungen aus, etwa von Ortsbanken an den Zentralbanken DZ und WGZ?Das ist für uns ein wesentliches Thema, um Verbundstrukturen angemessen zu berücksichtigen. Nach jetzigem Stand der Diskussion müssen diese unter Einhaltung strenger Bedingungen nicht mehr vom Eigenkapital der Primärbank abgezogen werden. Dieses Wahlrecht ist im Moment im Entwurf der Brüsseler Umsetzungsrichtlinie von Basel III – CRD IV genannt – drin und soll wohl auch vom Europäischen Parlament so bestätigt werden. Das würden wir natürlich sehr begrüßen. Wenn die Bundesregierung das Wahlrecht auf uns anwendet, wäre aus Sicht der Ortsbankenebene eine wesentliche Hürde bei der Versorgung unserer Zentralbanken mit zusätzlichem Kapital beseitigt.- Auch ist für Sie die Anerkennung der stillen Reserven nach 340 f HGB als Kernkapital ein wichtiges Anliegen. Kommen Sie mit diesem Wunsch durch?Letztlich ist das eher eine formale Frage. Wir haben immer die Möglichkeit, aus stillen 340 f- offene 340 g-Reserven zu machen, Letztere gelten schließlich weiterhin als hartes Kernkapital. Das wäre eine schlichte Umwidmung. Daher finde ich es fragwürdig, wenn unsere stillen Vorsorgereserven nicht mehr anerkannt werden. Beide Zentralbanken haben den (Um-)Buchungssatz übrigens schon vollzogen, um die Vorgaben der europäischen Bankenaufsicht EBA zu erfüllen. Letztendlich könnte man dies auf der Ortsbankebene genauso machen.- Bei der Liquiditätsberechnung sehen sich Ihre Institute unverhältnismäßig betroffen, da die bei den Verbund-Zentralbanken angelegten Gelder nicht mehr vollständig berücksichtigt werden sollen. Bleibt es dabei?Da sind insbesondere bei der Berechnung der kurzfristigen Kennzahl Liquidity Coverage Ratio, der LCR, handwerkliche Nachbesserungen nötig. Bislang ist eine einseitige Bevorzugung von Staatstiteln als höchst liquide Assets vorgesehen, während unsere Verbundsspezifika bei den Liquiditätsregeln nicht berücksichtigt werden. Nach aktuellem Stand würden die Einlagen der Ortsbanken nur zu 75 % bei unseren Zentralbanken angerechnet, die restlichen 25 würden aber auch nicht bei der Ortsbank berücksichtigt und lösen sich quasi in Luft auf. Das ist sachlich nicht nachvollziehbar. Unsere Gruppe hat auch in der Finanzkrise bewiesen, dass unser Liquiditätsverbund funktioniert. Das vermissen wir in der aktuellen Ausgestaltung der LCR.- Wie reagieren Sie darauf?Hier eruieren wir derzeit, ob wir nicht als Verbund im Sinne eines Liquiditäts-Waivers den Liquiditätsstatus feststellen wollen und dürfen. Die Voraussetzungen hierfür werden aktuell intensiv diskutiert. Dies ist eine Option, die wir uns offenhalten wollen. Wir plädieren grundsätzlich für eine weiter gefasste Definition der hochliquiden Assets bei der LCR.- Welche schwebt dem BVR vor?Die Berechnung sollte sich daran orientieren, was von der EZB als ankauffähige Sicherheiten akzeptiert wird. Dann würde man sich nicht eindeutig auf bestimmte Sorten von Aktiva festlegen, sondern würde der Zentralbank diese Rolle zugestehen. Denn diese entscheidet ja auch in Krisenzeiten, was sie als liquide Assets akzeptiert. Das wäre ein besserer Ansatz, als wenn jedes einzelne Aktivum ausgiebig differenziert und separat für die LCR bewertet wird.