Die Uhr tickt
“Es ist unmöglich, im Moment einen Zeitplan festzulegen”, hat Felix Hufeld am Dienstag auf die Frage geantwortet, wann die Aufsicht ihre Erleichterungen für Banken in der Coronakrise beenden wird. Banken und Anleger hätten es gerne ein bisschen genauer gewusst. Der BaFin-Präsident aber wäre mit dem Hammer gekämmt, würde er sich nicht tunlichst alle Optionen offen halten: Nach wie vor tasten sich Aufseher und Banken mit Hilfe von Szenarien durch die Krise; sicher ist nur: die großen Brocken kommen noch. Dies liegt an der Wirtschaft, in der die Krise sukzessive ihre Spuren hinterlässt, aber eben auch an den aufsichtlichen Lockerungen. Im ersten Quartal hat die Branche den Spielraum dazu genutzt, um in ungewisser Lage Rating-Verschlechterungen auf breiter Front und Rückstellungen im großen Stil entgegenzuwirken. Schon per Juni aber und erst recht per September wird es kaum mehr möglich sein, die Risikokosten mit Instrumenten wie Management Overlay und Post Model Adjustment zu glätten. Dann ist klarer, welche Schuldner wackeln. Die Uhr tickt.Der Oktober bietet sich auch deshalb zur Überprüfung der aufsichtlichen und operationalen Schonzeit an, weil dann die Aufforderung zum Dividendenverzicht endet, die nichts weiter ist als die Kehrseite der Erleichterungen – Hufeld spricht von einer “logischen Verbindung”. Banken sollten dann besser wissen, inwieweit sie Reserven aus nicht ausgeschütteten Dividenden benötigen, um ihre Bilanz stabil zu halten, sagt er. Ob es bei diesem Appell an die Eigenverantwortung bleibt oder ein weiterer zur Dividende folgen wird, lässt er offen, wohlweislich. Die Uhr tickt aber nicht nur für die Banken und deren Risikovorsorge, sondern ebenso für die Aufseher. Sie müssen sich fragen: Wie lange kann man bilanzielle Lockerungen dulden, Stresstests verschieben, Berichtspflichten aussetzen und Vor-Ort-Prüfungen Vor-Ort-Prüfungen sein lassen, ohne Aufsichtspflichten zu verletzen?