Die Welt mit Mut und Verantwortung neu gestalten

Coronakrise verändert den Alltag, die Werte und die Art, wie wir leben, wohnen und arbeiten - Das wird sich auf die Immobiliennutzung von morgen auswirken

Die Welt mit Mut und Verantwortung neu gestalten

Noch gar nicht so lange her und doch eine gefühlte Ewigkeit. Zu Beginn des Jahres dominierten noch Themen wie Digitalisierung, Klimawandel und der Mietendeckel die Diskussion in der Immobilienbranche. Von dem neuartigen Virus hatte man gehört, aber seine Auswirkung nicht im Ansatz erahnt. Bis es im März zum Lockdown kam. Das traf uns alle völlig unerwartet. Als westliche Industrienation gaben wir uns lange dem Glauben hin, dass wir alles unter Kontrolle und im Griff haben. Es folgte ein unsanftes Erwachen aus einer Illusion, das uns mit unserer Ohnmacht und Verletzlichkeit konfrontierte.Bisher kam die Immobilienbranche noch verhältnismäßig gut durch die Covid-19-Pandemie. Nachdem sich viele Akteure auf dem Immobilienmarkt zunächst abwartend zeigten, folgte bald wieder Aktivität bei den Immobilientransaktionen. Auf die verschiedenen Immobilienklassen wirkte sich der Lockdown sehr unterschiedlich aus.Besonders betroffen sind Hotels, Gast- und Eventstätten sowie Einzelhandelsimmobilien. Das schnelle Maßnahmenpaket der Regierung schaffte unter anderem mit Kurzarbeit zunächst temporäre Hilfe. Langfristig kommt es auf Stärke oder kreative und flexible Geschäftsmodelle an, mit denen man zum Beispiel mit Drittverwendungsmöglichkeit den Herausforderungen begegnen kann. Die Assetklasse Wohnen zeigt sich zunächst vom Virus fast unbeeindruckt. Die Preise blieben sowohl für Kauf- als auch Mietobjekte zunächst relativ stabil. Inzwischen steigen die Preise wieder. Das Eigenheim hat in einem wirtschaftlich unsicheren Umfeld weiter an Bedeutung gewonnen. Auch kam es bisher kaum zu Zahlungsausfällen. Kurzarbeit konnte bisher größere Arbeitslosigkeit verhindern. Stabilität mit VorsichtExperten warnen aber, dass sich die Branche nicht zu früh freuen soll. Der Immobiliensektor ist nachgelagert. Die Lage der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt sowie zahlreiche Insolvenzen werden noch deutliche Auswirkungen zeigen. Auch die Weiterentwicklung der Pandemie ist unklar. Jedoch sind Immobilien weiterhin ein Stabilitätsanker und eine nachgefragte Assetklasse, die einige Effekte absorbieren kann. Nicht alles stand stillJeder, ob Einzelperson oder Unternehmen, war gefordert, sich der neuen Situation zu stellen. Im Rahmen der Digitalisierungsinitiative waren bei der Berlin Hyp im Frühjahr bereits die meisten Mitarbeiter mit Laptops und Virtual-Private-Network-(VPN)-Zugängen ausgestattet und nutzten bereits vereinzelt die Möglichkeiten, mobil zu arbeiten.Ende März waren plötzlich über 90 % der Mitarbeiter mobil tätig. Die Berlin Hyp war fast menschenleer – aber der Betrieb funktionierte trotzdem. Noch im Januar hätte ich das für unmöglich gehalten. Heute bin ich stolz auf die Leistung unserer Belegschaft und sehr froh darüber, dass wir mit unseren Digitalisierungsmaßnahmen rechtzeitig die Voraussetzungen dafür geschaffen haben. Bisher haben wir Digitalisierung in Schritten gedacht. Corona wirkte wie ein Beschleuniger. Das wirkt sich auch auf die Art, wie wir leben und arbeiten, aus.Ob es uns gefiel oder nicht, die Covid-19-Pandemie hat uns gezwungen, unser Leben radikal zu verändern. Vom Büro ins Homeoffice, und jetzt steht die große Frage im Raum: Alles wieder zurück auf Los? Bezogen auf die Flexibilisierung des Arbeitsortes haben viele neue Möglichkeiten entdeckt. Gleichzeitig vermissen Mitarbeiter den sozialen Kontakt und das kreative Miteinander in den Teams. Großkonzerne haben bereits angekündigt, ihren Mitarbeitern künftig auch dauerhaft beides anzubieten: Hybride Modelle (ein Mix aus Büro und Homeoffice) lautete die Zukunftsformel. Aber bedeutet das per se weniger benötigte Bürofläche?Die Hygieneregeln verlangen zunächst mehr Abstand, so dass sich der Bedarf kurzfristig gegenseitig aufzuheben scheint. Büros von morgen sind Treffpunkte für