- Wenn man die Kapitalberechnungsmethode für Basel III, die derzeit auf dem Tisch liegt, zugrunde legt – wie groß ist die Lücke bei den Kreditgenossen?In der genossenschaftlichen FinanzGruppe insgesamt gibt es keine unüberbrückbaren Probleme. Für unsere Zentralbanken ist es sicherlich herausfordernd, den Weg in das Basel-III-Zielszenario zu gehen. Insbesondere dann, wenn die derzeit diskutierten Aufschläge für national systemrelevante Institute dazukommen sollten oder die EBA auch künftig für hausgemachten Stress sorgt. Für uns als Gruppe besteht die sportliche Herausforderung, das Eigenkapital zum rechten Zeitpunkt an der richtigen Stelle zu haben. Es geht ja nicht nur darum, absolute Quoten zu erreichen, sondern parallel auslaufendes Hybridkapital oder solches, was künftig nicht mehr als Core Tier 1 anerkannt wird, zu ersetzen. Da haben wir bei beiden Zentralbanken detaillierte Pläne, wie dies umgesetzt werden soll. Letztendlich bin ich sicher, dass wir die Eigenkapitalausstattung bei unseren Zentralbanken durch gemeinsame Anstrengungen auch künftig auskömmlich gestalten werden.- Wie ist die Lage bei der Liquidität?Selbst wenn die Regeln so blieben, wie sie sind, hätten wir auf Verbundebene in Summe kein Problem. Auf der Einzelinstitutsebene mag es Nachbesserungsbedarf geben. Wir sollten aber zunächst die voraussichtlich in 2013 beginnende Beobachtungsperiode abwarten. Niemand würde daraus etwas lernen, wenn jeder versuchen würde, mit den derzeit vorliegenden, aus unserer Sicht sehr verbesserungswürdigen Regeln in irgendeiner Form klarzukommen, und seine Geschäfts- sowie Anlagepolitik ad hoc verändern würde.- Das heißt, konkrete Summen für Kapital- und Liquiditätsbedarf nennen Sie nicht?Nein, an dieser Stelle noch nicht. Sie dürfen auch nicht vergessen: Wir sind eine sehr passivlastige Gruppe. Wir haben 100 Mrd. Euro mehr an Einlagen, als wir Kredite ausgereicht haben. Die Kundeneinlagen betragen 123 % der Kundenforderungen. Nach der deutschen Liquiditätsverordnung haben wir fast das Dreifache an Zahlungsmitteln im Vergleich zu den Verpflichtungen. Auch Eigenkapital ist in der Finanz-Gruppe reichlich vorhanden.- Blicken wir jetzt auf die Euro-Krise. Der Schuldenschnitt in Griechenland hat entgegen manch düsterer Prophezeiung bislang zu keiner Kettenreaktion bei anderen Euro-Ländern geführt, auch der Finanzsektor hat es gut weggesteckt. Nun drehen sich die Sorgen um Spanien. Eskaliert die Schuldenkrise wieder, oder haben wir das Schlimmste doch endlich mal hinter uns?Die Schuldenkrise ist noch lange nicht vorbei. Die Schritte zur Lösung sind mühsam und leider bisher klein. Die EZB hat uns aktuell eine Verschnaufpause gegeben, die dazu genutzt werden muss, an den Ursachen der Probleme anzusetzen. Das gilt für Spanien, aber auch für andere Euro-Staaten. Es wird auf dem Weg aus der Krise immer wieder Ernüchterungsphasen geben. Persönlich glaube ich allerdings nicht, dass sich das Schicksal Griechenlands bei anderen Euro-Ländern wiederholt. Ich halte Spanien von den fundamentalen Daten her für grundlegend anders positioniert als Griechenland und glaube deshalb, dass Spanien es aus eigener Kraft schaffen wird. Auch für alle anderen gilt: Es muss das umgesetzt werden, was bisher angekündigt wurde. Schuldenbremsen nach dem Fiskalpakt gibt es bislang in Spanien, Portugal, Griechenland und natürlich in Deutschland.- Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang die jüngsten Wahlen in Frankreich und Griechenland ein?- Die Sparpolitik wird hier und anderswo in Frage gestellt.Die Ergebnisse machen mir Sorgen. Ein Aufschnüren des Fiskalpaktes und schuldenfinanzierte Wachstumspakete, wie von Herrn Hollande gefordert, darf es nicht geben. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas kann nur durch weitere Strukturreformen und einen von den nationalen Parlamenten positiv begleiteten Weg zur wirtschaftlichen und politischen Integration Europas befördert werden.- Sie persönlich hatten schon das Ende des europäischen Bankensystems an die Wand gemalt, wenn es in Spanien einen Haircut gäbe.Zumindest das Ende des Systems, wie wir es heute kennen. Wenn man in weiten Teilen ein verstaatlichtes Bankensystem in Europa anstrebt, dann ist das etwas anderes. Das wäre für mich allerdings ein Horrorszenario. Die europäische Politik hat meiner Meinung nach erkannt, dass der “freiwillige” Schuldenschnitt Griechenlands ein absoluter Einzelfall bleiben muss. Dass die Staaten ihre Schuldversprechen einlösen, davon hängt die Glaubwürdigkeit der Staatsfinanzierung in der EU ab. Ein nochmaliger Schuldenschnitt würden unsere Bankenlandschaft und möglicherweise auch unsere Wirtschaftsordnung schwer erschüttern und die Grundlage für europäische Staatsfinanzierungen zerstören.- Wie groß sind denn die Engagements Ihrer Gruppe in Spanien, was Anleihen und Kreditausfallversicherungen angeht?Ein Ausfall Spaniens wäre für alle Bankengruppen ein sehr ernstes Problem und würde voraussichtlich eine extreme Kettenreaktion auslösen, die nur schwer einzugrenzen wäre. Eine Bezifferung des zu erwartenden Schadens ist nahezu unmöglich. Dass diese Kettenreaktion in Griechenland ausblieb, hängt damit zusammen, dass die Gläubiger sich mit diesem Szenario über einen längeren Zeitraum beschäftigen konnten. Sie konnten sich absichern oder verkaufen. Wer aber würde die Staatsfinanzierung von Spanien übernehmen, wenn die Banken und Versicherungen panikartig aussteigen?- Im vergangenen Jahr hat es ganz schön geknirscht im genossenschaftlichen Verbund. Wie friedlich ist die Stimmung, wenn die Mitglieder sich nun in diesen Tagen zur Bankwirtschaftlichen Tagung und Verbandsversammlung in Dresden treffen?Die Stimmung in der Gruppe ist sehr gut. Wir sind im Markt erfolgreich. Die Leistung der genossenschaftlichen Bankengruppe wird von Politik, Medien und Öffentlichkeit zunehmend honoriert. Von daher ist eine große Geschlossenheit in unserer Gruppe zu spüren. Wir Genossen sind auch ein bisschen stolz auf das Geleistete der letzten Jahre: steigende Marktanteile und ein größeres Kreditgeschäft. Das spricht für die große Akzeptanz unseres Geschäftsmodells, das in der Vergangenheit vielleicht von dem einen oder anderen belächelt und als zu konservativ betrachtet wurde.- Die Kontroversen vor wenigen Monaten über ein Synergiepotenzial von 1 Mrd. Euro, das von der Gruppe angeblich verschlafen wurde zu heben, oder die Unzufriedenheit der großen Volksbanken über ihre Stimmgewichtung, die auch deswegen eine eigene Interessengemeinschaft gründen wollten – ist das alles schon wieder vom Tisch?Wir sprechen intern offen und konstruktiv miteinander. Es ist eine Daueraufgabe und Herausforderung für den BVR und für mich persönlich, die unterschiedlichen Interessen der kleinen, mittleren und großen Häuser gegeneinander abzuwägen und für die Gruppe die richtigen Entscheidungen vorzubereiten. Letztendlich ist jedem klar – egal, wie groß das jeweilige Institut ist -, dass die wesentlichen strategischen Entscheidungen unserer Gruppe immer in den Gremien des BVR getroffen werden. Und es wäre für alle kontraproduktiv, wenn einzelne Gruppierungen gegenüber externen Gesprächspartnern unterschiedliche Botschaften verbreiteten. Dass wir nach außen mit einer kräftigen Stimme auftreten und Gehör finden, ist das gemeinsam formulierte Ziel aller kleinen, mittelgroßen und großen Volksbanken. Dass wir intern manchmal auch herzhafte Diskussionen über die Interessenlagen einzelner führen, das finde ich bei über 1 100 Mitgliedsbanken nicht überraschend.