kreative Teams, die flexibel heute im Team-Workshop, morgen im Meeting in der Firmenlounge und übermorgen allein zu Hause arbeiten. Der Erhalt der Firmenkultur ist aber essenziell und Fundament für den Unternehmenserfolg. Das Büro der Zukunft muss daher vielen Anforderungen gerecht werden. Es wird gewisse Büroleerstände geben und zu Verschiebungen kommen. Es kommt jetzt noch mehr auf die Lagen an und auf die Fähigkeit, sich den neuen Anforderungen und Konzepten anzupassen. Krisen bieten auch ChancenImmer noch gibt es eine enorme Nachfrage an Wohnungen in den Ballungsgebieten. Verdichtete Räume werden immer attraktiv bleiben. Das Miteinander ist Nährboden für Kreativität, Kunst und Kultur. Intelligente Umnutzungen könnten eine Antwort auf diesen Bedarf sein.Corona hat auch unser Wertesystem auf einen Prüfstand gestellt. Zurückgeworfen auf uns selbst und die eigenen vier Wände, haben das Private und der private Lebensraum sowie Gesundheit, Natur und Nachhaltigkeit an Bedeutung gewonnen. Entfernungen hingegen, wie der “tägliche” Weg zur Arbeit, haben durch die Digitalisierung an Bedeutung verloren. Der “Traum vom Leben im Grünen” rückt damit für manchen ein Stück näher.Der Trend in die Speckgürtel der Ballungsgebiete wird die Überhitzung in den Städten entlasten und gleichzeitig den ländlichen Raum stärker fördern und die Infrastruktur dort ausbauen. Beiden wäre also gedient: Stadt und Land. Krisen bieten auch Chancen. Beide Bestrebungen aufzugreifen und aktiv attraktive Lebensräume zu gestalten, die neuen Lebensentwürfen entsprechen, das kann auf lange Sicht eine Antwort auf eine Herausforderung sein, für die wir lange Zeit keine Lösung hatten. Wenn Arbeitswege nicht mehr so oft zurückgelegt werden, ist das gut für den Einzelnen, aber insbesondere ist es auch gut für unser Klima!Der Gewinner der Krise: die Umwelt. Kurzfristig zumindest. Für alles Weitere sind nun die Weichen zu stellen. Zahlreiche Messungen hatten ergeben, dass die CO2-Belastung in Zeiten des Lockdown deutlich zurückgegangen war, sogar in China hat sich der Smog verzogen. Wir haben gelernt, den persönlichen Austausch miteinander in Meetings nun umso mehr wertzuschätzen, da sie zu etwas Besonderem geworden sind. Wir haben aber auch gelernt, dass definitiv nicht mehr jedes Meeting unbedingt persönlich stattfinden muss. Eine komplette digitale Isolation ist jedoch auch nicht förderlich. Ehrgeizige PläneZumindest einen Segen, den der Fluch der Pandemie mit sich brachte. Wir haben jetzt die Chance, Dinge neu zu bewerten und alte Verhaltensmuster auf den Prüfstand zu stellen, nicht zuletzt zugunsten der Umwelt. Die Frage nach einer nachhaltigen, also in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht ausgewogenen Wirtschaft stellt sich jetzt mehr denn je. Die Berlin Hyp hat sich bereits seit langem der konsequenten Weiterentwicklung ihrer Nachhaltigkeitsziele verschrieben. Wir sind stolz, dass wir fast ein Jahr vorzeitig unser 20/20-Ziel (20 % grüne Immobilien im Portfolio) erreicht haben. Aber das geht uns noch nicht weit genug.Bis 2025 wollen wir in unserem gesamten Darlehensportfolio einen Green-Building-Anteil von einem Drittel realisieren. Dies ist ein Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie und unseres Commitments zum Pariser Klimaabkommen und zum Klimapfad der Bundesrepublik Deutschland. Nach wie vor liegt die große Herausforderung aber nicht im Neubau, sondern in den Beständen. Hier liegt für mich der größte Hebel beim Klimaschutz. Mit mehr Transparenz und einem Transformationskredit zur Finanzierung energetischer Sanierungen von Bestandsimmobilien wollen wir unsere Kunden unterstützen und so zu einer erfolgreichen Transformation des Gebäudesektors beitragen.Die Weiterentwicklung der Covid-19-Pandemie ist unklar. Wir können aber mit unserem Verhalten einen Beitrag leisten, für unsere Gesundheit und für eine möglichst schnelle Gesundung der Wirtschaft. Es liegt nun an uns, Weichen zu stellen und die Welt mit Mut und Verantwortung neu zu gestalten. Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp AG