- An der Gewichtung eine Stimme pro Bank unabhängig von ihrer Größe wird nicht gerüttelt?Wir haben in der Verbandssphäre gemäß den genossenschaftlichen Grundsätzen eine bewährte stimmrechtsbezogene Willensbildung “ein Mitglied – eine Stimme”. Das gilt für die Regionalverbände, für den BVR und auch für jede einzelne Ortsbank im Umgang mit ihren Mitgliedern. Und wir haben eine kapitalorientierte Sichtweise auf die Zentralbanken und Verbundunternehmen. Das sollten wir auch künftig sehr sauber auseinanderhalten und aus meiner Sicht auch nicht ändern.- Und das angeblich nicht gehobene Synergiepotenzial, gibt es da Aktivitäten der Gruppe?Selbstverständlich! Wir sind an vielen Stellen sehr intensiv mit der Hebung beschäftigt. Das gilt für die Ortsbanken insbesondere im Back Office, und das gilt auf der zentralen Seite insbesondere für die IT.- Nach mehreren glücklosen Anläufen zwischen den IT-Dienstleistern Fiducia und GAD scheint der erneute Fusionsversuch nun erfolgversprechend – oder?Das wünschen wir uns alle. Es wird auf Augenhöhe zwischen den Beteiligten intensiv verhandelt. Der Knoten ist noch nicht zerschlagen. Es sind noch einige komplexe Fragen zu klären. Aber die wollen und können wir nicht in der Öffentlichkeit lösen. Den noch vorhandenen Sand im Getriebe wegzufegen, dafür sind die verantwortlich handelnden Personen zuständig, zum Teil auch mit externer Hilfe. Die Organisation möchte die Fusion unbedingt, das hat sie den Gremien beider IT-Häuser gegenüber sehr deutlich gemacht. Die große Mehrheit der Ortsbanken hat große Hoffnung, dass über eine Fusion Synergiepotenzial im erheblichen Umfang gehoben werden kann. Die Kosten von zwei Rechenzentralen sind gegenüber den Sparkassen für uns ein deutlicher Wettbewerbsnachteil.- Es hat im Privatkundengeschäft einige neue Regeln im Hinblick auf Finanzberatung und Verbraucherschutz, unter anderem die neuen Beratungsprotokolle oder Produktinformationsblätter, gegeben. Wie sind Ihre Erfahrungen?Wir sind mit einer Vielzahl an neuen Regeln konfrontiert worden, die eine Menge an zusätzlicher Administration in den Häusern bei der Beziehung zu den Kunden bedeuten. Das Beratungsprotokoll hatte einen schwierigen Start. Es musste in allen Bankengruppen, auch bei uns, erst einmal als Chance verstanden werden, mit dem Kunden gemeinsam das Beratungsgespräch noch strukturierter zu führen.- Die Finanzaufsicht hat aber auch schon Bußgelder über namentlich nicht genannte Institute verhängt, weil die Beratungsprotokolle nicht richtig ausgefüllt wurden. War Ihre Gruppe betroffen?Das kann ich Ihnen nicht sagen. Allein nur bei uns in der Gruppe werden viele hunderttausend Beratungsgespräche im Monat protokolliert. Da mag in wenigen Einzelfällen nicht sauber genug dokumentiert worden sein, dafür entschuldigen wir uns. Das muss natürlich korrigiert werden. Wir erfüllen die gesetzlichen Anforderungen.- Von der Kritik der Bundesverbraucherministerin Aigner, dass die Produktinformationsblätter häufig missverständlich beziehungsweise kaum vergleichbar sind, fühlen Sie sich auch nicht angesprochen?Diese teilen wir überhaupt nicht. Wir haben uns intern in der Deutschen Kreditwirtschaft auf eine einheitliche Struktur der Produktinformationsblätter geeinigt. Wir meinen, sie sind vergleichbar und vor allem auch verständlich für unsere Kunden. Tatsächlich haben die Produktinformationsblätter aber auch eine juristische Bedeutung und sind wesentlicher Teil der Beratungsdokumentation. Von der Finanzaufsicht BaFin bekommen wir widergespiegelt, dass die Produktininformationsblätter und Beratungsprotokolle den Anforderungen genügen.- Durch die geplante EU-Marktrichtlinie Mifid 2 soll sich erneut einiges im Vertrieb ändern. Wie stehen Sie zu den aktuell vorliegenden Vorschlägen?Im Entwurf ist derzeit enthalten, dass alle telefonischen Beratungsgespräche aufgezeichnet werden sollen. Das lehnen wir ab. Das würde bedeuten, dass wir entsprechende Aufzeichnungsvorrichtungen in jeder Filiale unserer 1 121 Institute installieren müssten. Wir haben 13 500 Bankstellen – das wäre ein erheblicher Investitionsaufwand und würde möglicherweise auch eine gewisse Einschränkung des Wertpapiergeschäftes in der Fläche bedeuten.- Und die geplante Aufteilung zwischen abhängigen und unabhängigen Vertrieb?Das sehen wir ebenfalls sehr kritisch. “Abhängig” oder “unabhängig” wird ja daran festgemacht, ob die beratende Institution – offen gegenüber dem Kunden kommuniziert – für den Produktabschluss eine Provision vom Produktanbieter erhält. Das allein kann doch aber kein Kriterium für die Qualität einer Finanzberatung sein. Damit wäre die “unabhängige” Beratung eines Honorarberaters zum Beispiel im Kontext eines geschlossenen Fonds vermeintlich eine “gute” Beratung, während die Beratung zum Beispiel in einer Volksbankfiliale über ein vernünftiges Produkt eine abhängige und damit vermeintlich “schlechte” Beratung wäre. Da wird dem Kunden ein falscher Sachverhalt suggeriert.- Aber für den Kunden ist es in der Entscheidung doch hilfreich zu wissen, was ein Berater an Provision bekommt.Dagegen spricht nichts. Wir legen auch heute schon alle Provisionen offen. Wir tun uns aber schwer damit, dass man vermeintlich abhängig berät, bloß weil man eine Provision erhält. Das hat nichts mit Abhängigkeit zu tun, sondern reflektiert die Arbeitsteiligkeit unserer Finanzgruppe. Unsere Mitarbeiter beraten fair und ermitteln bedarfsorientiert die richtige Produktlösung für unsere Kunden. Das ist unser Beratungsansatz, und den wollen wir nicht mit dem Makel der Abhängigkeit versehen wissen.- Aber Sie vermitteln in den Ortsbanken doch fast ausschließlich Produkte Ihrer Gruppe. Ist das wirklich unabhängig?Die Produkte unserer Verbundpartner sind im Wettbewerbsvergleich auf nationaler Ebene unter den Top-3-Angeboten. Zusätzlich verfügen wir über eine Plattform, die etwa den Kauf auch verbundsfremder Investmentfonds ermöglicht. Entscheidend ist immer der Wunsch des Kunden und sein Risikoprofil.- 2011 haben die Volks- und Raiffeisenbanken nur knapp den Rekordgewinn 2010 verfehlt. Was erwarten Sie für das laufende Jahr?Wir hatten zuletzt zwei außerordentlich gute Jahre. Auch 2012 erwarten wir ein gutes Ergebnis leicht unter dem Niveau von 2011 und blicken selbstbewusst in unsere Zukunft.—-Das Interview führte Silke Stoltenberg.